Dune 01: Der Wüstenplanet
imitieren.«
»Ich würde den Unterschied schon früh genug herausfinden.«
Vielleicht würde er das wirklich, dachte Hawat. Schließlich hat diese Hexe von einer Mutter ihm allerlei beigebracht. Aber ich würde gerne wissen, was ihre ehemalige Schule darüber denkt. Vielleicht hat man die alte Sachwalterin deshalb hergeschickt – um unsere liebe Lady Jessica wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Hawat zog einen Stuhl heran und setzte sich so, daß er Paul gegenüber saß und gleichzeitig die Tür im Auge behalten konnte. Irgendwie kam ihm der Raum plötzlich unsagbar fremd vor, was zweifellos daran lag, daß der größte Teil der Einrichtung sich bereits auf dem Weg nach Arrakis befand. Zurückgeblieben war außer einem Trainingstisch lediglich ein kristallener Fechtspiegel und die Kampfpuppe, die wie ein mittelalterlicher Infanterist in den Seilen baumelte.
Und ich, dachte Hawat.
»Thufir«, fragte Paul, »über was denkst du nach?«
Hawat sah ihn an. »Ich dachte, daß wir bald alle nicht mehr hier sind. Und daß wir diesen Ort möglicherweise niemals wiedersehen werden.«
»Stimmt dich das traurig?«
»Traurig? Aber nicht doch! Es ist traurig, wenn man Freunde verliert. Und dieser Ort hier ist genauso gut oder schlecht wie jeder andere.« Er warf einen Blick über die auf der Tischplatte liegenden Karten. »Und Arrakis oder Caladan, was macht das schon für einen Unterschied?«
»Hat dich mein Vater geschickt, um meine Stimmung zu analysieren?«
Hawat runzelte die Stirn. Es war kaum zu fassen, welche Beobachtungsgabe der Junge besaß. Dann nickte er. »Du glaubst vielleicht, daß es netter von ihm gewesen wäre, hätte er versucht, das selbst herauszufinden, aber du weißt, wie beschäftigt er im Moment ist. Er wird später kommen.«
»Ich habe einige Informationen über die arrakisischen Stürme gesammelt.«
»Die Stürme? Ich verstehe.«
»Sie scheinen ziemlich übel zu sein.«
»Ich glaube, übel ist eine Untertreibung. Sie rasen sechs- bis siebentausend Kilometer weit über das flache Land hinweg und nehmen alles mit, was ihnen auch nur den geringsten Aufwind gibt, seien es nun Corioliskräfte oder kleinere Winde, die sich in ihren Weg stellen. Dabei erreichen sie Geschwindigkeiten bis zu siebenhundert Stundenkilometern und reißen alles mit: Sand, Staub, einfach alles. Sie sind fähig, einem das Fleisch von den Knochen zu reißen und die zurückbleibenden Gebeine zu Staub zu zermahlen.«
»Wieso gibt es auf Arrakis keine Wetterkontrolle?«
»Weil der Planet mit ganz speziellen Problemen zu kämpfen hat. Es würde schon allein aus dem Grunde Unsummen verschlingen, weil die Raumgilde ungeheure Beträge für die Vermietung ihrer Wettersatelliten verlangt. Und wie du weißt, zählt das Haus deines Vaters nicht eben zu den begütertsten des Imperiums, Junge. Aber das brauche ich dir wohl nicht zu erzählen.«
»Hast du je die Fremen gesehen?«
Und so geht es von einem Thema zum anderen, dachte Hawat. »Ich glaube schon«, erwiderte er, »aber es ist nicht viel, was man über sie erzählen kann. Sie sind gewöhnlich mit diesen wallenden weißen Roben bekleidet. Und in einem geschlossenen Raum stinken sie zum Himmel. Das liegt an den Anzügen, die sie tragen, die ›Destillanzüge‹ genannt werden, weil sie dafür entwickelt wurden, die eigenen Körperflüssigkeiten wiederzuverwenden.«
Paul schluckte. Er erinnerte sich an den Traum, in dem er einen schrecklichen Durst verspürt hatte. Daß ein Volk existierte, das zu Zeiten gezwungen war, die eigenen Körperflüssigkeiten immer wieder zu verwenden, erweckte in ihm ein Gefühl der Trostlosigkeit. »Wasser muß dort sehr kostbar sein«, meinte er.
Hawat nickte. Und dachte: Vielleicht schaffe ich es, ihm klarzumachen, daß dieser Planet einen Gegner für ihn darstellt. Es wäre Wahnsinn, nach Arrakis zu gehen, ohne sich der Probleme und Gefahren bewußt zu sein.
Ein Blick auf die Oberlichter zeigte Paul, daß es zu regnen begonnen hatte. Er sah das auseinanderspritzende Naß auf der geraden Fläche des Metaglases. »Wasser«, murmelte er.
»Du wirst die Wichtigkeit des Wassers noch kennenlernen«, fuhr Hawat fort. »Auch wenn du als Sohn des Herzogs nicht direkt davon betroffen sein wirst: Die Auswirkungen des Durstes auf deine Umwelt werden dir nicht entgehen.«
Paul befeuchtete mit der Zunge die Lippen und dachte an jenen Tag zurück, an dem die Ehrwürdige Mutter dagewesen war und ihm diesen Test abgenommen hatte. Auch sie hatte etwas
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