Dune 01: Der Wüstenplanet
sollte. Und die ganze vorsichtig arrangierte Offensichtlichkeit würde auf den Sklavenmeister zurückfallen.
Ein leises Summen zeigte an, daß die Servomotoren, die die rote Tür bewegten, angelaufen waren.
Feyd-Rauthas Aufmerksamkeit war voll auf die Tür gerichtet. Der erste Moment würde der kritischste sein. Sobald der Gladiator erschien, war ein trainiertes Auge in der Lage, seine Chancen abzuschätzen. Da alle Gladiatoren durch die Einnahme der Elacca-Droge aufgeputscht und bereit zum Töten waren, war es wichtig, herauszufinden, in welcher Weise sie das Messer hielten oder sich in eine Verteidigungsstellung zurückzogen oder ob sie sich durch die Anwesenheit des Publikums auf den Rängen ablenken ließen. Schon allein die Art, in der ein Sklave den Kopf drehte, konnte aufschlußreich sein.
Die rote Tür flog auf.
Auf der Schwelle erschien ein hochgewachsener, muskulöser Mann mit kahlrasiertem Schädel und dunklen, tief in den Höhlen liegenden Augen. Seine Haut hatte – wie es die Elacca-Droge hervorrufen würde – eine rötliche Färbung angenommen. Allerdings wußte Feyd-Rautha, daß dies auf Farbe zurückzuführen war. Der Sklave trug grüne Hosen und den roten Gürtel eines Semischilds. Der auf seinem Gurt befestigte Zeiger deutete an, daß der Mann nur auf der linken Seite geschützt war. Das Messer hielt er wie ein Schwert, während seine Beine leicht gespreizt waren, wie bei einem erfahrenen Kämpfer. Langsam betrat er die Arena. Er wandte die schildgeschützte Seite Feyd-Rautha und den Leuten an der Prudenztür zu.
»Der Blick dieses Kerls gefällt mir nicht«, sagte einer von Feyd-Rauthas Helfern. »Sind Sie sicher, daß er unter Drogen steht, Mylord?«
»Das sieht man an der Färbung«, erwiderte Feyd-Rautha.
»Aber er steht da wie ein Kämpfer«, gab ein anderer der Männer zu bedenken.
Feyd-Rautha machte zwei Schritte nach vorn und sah sich den Sklaven näher an.
»Was ist mit seinem Arm passiert?« fragte einer der Ablenker.
Feyd-Rautha folgte dem Blick des Mannes und erkannte einen langen, verkrusteten Kratzer auf dem Unterarm des Gladiators. Er führte bis zum Handgelenk hinab und endete in einem eingeritzten Symbol, das er nur zu gut kannte.
Ein Falke!
Feyd-Rautha schaute auf. Die Blicke der beiden Männer trafen sich. Der Sklave wirkte äußerst gefaßt.
Er ist einer der Kämpfer des Herzogs. Einer der Männer, die wir auf Arrakis gefangennahmen, dachte Feyd-Rautha. Kein einfacher Gladiator! Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, und er fragte sich, ob Hawat seinen Plan im allerletzten Moment geändert hatte. Eine Finte in einer Finte in einer Finte. Und nur der Sklavenmeister war präpariert worden, die Schuld dafür auf sich zu nehmen.
Feyd-Rauthas Erster Helfer flüsterte: »Der Blick, den dieser Mann hat, gefällt mir nicht, Mylord. Lassen Sie mich ihn wenigstens eine Hand fesseln.«
»Ich werde meine eigenen Fesseln nehmen«, erwiderte Feyd-Rautha. Er nahm von einem der Helfer ein paar lange, mit Haken versehene Pfeile, hob sie hoch und prüfte ihre Balance. Auch sie waren in der Regel mit einer Droge versehen. Diesmal jedoch nicht, und möglicherweise bedeutete das den Tod seines Ersten Gehilfen, der dafür verantwortlich war. Aber all dies war ein Teil des Plans.
»Sie werden die Arena als Held verlassen«, hatte Hawat ihm erklärt. »Und zwar deswegen, weil Sie – ungeachtet dieses Verrats – Ihren Gegner dennoch töteten. Man wird den Sklavenmeister exekutieren – und Ihr Mann kann dann seine Stelle einnehmen.«
Feyd-Rautha riskierte weitere fünf Schritte auf den Mittelpunkt der Arena zu und tat dabei so, als sähe er sich seinen Gegner immer noch mit Interesse an. Bereits jetzt, nahm er an, mußten die Experten auf den Rängen zu der Ansicht gelangt sein, daß hier etwas nicht stimmte. Zwar besaß der Gladiator die richtige Farbe für einen Mann, der unter Drogen stand – aber sein Schritt war fest. Und er zitterte nicht. Die Liebhaber von Kämpfen würden bereits jetzt flüstern: »Seht euch nur an, wie er dasteht. Man sollte ihn aufhetzen, damit er angreift oder sich zurückzieht. Schaut doch nur, wie er seine Kräfte bewahrt, wie er wartet. Er sollte das nicht tun.«
Feyd-Rautha spürte, wie ihn die eigene Überraschung nur noch mehr aufwiegelte. Von mir aus soll Hawat möglicherweise einen Verrat versuchen, dachte er hämisch. Diesen Sklaven werde ich fertigmachen; allein schon deswegen, weil er nicht damit rechnet, daß das lange Messer
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