Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
und uns im Stich lassen?« Der plötzliche Kummer, den Alia zeigte, überraschte sie. Dieses Mädchen ließ ihre Gefühle auf eine Art und Weise heraus, zu der Jessica niemals imstande gewesen wäre. »Chanis Leiche ist noch nicht einmal in der Todesdestille, zwei Kinder sind auf die Welt gekommen, und er geht einfach! Wie konnte Paul so egoistisch sein, so ... blind? «
Jessica wollte ihre Tochter halten und sie beruhigen, aber sie tat es nicht. Dazu waren ihre eigenen Mauern zu fest. »Trauer kann einem Menschen schreckliche Dinge antun und ihn jeder Hoffnung und Vernunft berauben. Ich bezweifle, dass Paul weiter gedacht hat als bis zu seinem Wunsch, dem Schmerz zu entfliehen.«
Alia reckte die Schultern und sammelte neue Kraft. »Ich werde jedenfalls nicht weglaufen. Diese Regentschaft ist ein großes Problem, das Paul mir in den Schoß geworfen hat, und ich weigerte mich, dasselbe zu tun wie er. Ich werde es nicht anderen überlassen, hinter mir aufzuräumen. Ich werde der Menschheit und der Zukunft nicht den Rücken zukehren.«
»Das weiß ich.« Jessica zögerte und senkte den Blick. »Ich hätte vorher mit dir über Irulan reden sollen. Ich habe ... impulsiv gehandelt.«
Alia bedachte sie mit einem langen und strengen Blick. »Das kriegen wir wieder hin. Vorausgesetzt, ich kann mich auf deine Kooperation verlassen. Dann werden meine Minister verkünden, dass ich den Befehl erteilt habe, Irulan freizulassen. Und du hast lediglich meinen Befehl ausgeführt.«
Jessica lächelte. Das Endergebnis war das Gleiche, und so würde niemand einen Konflikt zwischen Mutter und Tochter vermuten. »Danke, Alia. Ich sehe, dass du bereits viel über die Staatskunst gelernt hast. Das ist eine gute Entscheidung.«
9
Entscheidende Ereignisse meines ersten Lebens stehen in meinem Bewusstsein an vorderster Stelle: der Mord am Alten Herzog Paulus in der Stierkampfarena, der Krieg der Assassinen zwischen Ecaz und Grumman, wie der junge Paul durchgebrannt ist, um sich den Jongleurs anzuschließen, jene schreckliche Nacht in Arrakeen, als die Harkonnens kamen ... mein Tod durch angreifende Sardaukar in der Festung von Dr. Kynes. Alle Details sind mir lebhaft im Gedächtnis.
Aus einem Gespräch mit Duncan Idaho,
niedergeschrieben von Alia Atreides
Das Licht der Dämmerung berührte die Oberflächen von Wüste und Felserhebungen, und ein einsamer Ornithopter flog hoch genug darüber hinweg, um mit seinen Vibrationen nicht die großen Würmer aufzustören. Duncan Idaho steuerte das Gefährt.
Wie in alten Zeiten, dachte Gurney. Und doch völlig anders. Sechzehn Jahre lang war sein Freund für ihn tot gewesen, aber der Tod war nicht notwendigerweise ein dauerhafter Zustand dank der Axolotl-Tanks der Tleilaxu.
Vor ihnen erkannten sie, im waagerechten Sonnenlicht glitzernd, die silbrigen Dächer und Bastionen einer Überwachungsstation. »Da ist unser Ziel«, sagte Duncan. »Eine typische Basis. Sie wird uns viel über die allgemeine Sicherheitslage kurz vor der Trauerfeier verraten. Die Schiffe kommen zu Zehntausenden von zahllosen Welten. Wir müssen bereit sein.«
Während die Vorbereitungen für das große Spektakel im Gange waren, trafen die Trauernden in Scharen auf dem Wüstenplaneten ein, von Diplomaten, die hofften, sich bei der Regentin einzuschmeicheln, bis zu den Ärmsten der Armen, die alles gegeben hatten, um sich den Raumflug leisten zu können. Gurney war sich nicht sicher, ob die planetare Verteidigung diesen gewaltigen Zustrom und die ständige Unruhe verkraften würde.
Am Vorabend hatte er sich bei Duncan nach dem Stand der Verteidigungseinrichtungen in der Umgebung von Arrakeen erkundigt. Während sie immer noch dabei waren, ihre alte/neue Freundschaft auszuloten, saßen die beiden Männer an einem abgenutzten Tisch im Geschäftsviertel der Zitadelle und tranken maßlos überteuertes Gewürzbier, ohne auf den Preis zu achten.
Duncan hatte einen tiefen Schluck genommen und gesagt: »Ich hatte die Absicht, diese Einrichtungen irgendwann zu inspizieren, aber bislang haben mich andere Pflichten davon abgehalten. Jetzt könnten wir das zusammen nachholen.«
»Der Tod eines Imperators kann sämtliche Zeitpläne durcheinanderbringen«, sagte Gurney verbittert.
Duncans früheres geselliges Wesen war durch den Mystizismus eines Mentaten ersetzt worden, den die Tleilaxu ihm einprogrammiert hatten. Doch beim zweiten Gewürzbier öffnete er sich allmählich, und Gurney fühlte sich zugleich wehmütig und
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