Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
lügen?«
»Natürlich nicht. Aber ich werde dich darum bitten, zu schweigen, wenn du eigentlich gerne reden würdest.«
»Aber wenn man herzieht über ...«
»Wirst du nicht protestieren.«
Wieder liefen Tränen über ihre Wangen. Leto sehnte sich danach, sie zu berühren, aber sie bestanden aus Wasser ... Schmerz erzeugendem Wasser.
»Wir müssen so vorgehen«, sagte er.
»Werdet Ihr es mir erklären, Herr?«
»Wenn ich nicht mehr bin, sollen sie mich den Scheitan nennen – den Kaiser von Gehenna. Längs des Goldenen Pfades muß sich das Rad fortwährend drehen.«
»Herr, könnte man den Zorn nicht ganz auf mich lenken? Ich würde nicht ...«
»Nein! Die Ixianer haben dich perfekter gemacht, als ich dachte. Ich liebe dich wirklich. Ich kann nichts dagegen tun.«
»Ich möchte keinen Schmerz in Euch erzeugen!« Sie stieß diese Worte förmlich hervor.
»Was geschehen ist, ist geschehen. Klage nicht!«
»Helft mir zu verstehen!«
»Daß auch der Haß blühen wird, wenn ich nicht mehr bin, wird irgendwann und unausweichlich ebenso der Vergangenheit angehören. Eine lange Zeit wird vergehen. Und dann, irgendeines fernen Tages, wird man meine Tagebücher finden.«
»Tagebücher?« Bei dem vermeintlichen Themenwechsel zuckte Hwi zusammen.
»Die Chronik meiner Zeit. Meine Argumente und Entschuldigungen. Es gibt Kopien davon. Verstreute Fragmente werden die Zeit überdauern. Manche in entstellter Form – aber die Originaltagebücher werden warten und warten und warten. Ich habe sie gut versteckt.«
»Und wenn man sie entdeckt hat?«
»Werden die Menschen erfahren, daß ich von dem, was sie sich unter mir vorstellten, ziemlich verschieden war.«
Hwis Stimme wurde zu einem zitternden Wispern: »Ich weiß schon jetzt, was sie erfahren werden.«
»Ja, mein Liebling; das glaube ich auch.«
»Ihr seid weder ein Teufel noch ein Gott, sondern etwas, das es vorher nie gegeben hat und auch nie wieder geben wird, weil Eure Existenz ein solches Verlangen unnötig macht.«
Sie wischte sich die Tränen von den Wangen.
»Hwi, ist dir eigentlich bewußt, wie gefährlich du bist?«
Verwirrt sah sie auf; ihre Hände bebten.
»Du bist aus dem Holz, aus dem Heilige geschnitzt sind«, sagte Leto. »Kannst du dir vorstellen, wie schmerzhaft es sein kann, eine Heilige zur falschen Zeit am falschen Ort anzutreffen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Die Menschen müssen auf Heilige vorbereitet sein«, sagte er, »sonst werden sie einfach zu Mitläufern, Bettlern und geschwächten Speichelleckern, die auf ewig seinem Schatten hinterherlaufen. So etwas vernichtet die Menschen, weil es in ihnen nur Schwäche hervorruft.«
Nach einem Moment des Nachdenkens nickte sie. »Wird es noch Heilige geben, wenn Ihr gegangen seid?« sagte sie dann.
»Das ist der Zweck meines Goldenen Pfades.«
»Moneos Tochter; Siona ... Wird sie ...?«
»Im Augenblick ist sie nur ein Rebell. Ob aus ihr eine Heilige wird, wollen wir sie selbst entscheiden lassen. Möglicherweise wird sie nur das tun, wofür sie gezüchtet wurde.«
»Und was ist das, Herr?«
»Hör auf, mich Herr zu nennen«, sagte Leto. »Wir werden Wurm und Frau sein. Nenne mich Leto, wenn du willst. Herr stört nur.«
»Ja, L... Leto. Aber was ...?«
»Siona wurde gezüchtet, um zu herrschen. In dieser Zucht liegt eine Gefahr. Wenn man herrscht, erringt man das Wissen um die Macht. Dies kann zu ungestümer Verantwortungslosigkeit führen und in schmerzhafte Exzesse münden, die schließlich fürchterliche Zerstörungen hervorrufen – dem sich jeglicher Kontrolle entziehenden Hedonismus.«
»Siona würde ...«
»Wir wissen nicht mehr über Siona, als daß sie bestimmten Funktionen verpflichtet bleiben kann; Strukturen, die ihre Sinne auslasten. Sie ist gezwungenermaßen eine Aristokratin, aber Aristokraten richten ihren Blick hauptsächlich auf die Vergangenheit. Das ist ihr Mangel. Sie sehen von keinem Pfad sehr viel, es sei denn, man ist Janus und schaut gleichzeitig nach vorn und nach hinten.«
»Janus? Oh, ja, der Gott mit den beiden sich gegenüberliegenden Gesichtern.« Sie feuchtete mit der Zunge ihre Lippen an. »Bist du Janus, Leto?«
»Ich bin Janus, millionenmal verstärkt. Und doch bin ich auch etwas Geringeres. Ich bin beispielsweise das gewesen, was meine Administratoren am meisten erfreut: Derjenige, der Entscheidungen trifft und auch dafür sorgen kann, daß sie sich auszahlen.«
»Aber wenn sie ihren Zweck nicht erfüllen ...«
»Wird man sie gegen mich
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