Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
entkommt.
Fürs Erste muss uns das Ausmaß von Lady Jessicas Verwicklung in diese Sache nicht interessieren, ebenso wenig wie ihre Beweggründe.«
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Ohne Melange konnte Paul Muad'dib nicht die Zukunft vorhersehen. Wir wissen, dass dieses Element außerordentlicher Macht einen Fehler in sich barg. Es kann nur eine Antwort geben, nämlich dass absolut genaue und vollständige Vorahnungen tödlich sind.
Bronso von Ix,
Historische Analyse: Muad'dib
Bronso blieb schweigsam, als er von Carthag fortgebracht wurde. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Vibrationen des Militärtransporter-Thopters, der hoch über die Dünen hinwegflog und Mondschatten auf den offenen Sand warf. Das Brummen der Maschinen erinnerte ihn an die großen Industrieanlagen auf Ix. Er würde sie nie wiedersehen ... aber damit hatte er schon seit Jahren nicht mehr gerechnet.
Obwohl er sich danach sehnte zu erfahren, ob Jessica selbst der Falle entkommen war, wollte Bronso seinen Häschern keine Fragen stellen oder auch nur ein Wort sagen. Von nun an würden seine Manifeste für ihn sprechen müssen. Es waren seine Worte, mit klarem Geist und reinem Gewissen geschrieben. Andere würden sie verbreiten und dafür sorgen, dass sie nicht an Bedeutung verloren. Andere würden damit fortfahren, Fragen aufzuwerfen und Zweifel zu wecken.
Bronso wappnete sich: Er würde nicht zulassen, dass irgendwelche unter der Folter erzwungenen Geständnisse oder Verfälschungen die von ihm geleistete Arbeit zunichte machten. Ja, er hatte manche Tatsachen über Muad'dib ausgeschmückt, extrapoliert und sogar das eine oder andere zurechtgebogen, bis es passte, aber nur, um die ebenso falschen Absurditäten auszugleichen, denen Alia Vorschub leistete. Ganz gleich, wie nachdrücklich das Qizarat versuchte, seine Schriften zu unterdrücken, es würden Exemplare erhalten bleiben. Und im Laufe der Zeit würde die Wahrheit über alle Lügen triumphieren.
Aber Bronso würde das nicht mehr miterleben. Dessen war er sich sicher.
Zumindest hatte er seine Mutter befreit und konnte sich mit dem Wissen beruhigen, dass Tessia auf Caladan ein Zuhause und Frieden finden würde. Dafür würde Jessica sorgen ...
Bronsos Todeszelle auf den tiefsten Ebenen unter der Festungszitadelle bot keinerlei Annehmlichkeiten, nicht einmal eine Pritsche zum Schlafen. In einer Ecke befand sich eine kleine Rückgewinnungsdestille für körperliche Ausscheidungen. An dem in der Luft hängenden Geruch erkannte er, dass die Destille vor kurzem benutzt worden war, und die Versiegelung war alt. Er fragte nicht, was aus dem vorherigen Bewohner der Zelle geworden war.
Er versuchte, auf dem harten Plazbeton-Boden der Zelle zu schlafen. Matte, nackte Leuchtgloben waren die einzige Lichtquelle, weshalb er das Verstreichen von Stunden und Tagen nicht unmittelbar wahrnahm, doch mit seinem in die Unterarmhaut implantierten ixianischen Zeitmesser konnte er exakt jede einzelne endlose Sekunde verfolgen.
Aber die Zeit spielte nun keine Rolle mehr.
Bei jeder Regung draußen auf dem Korridor vor seiner dickwandigen Zelle setzte er sich auf und dachte daran zurück, wie Paul bei seinem letzten Aufenthalt hier zu ihm gekommen war. Imperator Paul Muad'dib hatte persönlich alle Wachen entlassen oder abgelenkt und dann die Zellentür geöffnet, um Bronso durch leere Gänge und staubige Tunnel fliehen zu lassen.
Bei dem Gedanken daran musste er lächeln. Ja, selbst all die Jahre, nachdem sie als Jungen zusammen unterwegs gewesen waren, hatte Paul an sein Versprechen gedacht. Er hatte seinen ixianischen Gefährten beschützt, ihm das Leben gerettet, indem er ihn heimlich freigelassen hatte. Bronso war seinem Fluchtweg durch die dunklen Straßen Arrakeens gefolgt.
Wochen öffentlicher Empörung hatten sich angeschlossen, sowie eine erfolglose Suche nach Verrätern auf den Gefängnisebenen des Festungspalasts. Der verhasste Bronso von Ix war aus dem sichersten Gefängnis des Wüstenplaneten entkommen, wie ein Zauberer oder Dämon.
Es war noch nicht lange her, da war er der Hinrichtung entgangen und der Gestaltwandler Sielto war an seiner Stelle gestorben – was sehr peinlich für Alia gewesen war. Doch diesmal würde die junge Regentin kein Risiko eingehen. Ihre Priester würden ihn verhören, foltern und dazu zwingen, Widerruf zu leisten, während sie sich eine besonders grausame Hinrichtungsmethode für ihn ausdachte. Er hatte sie schon zu oft gedemütigt, und ihre Feindschaft zu ihm
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