Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Muad'dib – oder das, was die Wahrheit sein müsste. Manche Kritiker werfen mir vor, die Tatsachen zu verzerren und schamlos Desinformationen zu verbreiten. Doch ich schreibe mit dem Blut gefallener Helden auf den dauerhaften Stein von Muad'dibs Imperium! Diese Kritiker sollen in tausend Jahren wiederkommen und sich die Geschichte anschauen. Ob sie mein Werk dann immer noch als bloße Propaganda abtun?
Prinzessin Irulan: Das Vermächtnis des Muad'dib,
erster Manuskriptentwurf
Die Qualität einer Regierung lässt sich an der Anzahl der Gefängniszellen messen, die sie für die Inhaftierung von Dissidenten erbaut hat. Jessica erinnerte sich gut an die politische Maxime, die sie in der Bene-Gesserit-Schule gelernt hatte. Während ihrer Jahre der Indoktrination hatten die Schwestern ihrem Geist viele fragwürdige Glaubensgrundsätze eingetrichtert, aber zumindest dieser Satz stimmte.
Am Tag nach ihrer Ankunft in Arrakeen versuchte sie, in Erfahrung zu bringen, wo Prinzessin Irulan festgehalten wurde. Bei ihrer Suche in den Haftunterlagen stellte Jessica erstaunt fest, wie groß der Anteil von Gefangenentrakten, Verhörzimmern und Todeszellen in der ausgedehnten Festung ihres Sohnes war. Die Liste der Verbrechen, die mit der Todesstrafe geahndet wurden, hatte sich in den letzten paar Jahren beträchtlich verlängert.
Hatte Paul davon gewusst? War es in seinem Sinne gewesen?
Wahrscheinlich war es klug gewesen, die Ehrwürdige Mutter Mohiam ohne langwierigen Prozess einfach zu töten, weil die Bene Gesserit ansonsten großen Druck auf die Regierung hätten ausüben können. Und Jessica zweifelte keinen Augenblick daran, dass die alte Ehrwürdige Mutter tatsächlich schuldig gewesen war.
Irulan jedoch blieb in Haft, ohne dass eine Entscheidung über ihr Schicksal gefällt worden war. Nachdem Jessica sich die Beweise angesehen hatte, stand für sie fest, dass Shaddams Tochter an der Verschwörung beteiligt gewesen war, auch wenn ihre genaue Rolle unklar blieb. Die Prinzessin schmachtete in einer der Todeszellen dahin, die vom Qizarat unterhalten wurden, doch bislang hatte Alia ihre Unterschrift für das Todesurteil verweigert.
Während ihres ersten Monats als Regentin hatte das Mädchen bereits viel Aufruhr ausgelöst, zahlreiche potenzielle Verbündete vor den Kopf gestoßen und jede Menge mögliche Feinde provoziert. Es gab Dinge von größerer Tragweite zu berücksichtigen. Alia handelte klug, wenn sie bestimmte Entscheidungen hinauszögerte.
Jessica war der ältesten Tochter des ehemaligen Imperators zum ersten Mal auf Kaitain begegnet, als sie mit Paul schwanger gewesen war. Seit dem Sturz Shaddams hatte Irulan vieles für und einiges gegen Paul getan. Aber wie viel genau? Nun hoffte Jessica, dass sie die Hinrichtung verhindern konnte, aus Gründen, die sowohl politischer als auch persönlicher Natur waren.
Sie machte sich ohne Begleitung auf den Weg zum Zellentrakt, nachdem sie sich die Route anhand der Grundrisse eingeprägt hatte. Als sie vor der Metalltür zu Irulans verriegelter Zelle stand, musterte sie die seltsamen Zeichen an der Wand, mystische Symbole, die nach den Schriften der verschwundenen Muadru gestaltet waren. Pauls Priesterschaft hatte die uralten Ruinen offenbar ihren eigenen Zwecken angepasst.
Vor der Zelle standen zwei grimmige Wachen des Qizarats, unerbittliche Priester, die sich durch die religiöse Hierarchie hinaufgearbeitet hatten, die sich rund um Paul gebildet hatte – eine Organisation, die Alia erhalten oder gar ausbauen wollte. Diese Männer würden niemals einem direkten Befehl der Regentin zuwiderhandeln, aber gleichzeitig betrachteten sie Jessica voller Furcht und Ehrerbietung. Das wollte sie ausnutzen.
Mit gereckten Schultern trat Jessica vor die Männer. »Tretet beiseite. Ich wünsche, die Frau meines Sohnes zu sprechen.«
Sie erwartete eine Diskussion oder zumindest Widerstand, aber es kam den Priesterwachen überhaupt nicht in den Sinn, ihre Anweisung in Frage zu stellen. Wenn sie sie aufgefordert hätte, sich in ihre Crysmesser zu stürzen, hätten sie auch das getan? Die Männer verbeugten sich gleichzeitig und entriegelten dann die Tür, damit sie eintreten konnte.
Im dunklen und stickigen Raum erhob sich die Prinzessin hastig von der Bank, auf der sie gesessen hatte. Sie sammelte sich und glättete ihre zerknitterte Kleidung. Sogar eine leichte Verbeugung brachte sie zustande. »Jessica. Ich hatte gehofft, dass du nach Arrakis kommen würdest, sobald du
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