Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
erlauben sollte, sich den Zwillingen zu nähern. »Das wird später entschieden – sofern du am Leben bleibst.« Sie führte die Prinzessin aus dem Gefängnistrakt. »Genieß deine Freiheit. Ich kann dir nicht garantieren, dass dieser Zustand lange anhalten wird.«
Obwohl Alia wütend war, besaß sie genügend Geistesgegenwart, um Jessica keine öffentliche Szene zu machen, sondern sich unter vier Augen mit ihr auseinanderzusetzen. »Du hast die Wachen gezwungen, sich meinem Befehl zu widersetzen, Mutter. Damit schwächst du mich in dieser kritischen Phase und säst Zweifel an meinem Herrschaftsanspruch.«
Sie standen in einem großen, gut eingerichteten Zimmer, nur sie beide. Gelbliches Sonnenlicht drang gefiltert durch ein Dachfenster, doch Staubschlieren auf den Scheiben warfen wolkenartige Schatten. Jessica war überrascht, dass Alia weder Duncan Idaho noch Stilgar oder ihre Amazonenwachen dazugeholt hatte, um ihre Autorität zu untermauern. Anscheinend wollte Alia wirklich ein offenes, wenn auch schwieriges Gespräch führen.
Jessica antwortete in gelassenem Tonfall. »Ehrlich gesagt fand ich deine Anweisungen bezüglich der Prinzessin unüberlegt. Ich kann nur hoffen, dass ich schnell genug gehandelt habe, um weiteren Schaden abzuwenden.«
»Warum stiftest du Unruhe? Nachdem du jahrelang fort warst, schneist du hier herein, lässt einen bedeutenden Häftling frei und störst legitime Verwaltungsvorgänge. Bist du nach Arrakis gekommen, um meine Regentschaft zu unterminieren, um selber die Regierungsgewalt zu übernehmen?« Alia wirkte auf einmal sehr jung und verloren, als sie sich an den langen, leeren Tisch setzte. »Sei vorsichtig – ich hätte nicht übel Lust, sie dir zu überlassen.«
Jessica bemerkte einen unerwarteten, flehenden Unterton in der Stimme ihrer Tochter. Ein Teil von Alia, mochte er auch noch so klein sein, wollte die Herrschaft an ihre Mutter abtreten, wollte den Druck und die Verantwortung loswerden. Diese traurige Qual war etwas, das jeder Herrscher kannte, ob er nun eine Stadt, einen Planeten oder ein Imperium regierte.
Jessica setzte sich Alia gegenüber an den Tisch und achtete darauf, ihren Worten einen besänftigenden Klang zu geben. »Deswegen musst du dir keine Sorgen machen. Ich habe bei den Bene Gesserit genug Machtspiele erlebt, und ich bin nicht daran interessiert, ein Imperium zu führen. Ich bin hier als deine Mutter und als Großmutter von Pauls Kindern. Ich werde ein oder zwei Monate bleiben und dann nach Caladan zurückkehren. Dort gehöre ich hin.« Sie nahm eine aufrechte Haltung an und ließ ihre Stimme härter klingen. »Aber bis dahin werde ich dich vor deinen eigenen Entscheidungen schützen, wenn es nötig ist. Irulan hinzurichten wäre ein gewaltiger Fehler.«
»Ich brauche deinen Schutz nicht, Mutter. Ich stelle gründliche Überlegungen an, treffe meine Entscheidungen und stehe dazu.« Alia zuckte mit den Schultern und räumte in einem erstaunlich schnellen Stimmungsumschwung ein: »Mach dir keine Sorgen. Ich hätte die Prinzessin ohnehin früher oder später freigelassen. Der Mob verlangte so viele Sündenböcke, wie aufzutreiben waren, und er hat insbesondere nach ihrem Blut geschrien. Irulans Inhaftierung diente ihrem eigenen Schutz, und sie sollte sich mit ihrem Gewissen auseinandersetzen, weil sie schwere Fehler begangen hat. Irulan kann von sehr großem Nutzen sein, sobald sie wieder unter Kontrolle ist.«
Jessica starrte sie an. »Du hoffst, die Kontrolle über Irulan zu erlangen?«
»Sie ist die offizielle Quelle dessen, was man über Muad'dib weiß, seine offizielle Biografin, von ihm selbst dazu ernannt. Wenn wir sie als Verräterin hinrichten, würde das alles in Frage stellen, was sie geschrieben hat. So dumm bin ich nicht.« Alia musterte einen imaginären Fleck auf einem Fingernagel. »Nachdem sie nun hinreichend gezüchtigt wurde, brauchen wir sie als Gegenstimme zu den Ketzereien des Bronso von Ix.«
»Ist Pauls Vermächtnis so brüchig, dass es nicht das kleinste bisschen Kritik verträgt? Du machst dir viel zu große Sorgen wegen Bronso. Vielleicht sollten die Menschen die Wahrheit erfahren und keine Mythen. Mein Sohn war ein großer Mann. Er muss nicht noch größer werden. Es ist nicht nötig, ihn zu einem Messias zu machen.«
Alia schüttelte den Kopf und ließ zu, dass Jessica ihre Verletzlichkeit sah. Ihre Schultern zitterten, ihre Stimme stockte. »Was hat er sich dabei gedacht, Mutter? Wie konnte Paul einfach so fortgehen
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