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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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Städter oder nomadisch lebender Fremen – angehangen hatte. Man hatte ihnen eingeredet, sie seien das Volk der ewigen Verlierer, für das es keine Rettung gab.
    »Wie hübsch in diesem Jahr die jungen Mädchen sind!«
    Während sein Blick sich auf den Rücken des dahinschreitenden Leto heftete, fragte Stilgar sich, wie es der Junge fertiggebracht hatte, seine Gedanken derart zum Fließen zu bringen. Leto hatte doch nur eine ganz simple Feststellung getroffen. Und was hatte sich daraus entwickelt? Jetzt stand er da und sah Alia und die Ratsversammlung in einem ganz anderen Licht.
    Alia war zum Beispiel vernarrt in die Ansicht, daß die alten Sitten langsam wieder Fuß faßten. Stilgar hatte diese Feststellung immer als reichlich vage und als durch nichts bewiesen angesehen. Neuerungen mußten unterdrückt und abweichende Ansichten bekämpft werden. Hatte eine Priesterschaft überhaupt eine andere Funktion, als abweichende Ansichten zu bekämpfen?
    Des weiteren stand Alia auf dem Standpunkt, daß die Gelegenheiten für öffentliche Auseinandersetzungen auf überschaubare Grenzen reduziert werden müßten. Aber das bedeutete, daß man die wiederkehrende Bedrohung durch die Technik nur dazu benutzen konnte, die Bevölkerung in ihren Grenzen zu halten. In diesem Sinne hatten auch die Erbauer gehandelt. Jede erlaubte Technik mußte während des Rituals ihren Segen erhalten. Sonst ... sonst ...
    Stilgar stolperte zum drittenmal. Er hatte jetzt den Qanat erreicht und sah Leto unter einem Aprikosenbaum, der neben dem fließenden Gewässer wuchs, warten. Er schritt durch hohes Gras.
    Hohes Gras!
    Was soll ich nur glauben? fragte er sich verzweifelt.
    Für einen Fremen seiner Generation war es völlig normal, daran zu glauben, daß jedes Individuum seine Grenzen hatte. Traditionsgebundenes Verhalten stellt das am meisten kontrollierende Element einer beständigen Gesellschaft dar. Die Leute hatten einfach zu wissen, wo ihre zeitlichen, gesellschaftlichen und territorialen Grenzen lagen. Was war falsch daran, den Sietch als Denkmodell für die gesamte Gesellschaft gelten zu lassen? Wenn man das Gefühl des Abgekapseltseins hatte – war es dann nicht besser, dies im Kreis der Familie und der Gemeinschaft zu diskutieren?
    Stilgar hielt an und warf Leto einen Blick zu. Der Junge stand abwartend da und lächelte.
    Hat er eine Ahnung, wie es jetzt in meinem Kopf aussieht? fragte Stilgar sich.
    Und der alte Naib der Fremen versuchte in den traditionellen Katechismus seines Volkes zurückzufallen. Jeder Aspekt des Lebens erfordert eine einfache Form, deren eigene Zirkulation auf dem geheimen, inneren Wissen basiert, was funktioniert und was nicht. Das Modell für das Leben, für die Gemeinschaft, für jedes Element einer größeren Gesellschaft, bis hinauf zu den höchsten Stellen der Regierungsmacht und darüber hinaus, konnte sein Pendant in der Sietchgemeinschaft finden. Und sein Gegenstück im Shai-Hulud. Der gigantische Sandwurm war sicher die am meisten gefürchtete Kreatur – aber wenn man ihn bedrohte, verschwand auch er in den undurchdringlichen Tiefen.
    Die Veränderung ruft Gefahren hervor! sagte sich Stilgar. Einförmigkeit und Stabilität waren die vordringlichsten Ziele einer Regierung.
    Aber die jungen Männer und Frauen waren wirklich hübsch.
    Sie erinnerten ihn an die Worte, die Muad'dib gesprochen hatte, als er Shaddam IV. gegenüberstand: ›Ich suche nicht das lange Leben eines Imperators – sondern das des Imperiums.‹
    War dies nicht auch immer mein Ziel gewesen? dachte Stilgar.
    Er ging schließlich weiter und schlug, zur Rechten Letos, die Richtung auf den Sietch ein. Neben ihm bewegte sich der Junge, als habe er auf ihn gewartet.
    Und Stilgar fiel ein, daß Muad'dib auch noch etwas anderes gesagt hatte: ›So wie Individuen geboren werden, heiraten, Kinder zeugen und sterben – ergeht es auch Zivilisationen und Regierungen.‹
    Gefahr oder nicht – es würde eine Veränderung geben. Die hübschen jungen Fremen schienen dies zu ahnen. Sie hatten in die Welt hinausgesehen und bereiteten sich nun darauf vor.
    Stilgar blieb stehen. Hätte er das nicht getan, wäre Leto von ihm überrannt worden.
    Der Junge schaute mit einem wissenden Blick zu ihm auf und sagte: »Verstehst du jetzt, Stil? Die Tradition ist keineswegs der absolut verläßliche Führer, für die du sie bisher hieltest.«

19
     
Ein Fremen stirbt dann, wenn er zu lange von der Wüste entfernt gelebt hat. Wir nennen dies die

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