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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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klar. Es war ein altes, fremenitisches Rätselspiel. Frage: »Es bringt sowohl den Tod als auch das Leben.«
    Antwort: »Der Coriolissturm.«
    Warum wollte Leto, daß ich dies verstehe? fragte sich Stilgar. Aufgrund vorsichtiger Sondierungsversuche wußte er, welche Gemeinsamkeit ihrer Unterschiedlichkeit die Zwillinge in ihren Ansichten teilten: Es rief in ihnen Betrübnis hervor. Der Uterus ist für jemanden wie sie nichts als ein Weg nach draußen, dachte er. Zwar konnte man durch Ignoranz den Schock bestimmter Erfahrungen reduzieren, aber zumindest was ihre Geburt betraf, konnten die Zwillinge das nicht. Was mochte das für ein Leben sein, wenn man von vornherein wußte, was darin alles schiefgehen konnte? Man war einem ständigen Kampf mit seinen eigenen Zweifeln ausgesetzt. Man würde aufgrund seiner Andersartigkeit nur Groll ernten. Das einzige, was einem übrigblieb, würde sein, daß man die Andersartigkeit gegenüber den anderen gelegentlich zur eigenen Erbauung ausspielte. Und die erste unbeantwortete Frage würde sein: »Warum ausgerechnet ich?«
    Und was habe ich mich mein ganzes Leben über gefragt? dachte Stilgar. Genau das gleiche. Ein sarkastisches Lächeln umspielte seine Lippen. Jetzt, wo er die Zwillinge in einem gänzlich neuen Licht sah, verstand er auch, welche Gefahren auf sie – in ihren noch nicht erwachsenen Körpern – lauerten. Ghanima hatte es einmal, als er sie wegen einer waghalsigen Klettertour in den Felsenklippen gescholten hatte, so ausgedrückt: »Warum sollte ich den Tod fürchten. Ich bin ihm schon begegnet – und das schon oft.«
    Wie konnte ich nur annehmen, diesen Kindern noch etwas beizubringen? fragte sich Stilgar. Wie kann das überhaupt jemand annehmen?
     
    Jessicas Gedanken bewegten sich, während sie mit ihrer Enkeltochter sprach, in eine ähnliche Richtung. Sie hatte darüber nachgedacht, wie schwierig es sein mußte, als völlig entwickeltes Geistwesen im Körper eines Kindes gefangenzusitzen. Dem Körper blieb nichts anderes übrig, als das zu erlernen, was der Geist bereits kannte und beherrschte – etwa Reaktionen und Reflexe zu zeigen, die der übergeordneten Einheit adäquat waren. Zwar verfügten die Kinder über die Prana-Bindu -Erfahrungen der Bene-Gesserit-Ausbildung – aber was nützte ihnen das, wenn der Körper nicht imstande war, ihren Anweisungen zu folgen? Gurney würde eine äußerst schwierige Aufgabe vorfinden, wenn er sich nach ihren Anweisungen richtete.
    »Stilgar beobachtet uns von einem der Alkoven aus«, sagte Ghanima.
    Jessica, die keine Anstalten machte, sich umzudrehen, stellte mit Verwirrung fest, daß ihr der Tonfall von Ghanimas Stimme nicht entgangen war: Das Mädchen liebte den alten Fremen wie einen Vater. Sie verehrte ihn, auch wenn sie gelegentlich nachlässig über ihn sprach oder ihn ärgerte. Diese Entdeckung zwang Jessica, den Naib in neuem Licht zu sehen. Etwas verband ihn mit den Zwillingen. So wenig wie ihren Enkeln das neue Universum gefiel, sowenig behagte Stilgar offensichtlich der veränderte Planet Arrakis.
    Ohne daß sie sich widersetzen konnte, drängte sich ihr ein altes Sprichwort der Bene Gesserit auf: ›Zweifelt man die eigene Sterblichkeit an, so ist das der Beginn – anerkennt man sie jedoch, so ist das das Ende jeglichen Schreckens.‹
    Ja, obwohl auch der Tod eine Bürde für Stilgar und die Zwillinge war, bedeutete das Leben für sie eine Existenz auf Sparflamme. Jeder von ihnen hatte entdeckt, daß es so nicht weitergehen konnte und suchte nach Auswegen, die gangbar waren, ohne eine Bedrohung hervorzurufen. Als echte Kinder der Wüste hatten sie aus dem Flug des über den Dünen kreisenden Habichts mehr gelernt, als aus allen Büchern, die je geschrieben worden waren.
    Auch Leto hatte Jessica an diesem Morgen in tiefe Irritation gestürzt. Als sie neben dem Qanat standen, der unterhalb des Sietch dahinfloß, sagte er: »Das Wasser ist eine Falle für uns, Großmutter. Wir würden besser leben, wären wir wie der Staub, den der Wind ergreift und hoch hinaufträgt.«
    Obwohl sie bereits mit ähnlichen Sätzen, die aus dem Mund dieser Kinder gekommen waren, Bekanntschaft gemacht hatte, war Jessica von diesem Ausspruch sofort gefangen gewesen. Ihr war nichts anderes eingefallen, als zu erwidern: »Das hätte ebensogut dein Vater sagen können.«
    Und Leto, der eine Handvoll staubfeinen Sand ergriff, in die Luft warf und zusah, wie die Partikel langsam wieder zu Boden schwebten, hatte daraufhin gesagt:

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