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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken
Autoren: Kerstin Klein
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mich ihm vor und fragte nach seinem warmen Wasser.
    »Warmes Wasser? Du bist ja ’ne richtig kleine Perverse, was? Komm rein, ich geb dir warmes Wasser.«
    Bevor ich mich mitten im Hausflur übergeben musste, baute sich Max vor ihm auf und ließ ihre Muskeln spielen. »Fresse, Alter. Wenn ihr hier einer warmes Wasser gibt, dann bin ich das. Also, haste ’n Problem in der Wohnung oder willste ein Problem mit mir?«
    Das wollte er anscheinend ganz und gar nicht. Ziemlich kleinlaut bat er uns in eine verdreckte Wohnung. Vom Flur aus sah ich im Wohnzimmer einen riesengroßen Fernseher, auf dem ein Porno lief. Diesmal allerdings stumm geschaltet. Das Badezimmer war schon nicht mehr dreckig, sondern verseucht. Auf dem Boden lagen eklige Unterhosen, schmutzige Handtücher und leere Bierflaschen wild durcheinander.
    Max schob mich zurück in den Flur. »Da gehen wir nicht rein. Keinen Bock, uns hier ’nen Tripper zu holen. Was ist dein Problem?«
    »Das warme Wasser geht nicht mehr«, stotterte Herr Drawitzki. »In der Küche läuft es noch, aber im Bad nicht mehr.«
    »Das ist eine Sache für den Vermieter. Ich kann den Handwerkern Bescheid sagen«, sagte ich erleichtert zu Max und sah zu, dass ich aus dem Haus rauskam. Max folgte mir auf den Fersen.
    Auf der Straße sah ich ihr in die Augen. »Hör mal, Max, das war echt nett von dir. Aber du musst kapieren, dass ich nicht lesbisch bin. Noch nie gewesen.«
    »Ja, aber das kannst du doch gar nicht wissen. Jedenfalls nicht, wenn du es nicht probiert hast«, trumpfte sie auf.
    »Doch, das kann ich wissen. Ich habe auch noch nie Kindersoldaten ausgebildet und weiß trotzdem, dass das nicht mein Ding ist.«
    »Und Freunde?«, fragte sie kläglich. »Können wir nicht wenigstens Freunde sein? Du hast so tolle Haare.«
    »Vielen Dank«, sagte ich geschmeichelt. »Das Wichtigste ist ein guter Friseur und viel Pflege. Aber egal. Ich mache dir einen Vorschlag. Du vergisst diese Lesbennummer, und wir treffen uns irgendwann mal auf einen Kaffee, okay?«
    Damit sollte ich sie wohl endlich loswerden.
    »Super, ich ruf dich an«, strahlte sie und ging zu ihrem Auto. Ich war ziemlich sicher, gehört zu haben, wie sie »ich hab ein Date, ich hab ein Date« vor sich hinsummte. Aber egal, mich würde sie nicht wiedersehen, sie hatte ja nicht mal meine Telefonnummer.
    Im Büro fragte ich Bernie nach seinem Termin mit Hansi Hansen. »Wir schwimmen auf einer Welle«, schwärmte er. »In mir drin bin ich ja auch ein Künstler, und er hat das sofort erkannt. Ich bin ganz sicher, dass ich den Auftrag bekomme«, freute er sich. »Und dann fahren wir auch noch zu den Dreharbeiten deiner Schwester, ich glaube, das sind alles Zeichen.«
    Ich wusste zwar nicht, wofür, aber egal. »Und«, fragte ich ihn, »weißt du schon, was du anziehen willst?«
    »Nein, nein, ich kann mich einfach nicht entscheiden«, jammerte er. »Bin ich eher der seriöse Makler im dunklen Anzug, dem die Frauen vertrauen? Oder doch mehr der Kumpeltyp mit Jeans und einer ›Keine Sorge, ich werde es schon richten‹-Ausstrahlung? Ich weiß es nicht.«
    »Du brauchst auf alle Fälle eine persönliche Note. Etwas Unverwechselbares«, überlegte ich. »Ha, ich hab’s. Ein Spazierstock, damit wirkst du elegant und auch irgendwie besonders.«
    »Oh ja, das ist eine tolle Idee«, freute er sich. »Ich bin verwegen, ich bin fesch, aber auch vertrauenswürdig und seriös. Fantastisch, Alice. Wir machen jetzt alle Feierabend, und ich hole euch morgen Vormittag ab. Du solltest etwas Elegantes anziehen. Denk an Audrey. Denk an Grace. Damit wirst du beim Fernsehen alle umhauen.«
    Ich war so tief in Gedanken über mein Outfit versunken, dass ich erst vor Nicks Wohnungstür merkte, dass ich meine Handtasche im Büro vergessen hatte. Und damit sowohl die Schlüssel für meine Wohnung als auch für die von Nick. Ach ja, und mein Handy war auch in der Tasche. Ich sah auf die Uhr. Kurz vor fünf. Da Nick letzte Nacht gearbeitet hatte, müsste er eigentlich bald kommen. Also würde ich mich einfach vor seine Haustür setzen und warten.
    Das tat ich ungefähr fünf Minuten lang, als eine Frau in meinem Alter die Treppe hochkam. Sie hatte tolle Strähnchen in verschiedenen Farben und trug diese Wahnsinnsstiefel, die ich letztes Wochenende im Schaufenster bewundert hatte. Die waren verdammt teuer gewesen. Als die Frau mich sah, grinste sie. »Hey, auch kein schlechter Plan. Du belagerst ihn vor seiner eigenen Tür. Aber das kannst du vergessen,
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