Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
das achtlos in seinem Namen vergossen wird? Davon hat er genug. Wenn ihr Muad'dib wahrhaft ehren wollt, dann tut es mit eurem Herzen, eurem Verstand und eurer Seele. Und geht niemals davon aus, dass ihr den ganzen Muad'dib kennt. Es gibt sehr viel, was niemals über ihn enthüllt werden kann.
Lady Jessica bei einer Ansprache an die Pilger am Raumhafen von Cala City
Nach dem Fall von Shaddam IV. waren Pauls eifernde Anhänger sieben Jahre lang über das Imperium hergefallen. Die Aussicht auf Frieden erschien nur noch wie eine Ahnung von Sonnenschein während der monatelangen Sturmsaison auf Caladan.
Da sie die absurden Verzerrungen nicht mehr ertrug, die das Qizarat und Muad'dibs Propagandamaschinerie verbreiteten, hatte Jessica Arrakis verlassen und war nach Caladan zurückgekehrt, wo sie ihre Meinung für sich behielt und mit Hilfe von Gurney Halleck über ihr Volk herrschte.
Doch aufgrund der Leidenschaft, die Muad'dib entfachte, folgten ihr Pilger in großer Zahl und warben lautstark um ihren Segen.
Vor dem Ende des Corrino-Imperiums war Caladan eine Welt von nachgeordneter Bedeutung gewesen, beherrscht von einer recht gewöhnlichen Landsraads-Familie. Die Oberhäupter des Hauses Atreides waren im Landsraad sehr beliebt, aber sie waren nie so wohlhabend oder mächtig gewesen wie die Häuser Harkonnen, Ecaz, Richese oder andere aus den ersten Reihen.
Paul Muad'dib, der das Imperium von seinem weit entfernten Thron auf dem Wüstenplaneten beherrschte, hatte seine Heimatwelt seit einer ganzen Weile nicht besucht. Dennoch kamen nach wie vor Pilger nach Caladan, und es war kein Ende in Sicht. Der Raumhafen von Cala City war nicht für den unablässigen Verkehr ausgelegt, der wie eine tosende Flut niederprasselte. Veteranen unzähliger Schlachten, verzweifelte Flüchtlinge und Pilger, die gesundheitlich nicht in der Lage zum Kämpfen waren – all diese Leute kamen, um den Boden zu berühren, auf dem Muad'dib seine Kindheit verbracht hatte, und ein wenig davon mit nach Hause zu nehmen ...
Jessica glitt eine Treppe zur Hauptebene von Schloss Caladan hinunter, wohl wissend, dass im Audienzsaal, wo Leto einst den Beschwerden, Forderungen und Bedürfnissen seines Volks gelauscht hatte, eine Menschenmenge wartete. Mehr als zwanzig Atreides-Generationen hatten vor ihm das Gleiche getan. Jessica konnte diese Tradition jetzt nicht brechen.
Draußen auf dem gewundenen Weg, der vom Küstendorf heraufführte, hörte sie das Klingen der Hämmer der Steinmetze, die das Pflaster ausbesserten und Kies nachfüllten. Gärtner rissen sterbende Sträucher aus dem Boden und pflanzten neue, in dem Wissen, dass sie das Gleiche in weniger als einem Monat wieder würden tun müssen. Trotz Verbotsschildern und Wachen, die an der Straße patrouillierten, steckten die Pilger von anderen Welten Kieselsteine ein und zupften Blätter von Büschen, als Andenken an ihren Besuch auf dem heiligen Caladan.
Die Fremdweltler kamen in verschiedensten Gewändern – sie trugen Bänder mit dem Namen Muad'dibs, hielten winzige Säckchen mit Sand in den Händen, der angeblich von Arrakis stammte, oder Sammlerstücke, die angeblich in irgendeiner Verbindung zum Imperator standen. Die meisten dieser Gegenstände waren Billigprodukte oder Fälschungen oder beides.
Jessica betrat den Saal und stählte sich, als sie die schiere Masse von Menschen sah. Gurney war früher gekommen, um diejenigen, die Petitionen vortragen wollten, von der großen Menge der Besucher zu trennen, die einfach nur einen Blick auf die Mutter Muad'dibs erhaschen wollten. Von jenen, die darum baten, sich direkt an sie wenden zu dürfen, gab Gurney den auf Caladan Geborenen den Vortritt und verbannte die Übrigen, die sich lediglich vor ihr niederwerfen wollten, ans Ende der Schlange.
Als Jessica den Gang zum Kopfende des Saals entlangschritt, verstummten die Leute vor ihr, und in ihrem Kielwasser folgte ehrfürchtiges Raunen. Sie hielt den Blick geradeaus gerichtet. Sie wusste, wenn sie sich dazu herabließ, einen der Bittsteller zur Kenntnis zu nehmen, würde man ihr Hände oder Kinder entgegenhalten und ihren Segen erflehen.
Wenn die Ehrwürdige Mutter Mohiam sie jetzt sehen könnte! Jessica fragte sich, ob ihre alte Lehrerin beeindruckt oder entsetzt wäre. Die Bene Gesserit verabscheuten und fürchteten das, was aus Paul geworden war, obwohl sie selbst viele Generationen lang daran gearbeitet hatten, einen Kwisatz Haderach zu erschaffen. Unter der Herrschaft Muad'dibs
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