Dune 01: Der Wüstenplanet
Jahr oder zwei, ungefähr dann, wenn er siebzehn ist. Ich weiß genau, daß die Harkonnens über kein besseres Werkzeug verfügen, das uns den Weg zum Thron ebnet.
»Mylord?«
Der Mann, der vor der Prudenztür auf dem Gang stand, war von gedrungener Statur, hatte ein dickliches Gesicht und einen fetten Körper. Seine tief in den Fleischwülsten verborgenen Augen und die breiten Schultern kennzeichneten ihn als typischen Harkonnen. Die Schwerfälligkeit, mit der er sich bewegte, deutete schon jetzt an, daß auch er eines Tages würde Suspensoren tragen müssen, um seines Gewichts Herr zu werden.
Ein Muskelpaket ohne Gehirn, dachte der Baron. Er ist nicht gerade ein Mann des Geistes, dieser Neffe. Kein Piter de Vries, wahrlich nicht, aber vielleicht genau das, was wir jetzt hier brauchen können. Wenn ich ihm freie Hand gebe, walzt er alles nieder, was sich in seinen Weg stellt. Oh, er wird dafür sorgen, daß wir wie niemand anderes auf Arrakis gehaßt werden!
»Mein lieber Neffe«, begrüßte ihn der Baron. Er ließ den Pentaschild zusammenbrechen, der die Tür verschloß, und schaltete gleichzeitig den Schildgürtel auf höchste Intensität. Er wußte, daß der ihn umgebende Schimmer im Licht des über dem Bett angebrachten Glanzglobus jetzt deutlich zu sehen war.
»Du hast mich gerufen?« fragte Rabban. Er schritt in den Raum hinein, schaute kurz auf den leuchtenden Schild und suchte erfolglos nach einer Sitzgelegenheit.
»Komm näher, damit ich dich besser sehen kann«, forderte der Baron ihn auf.
Rabban kam näher. Innerlich verfluchte er die Gemeinheit dieses alten Mannes, der alle Sitzgelegenheiten hatte entfernen lassen, bloß um in den Genuß zu gelangen, alle Besucher vor sich stehen zu sehen.
»Die Atreides sind tot«, eröffnete ihm der Baron. »Es gibt nun keinen mehr. Deswegen habe ich dich nach Arrakis gerufen. Der Planet gehört jetzt wieder dir.«
Rabban blinzelte. »Aber ich dachte, du hättest Piter de Vries dazu ausersehen, deine Geschäfte ...«
»Piter ist ebenfalls tot.«
»Piter?«
»Piter.«
Der Baron reaktivierte den Pentaschild in der Tür und versiegelte ihn damit gegen jeglichen Versuch, ihn mit Energie zu durchdringen.
»Du bist seiner schließlich doch müde geworden, wie?« fragte Rabban. Seine Stimme klang in dem völlig abgeschirmten Raum flach und leblos.
»Ich will dir mal etwas sagen«, erwiderte der Baron mit tiefer Stimme. »Du spielst darauf an, daß ich ihn mir vom Halse geschafft haben könnte, wie man sich etwas Unnützes vom Halse schafft.« Er schnippte mit den Fingern. »Ganz einfach so, nicht? Ich bin kein Idiot, Neffe. Und ich werde es dir sehr übel nehmen, wenn du so etwas noch einmal unterschwellig behauptest.«
Rabbans Blick wurde ängstlich. Er wußte, wieweit der alte Baron sogar innerhalb seiner Familie zu gehen bereit war. Das führte zwar selten zum Tode eines Mitglieds – außer daraus ließ sich ein ansehnlicher Profit erwirtschaften –, aber er hatte eine Reihe anderer Möglichkeiten, jeden kleinzukriegen.
»Verzeihung, Mylord«, sagte Rabban. Er senkte den Blick; weniger um seine Wut zu verbergen, als Untertänigkeit zu demonstrieren.
»Mich legst du nicht herein, Rabban«, sagte der Baron.
Die Augen niedergeschlagen, schluckte Rabban.
»Ich werde dir eine Maxime setzen«, sagte der Baron. »Serviere niemals einen Mann ohne Vorbedacht ab, außer vielleicht ein profitables Lehen macht das erforderlich. Wenn du so etwas tust, dann für ein handfestes Ziel – und dein Ziel kennst du ja wohl.«
Ärgerlich sagte Rabban: »Das sagst du, wo du diesen Verräter Yueh umbringen ließest? Als ich letzte Nacht ankam, sah ich, wie man seine Leiche von Bord schaffte.«
Rabban starrte seinen Onkel an, als sei er selbst über den Klang seiner Worte entsetzt.
Der Baron lächelte. »Mit gefährlichen Waffen pflege ich in der Regel vorsichtig umzugehen«, erwiderte er. »Dr. Yueh war ein Verräter. Wir verdankten es ihm, daß wir den Herzog in die Finger bekamen.« Seine Stimme troff vor Zynismus. » Ich habe einen Mediziner der Suk-Schule dazu angestiftet! Verstehst du das, mein Junge? Daß ich mir den vom Halse geschafft habe, war wirklich kein Zufall!«
»Weiß der Imperator davon, daß du Yueh dazu gekriegt hast, seinen Eid zu vergessen?«
Das ist eine Frage, die ich von ihm gar nicht erwartet hätte, dachte der Baron überrascht. Habe ich diesen Neffen etwa unterschätzt?
»Er weiß noch nichts davon«, gab er zurück. »Aber die Sardaukar
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