Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
nicht riskieren konnte, führte dazu, daß er den Rest seiner Berechnungen in unglaublicher Schnelligkeit erledigen konnte. Seine Gedanken hielten sich in der Mitte, obwohl ihm völlig klar war, welche Elemente seiner Auswertungsarbeit diese Entscheidung herbeigeführt hatten: Das Imperium verfügte über ebensoviele atomare Waffen wie die Hohen Häuser zusammengenommen. Und mindestens die Hälfte der Hohen Häuser würde ohne nachzudenken reagieren, wenn die Corrinos es wagten, die Konvention zu brechen. Unzählbare freiwillige Helfer würden zu den Waffen eilen und das planetare Abwehrsystem der Atreides unterstützen. Schon die Angst würde die Hälfte der Hohen Häuser dazu verpflichten. Salusa Secundus und seine Mitstreiter würden in atomaren Wolken untergehen – und eine solche Massenvernichtung konnte das Haus Corrino nicht riskieren. Sie hatten gar keine andere Wahl, als die Atomwaffen, die sie in Reserve hielten, für den einzigen Zweck bereitzuhalten, zu dem sie sich verpflichtet hatten: Die Menschheit mit ihnen vor der möglichen Bedrohung ›anderer Intelligenzen‹ zu beschützen, sollte eine derartige Situation jemals eintreten.
Die Ergebnisse seiner Berechnungen waren klar. Es gab in ihnen kein Wenn und Aber. Alia hatte sich zu Entführung und Terror bekannt, weil sie entartet war und die bisherige Politik ihrer Familie nicht mehr verfolgte. Das Haus Corrino war eine Bedrohung, sicher, aber keine derartige Bedrohung, wie Alia sie in der Versammlung dargestellt hatte. Sie wollte Lady Jessica aus dem Verkehr ziehen, weil sie längst erkannt hatte, was nun auch ihm klargeworden war.
Idaho schüttelte die Trance ab, sah, daß Alia genau vor ihm stand. Sie betrachtete ihn mit einem kalten, abschätzenden Blick.
»Hättest du es nicht lieber, wenn Lady Jessica umgebracht würde?« fragte er.
Der sekundenlange Ausdruck unbeschreiblicher Freude lag offen vor ihm, bevor er von einem gestellten Empörungsschrei überdeckt wurde. »Duncan!«
Ja, diese andere Alia bevorzugte in jedem Fall den Muttermord. »Du fürchtest nicht um das Leben deiner Mutter«, sagte er mit stoischer Ruhe, »sondern du fürchtest dich vor ihr selbst. «
Ohne ihren abschätzenden Blick zu ändern, erwiderte sie: »Natürlich fürchte ich mich vor ihr. Sie hat der Schwesternschaft Informationen über mich zugespielt.«
»Was meinst du damit?«
»Weißt du, was die größte Versuchung für eine Bene Gesserit darstellt?« Sie kam näher auf ihn zu, mit verführerischen Bewegungen und einem Blick, der alles versprach, aber nichts hielt. »Und dabei habe ich an nichts anderes gedacht, als mir meine Kraft zu erhalten, um jederzeit für die Zwillinge da zu sein.«
»Du sprachst von einer Versuchung«, warf Idaho ein. Seine Stimme nahm wieder den sachlichen Tonfall eines Mentaten an.
»Es geht um das, was die Schwesternschaft am engagiertesten vor der Öffentlichkeit verbirgt, weil sie es am meisten fürchtet. Deswegen behauptet sie auch, ich sei verflucht. Die Bene Gesserit wissen, daß mich ihre Verbote nicht davon abhalten können, meinen Weg weiterzugehen. Versuchung – wenn sie darüber reden, legen sie besonderen Wert darauf, diesen Ausdruck noch zu steigern: Die Große Versuchung. Wir, die wir die Ausbildung der Bene Gesserit genossen haben, sind in der Lage, die Zellstruktur unseres Körpers zu kontrollieren. Ich kann meine Jugend erhalten – und zwar über einen viel längeren Zeitraum hinweg, als die Melange dies kann. Siehst du die Konsequenzen, wenn dies mehrere Bene Gesserit ausnutzen würden? Man würde es bemerken. Ich zweifle nicht daran, daß du jedes Wort, das ich jetzt spreche, sofort analysierst. Wir haben es der Melange zu verdanken, daß wir zum Ziel so vieler Verschwörungen geworden sind, denn wir haben die Gewalt über eine Substanz, die das Leben verlängert. Was würde aber geschehen, wenn bekannt würde, daß die Bene Gesserit ein noch viel größeres Geheimnis bewahren? Genau! Nicht eine einzige Ehrwürdige Mutter würde mehr ihres Lebens sicher sein. Im Nu wären Entführungen und Folterungen Ehrwürdiger Mütter an der Tagesordnung.«
»Und du hast diese Zellmanipulation durchgeführt.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
»Ich habe die Schwesternschaft damit herausgefordert. Und da meine Mutter sie darüber informiert hat, wird sie sie in die Arme des Hauses Corrino treiben.«
Das ist wirklich verständlich, dachte Idaho.
Um sie auf die Probe zu stellen, sagte er: »Aber deine eigene Mutter
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