Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
überleben!«
»Wir haben mit Muad'dibs Imperium nichts am Hut«, sagte ein anderer Mann. »Ich kenne diesen ›Muad'dib‹ nicht – ich kenne nur Paul Atreides, der unser Herzog sein sollte.«
»Lasst uns unsere Armee mobilisieren und gegen sie kämpfen!«, schrie eine Frau mit schriller Stimme.
Mohiam verfolgte den Wortwechsel mit größtem Interesse, aber die letzte Bemerkung war so absurd, dass einige der Rufe erstarben. Der Bürgermeister schüttelte mit trauriger Miene den Kopf. »Nein, nichts Derartiges. Wir können uns Muad'dibs riesiger Streitmacht nicht entgegenstellen – das wisst ihr alle.«
»Dann kämpft nicht gegen sie.« Mohiam richtete sich mühsam auf und wandte sich dem Publikum zu. »Wir wollen keinen Krieg. Wir wollen in Ruhe gelassen werden. Wie viele von euch bereits sagten, ist Caladan kein Teil dieses endlosen, blutigen Djihads, und wir sollten unsere Unabhängigkeit erklären. Unser rechtmäßiger Herzog ist Paul Atreides, nicht dieser Mann, der sich einen fremden Namen gegeben hat. Caladan ist nicht Teil dieses Kampfes. Wir wollten niemals etwas damit zu tun haben. Wir haben diese irrsinnigen Pilger niemals eingeladen, die wie die Heuschrecken über unsere Städte herfallen. Wir wollen nur, dass alles wieder so ist wie früher.«
Mohiam hörte Gesprächsfetzen um sich herum. »Unabhängigkeit ... Unabhängigkeit! Wäre das nicht wundervoll?«
Unabhängigkeit. Das Wort war wie eine frische Meeresbrise, die durch das Rathaus wehte. Die Menschen konnten sich in ihrer Blauäugigkeit nicht vorstellen, dass es für diese neue Idee notwendig wäre, die Waffen gegen brüllende Fedaykin-Mörder zu erheben.
Der Bürgermeister hob eine knochige Hand, um die Menge zum Schweigen zu bringen. »Wir sind nicht hier, um über einen Aufstand zu diskutieren. Damit will ich nichts zu tun haben.«
»Dann bist du hier falsch«, sagte Mohiam, die sehr zufrieden mit dem Verlauf der Debatte war. »Ich bin alt, und ich habe viel gesehen. Ich war einst Hausbedienstete des Alten Herzogs Paulus, zu einer Zeit, als den Atreides Ehre und Menschenwürde noch etwas bedeuteten. Nach seinem Tod zog ich mich ins Binnenland zurück, wo ich ein ruhiges Leben geführt habe. Viele von euch haben mich im Laufe der Jahre gesehen, aber wahrscheinlich bin ich den meisten nicht aufgefallen.« So setzte sie den Zuhörern eine Idee in den Kopf, über die sie nachdenken würden, um schließlich zu dem Schluss zu gelangen, dass sie diese Alte vielleicht tatsächlich von Zeit zu Zeit in der Stadt gesehen hatten.
»Was ist aus der Ehre der Atreides geworden? Wir wollen nur ein gewisses Maß an Respekt. Genug von dieser Narretei. Entweder wir stellen uns diesen Priestern entgegen, oder wir werden zu ihren Fußabtretern. Verliert nicht das Rückgrat! Wenn Paul Atreides auch nur einen Funken Liebe für Caladan übrig hat – und ich glaube fest daran –, dann wird er den Willen des Volkes sicher akzeptieren. Wir wollen ihm nichts Böses, aber wir müssen unsere Identität erhalten. Für das Volk von Caladan!« Ihr Blick wanderte ein letztes Mal über die Menge. »Oder möchtet ihr lieber bis ans Ende aller Zeiten als das Volk von Chisra Sala Muad'dib bekannt sein?« Sie spuckte den Namen geradezu aus.
Es war Zeit für ihren Abgang. Das Publikum murmelte verhalten und jubelte Mohiam schließlich zu, als sie den Mittelgang entlangschlurfte und durch die Tür auf die Steinstufen und in die feuchte Nachtluft hinaustrat. Sie hatte die Stimme kaum benutzen müssen ...
Als sie davonging, hörte sie, wie Bürgermeister Horvu eine neue Tonart anschlug und den Vorschlag begeistert als einen vernünftigen Kompromiss aufnahm. Ohne etwas von ihrer Manipulation zu ahnen, würde er die Fackel von diesem Punkt an weitertragen, und später einmal würde niemand auch nur in der Lage sein, ihren Namen zu nennen, geschweige denn sie ausfindig machen. Horvu würde das Volk nun in eine immer gefährlichere Richtung lenken. Wenn Jessica von Salusa Secundus zurückkehrte, würde sich bereits eine unkontrollierbare kritische Masse angesammelt haben.
Bürgermeister Horvu und all diese Leute waren lediglich Kanonenfutter in dieser neuen politischen Schlacht, und die Ehrwürdige Mutter Mohiam fühlte sich deshalb nicht schuldig. Das gesamte Imperium war ein einziges großes Schachspiel, und sie hatte den Vorteil, einige der Schlüsselfiguren bewegen zu können, wobei sie niemals den Unterschied zwischen Spielern und Spielfiguren aus den Augen verlor.
Mit
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