Dune 01: Der Wüstenplanet
fürchten«, sagte er. Und seiner Mutter zugewandt: »Du wirst für mich verhandeln, Mutter, und Chani wird dir dabei zur Seite stehen. Sie ist klug und hat einen scharfen Blick. Und es ist eine bekannte Tatsache, daß niemand besser handeln kann als ein Fremen. Chani sieht durch meine Augen. Sie weiß, was ich will und was ihre Söhne eines Tages brauchen werden. Höre auf sie.«
Jessica, die die Berechnung in der Stimme ihres Sohnes wohl verstand, unterdrückte ein Frösteln.
»Wie lauten deine Anweisungen?« fragte sie.
»Ich will sämtliche Anteile des Imperators an der MAFEA-Gesellschaft als Mitgift.«
»Sämtliche?« fragte Jessica schockiert.
»Er darf nichts davon behalten. Ich verlange eine Grafschaft und einen Aufsichtsratsposten der MAFEA-Gesellschaft für Gurney Halleck und außerdem Caladan als Lehen für ihn. Für jeden überlebenden Kämpfer der Atreides wird es zusätzliche Ehren und Würden geben – selbst für den kleinsten Soldaten.«
»Und was ist mit den Fremen?« fragte Jessica.
»Die Fremen gehören mir«, sagte Paul. »Was sie erhalten, erhalten sie aus der Hand Muad'dibs. Stilgar wird Gouverneur von Arrakis werden, aber das kann noch warten.«
»Und ich?« fragte Jessica.
»Gibt es etwas, das du dir wünschst?«
»Vielleicht Caladan«, meinte sie und warf Gurney einen Blick zu. »Ich bin mir nicht sicher. Ich bin schon zu sehr eine Fremen geworden ... und eine Ehrwürdige Mutter. Ich glaube, ich werde einige Zeit Ruhe und Einsamkeit brauchen, um mir darüber klarzuwerden, was ich will.«
» Die wirst du bekommen«, versprach Paul. »Und außerdem alles, was Gurney und ich dir geben können.«
Jessica nickte. Sie fühlte sich plötzlich alt und schrecklich müde. Den Blick auf Chani gerichtet, fragte sie: »Und was ist mit der kaiserlichen Konkubine?«
»Keine Titel für mich«, flüsterte Chani erschreckt. »Nichts. Ich bitte dich.«
Paul schaute in ihre Augen und erinnerte sich daran, daß sie schon einmal so vor ihm gestanden hatte; nur trug sie damals den kleinen Leto in den Armen, ihr Kind, das jetzt nicht mehr lebte. »Ich schwöre dir«, flüsterte er, »daß du es niemals nötig haben wirst, einen Titel zu tragen. Die Prinzessin dort hinten wird meine Frau werden und du meine Konkubine, weil dies aus politischen Gründen notwendig ist. Der Friede, den wir erhalten wollen, kann nur weiterbestehen, wenn die Hohen Häuser sehen, daß die Formen gewahrt bleiben. Trotzdem wird diese Prinzessin nicht mehr als meinen Namen tragen. Ich werde sie weder berühren noch zulassen, daß sie mir Kinder gebiert.«
»Das sagst du jetzt«, sagte Chani und warf einen Blick auf die große Prinzessin am anderen Ende des Raumes.
»Kennst du meinen Sohn denn so wenig?« flüsterte Jessica. »Sieh dir die Prinzessin an, wie hochmütig und überheblich sie dasteht. Man sagt ihr schriftstellerische Ambitionen nach. Hoffen wir, daß ihr dieser Zeitvertreib genügt; einen anderen wird sie in Zukunft schwerlich haben.« Jessica lachte bitter. »Und vergiß nicht, Chani: sie wird zwar seinen Namen führen, aber dennoch weniger als eine Konkubine sein. Sie wird niemals in die Lage versetzt werden, die Zärtlichkeit des Mannes, dem sie verbunden ist, kennenzulernen. Aber uns, Chani – die wir jetzt noch als Konkubinen bezeichnet werden –, wird die Geschichte später Gattinnen nennen.«
ANHANG
Appendix I:
DIE ÖKOLOGIE DES WÜSTENPLANETEN
Über den kritischen Punkt eines endlichen Raums hinaus vermindert sich die Bewegungsfreiheit ebenso, wie sich die Lebensbedingungen ändern. Dies gilt nicht nur für Menschen im endlichen Raum eines planetarisch-ökologischen Systems, sondern ebenso für Gasmoleküle innerhalb einer versiegelten Flasche. Die interessierende Frage ist deshalb nicht, wie viele Lebensformen in diesem System möglicherweise überleben können, sondern welcher Art der Existenz jene ausgesetzt sein werden, die überleben.
Pardot Kynes, Erster Planetologe von Arrakis
Die erste Erkenntnis, die sich auf das Bewußtsein eines jeden Neuankömmlings auf Arrakis niederschlägt, ist die eines völlig unfruchtbaren Planeten. Jeder Fremde muß auf den ersten Blick zu dem Schluß gelangen, es sei unmöglich, daß hier – in der offenen Wüste – etwas wachsen oder leben könne. Und sein nächster Schluß wird sein, daß es unmöglich ist, diese totale Einöde zu verändern.
Für Pardot Kynes stellte Arrakis in erster Linie eine energetische Maschine dar, die von
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