Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Angesichts der Stimmung in der Regentschaft hatte sie das Gefühl, dass es vielleicht das Gefährlichste war, was sie jemals getan hatte.
Es erwies sich als nicht weiter schwierig für sie, einen Flug von Arrakeen nach Sietch Tabr zu organisieren. Sie hatte dort Kontakte und eine Geschichte, die sie mit diesem Ort verband, und niemand stellte ihre Bitte um eine persönliche Pilgerfahrt in Frage, ebenso wenig wie ihr Bedürfnis nach Abgeschiedenheit. Sie hatte so etwas schon mehrere Male getan, und als Mutter Muad'dibs stellte man sich ihr nicht in den Weg.
Jeden Tag strömte eine gewisse Zahl Besucher von Fremdwelten zum berühmten Sietch hinaus wie unangenehmer Staub, der vom Wind getragen wurde, und Transporter-Thopter flogen stündlich ab, wenn das Wetter es zuließ. Bevor sie die überfüllte Passagierkabine des Thopters betrat, hatte Jessica ihr Gesicht und ihre zerlumpte Kleidung mit Staub eingerieben und eine schlurfende Haltung angenommen. Damit war sie beim Aussteigen, umgeben vom Strudel der übrigen Reisenden, einfach nur eine weitere Pilgerin im Gedränge der Menschen, die Muad'dibs erste Fremen-Heimstatt sehen wollten, den Ort, an dem Chani die Zwillinge zur Welt gebracht hatte und wo der blinde, gebrochene Mann in die Wüste verschwunden war.
Beim Sietch setzte sie sich von den anderen Pilgern ab, um alles Notwendige hervorzuholen, und veränderte ihr Erscheinungsbild, so dass sie wie eine gewöhnliche Dorfbewohnerin in Destillanzug und grauem Umhang aussah. Eine Stunde später machte sie sich auf den Weg, wobei sie eine weitere neue Identität als Regierungsinspekteurin von Wetterstationen angenommen hatte. Sie reiste mit einem Industrietransporter, der in höheren Atmosphärenschichten flog und weite Strecken zurücklegte, um neue Terraforming-Stützpunkte zu erreichen, die in einer geschäftigen Station nahe dem Südpol eingerichtet wurden. Dort nahm sie die Identität eines Mannes in weiter Wüstentracht an und flog allein mit einem kleinen Ornithopter ohne Kennzeichen in den tiefen Tanzerouft hinaus, wobei sie auf die Koordinaten zuhielt, die Bronso ihr heimlich hatte zukommen lassen.
»Ich brauche Ihre Hilfe – es geht um meine Mutter«, hatte Bronso gesagt.
In ihrem kleinen Fluggerät kreiste sie über einer weiten, weißen Fläche, einer Salzebene, die auf die urzeitlichen Meere auf diesem trockenen Planeten verwies. Am Ostrand der Ebene, in einem von Felsen geschützten Bereich, fand sie, was sie suchte: Das Wrack einer Gewürzfabrik inmitten orangegeäderten Sandes. Der Wind frischte auf und erschwerte ihr die Landung, aber sie setzte trotzdem sicher auf. Anschließend stellte sie die Streben fest und ließ die Vibration der beweglichen Flügel ersterben. Mehrere kleine Staubteufel umschwirrten die Trümmer der Gewürzfabrik, kreisten, wurden stärker und zerstreuten sich wieder. Kleine Stürme ... ghibli nannten die Fremen sie.
Als sie ausstieg, kam ein erschöpft aussehender Mann zum Vorschein, der eine abgenutzte alte Uniform und mehrere Waffen trug. Er sah aus wie ein Schmuggler und hatte eine Gesichtsmaske aufgesetzt, die nach Fremenart angepasst war. Der Mann stand schweigend da und wartete, dass sie zu ihm kam. Als sie sich näherte, nahm Jessicas Gewissheit über seine Identität zu, und eine ganze Weile standen die beiden einfach nur da und sahen sich gegenseitig an. Schließlich trat sie einen Schritt vor und umarmte Bronso. »Es ist so viele Jahre her!«
»Und so viel ist geschehen, Mylady. Ich hätte niemals geahnt, dass mein Leben mich an diesen Punkt führen würde.« Sein Blick war scharf, und er drehte den Feuerjuwelenring an seinem Finger. »Aber ich habe endlich gute Neuigkeiten. Kommen Sie, ich muss es Ihnen zeigen.«
Mit überraschend federnden Schritten führte Bronso sie ins Innere der alten Gewürzfabrik und eine Plazbeton-Treppe hinunter zu einer unterirdischen Anlage. Sie hörte den Wind durch das Wrack pfeifen und den Sand flüsternd über die Rumpfpanzerung zischen. »Paul hat das hier als Schlupfloch anlegen lassen, mit Sperrmauern, um die Würmer fernzuhalten und damit kein Schall nach außen dringt«, sagte Bronso.
Jessica hatte gehört, dass ihr Sohn sichere Stützpunkte wie diesen auf verschiedenen Welten angelegt hatte, wohin er und seine Familie sich im Notfall begeben konnten – aber sie hatte nicht gewusst, wo sich diese sicheren Zufluchtsorte befanden.
Er drehte sich lächelnd zu ihr um. »Es war das perfekte Versteck für
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