Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
eigene rebellische Hand«, sagte er.
Ihre Jugend verlangte immer noch nach einem Auftritt.
»Ich habe dich nicht an die Regierung gewählt«, sagte Siona.
»Aber du stützt mich.«
»Und wie?«
»Indem du gegen mich opponierst. An Leuten wie dir schärfe ich meine Krallen.«
Sie warf einen schnellen Blick auf seine Hände.
»Das ist nur eine Redensart«, sagte Leto.
»Dann habe ich dir zumindest zugesetzt«, sagte Siona, die aus seinen Worten und deren Betonung lediglich schneidende Verärgerung heraushörte.
»Du hast mir nicht zugesetzt. Wir sind verwandt, deswegen können wir innerhalb der Familie offen zueinander sein: Tatsache ist, daß ich mehr von dir zu befürchten habe, als du von mir.«
Das brachte sie aus dem Gleichgewicht, wenngleich auch nur für einen kurzen Moment. Leto sah, wie der Glaube ihre Schultern versteifte, dann wurde sie von Zweifeln befallen. Sie senkte den Kopf und sah ihn von unten herauf an.
»Was hätte der große Gott Leto schon von mir zu befürchten?«
»Deine aus Unwissenheit geborene Gewalttätigkeit.«
»Soll das heißen, daß du körperlich verwundbar bist?«
»Ich werde dich nicht noch einmal warnen, Siona. Die Wortspiele, die ich zu spielen bereit bin, haben ihre Grenzen. Du weißt ebenso gut wie die Ixianer, daß diejenigen körperlich verwundbar sind, die ich liebe. Bald wird der größte Teil des Imperiums davon wissen. Denn Informationen dieser Art verbreiten sich schnell.«
»Und dann werden sich alle fragen, was dir das Recht gibt, zu herrschen!«
Es war eine Fröhlichkeit in ihrer Stimme, die in Leto sofort Verärgerung wachrief. Er stellte fest, daß es schwierig war, sie zu unterdrücken. Diese Seite der menschlichen Emotionen widerte ihn an. Schadenfreude! Es dauerte einige Zeit, bis er eine Antwort wagte, aber als es soweit war, entschied er sich dafür, den Schirm um ihre Verwundbarkeit, die ihm nicht entgangen war, voll zu durchdringen.
»Ich herrsche mit dem Recht der Einsamkeit, Siona. Meine Einsamkeit besteht zu einem Teil aus Freiheit und zu einem anderen aus Sklaverei. Das bedeutet, daß mich keine menschliche Gruppierung kaufen kann. Daß ich euer Sklave bin, bedeutet, daß ich euch mit all meinen göttlichen Fähigkeiten diene.«
»Aber die Ixianer haben dich in die Ecke gedrängt!« sagte Siona.
»Nein. Sie haben mir ein Geschenk gemacht, das mich stärkt.«
»Es schwächt dich!«
»Das auch«, gab Leto zu. »Aber da sind immer noch sehr gewichtige Kräfte, die mir gehorchen.«
»Oh, ja.« Sie nickte. »Das verstehe ich.«
»Nichts verstehst du.«
»Dann bin ich sicher, du wirst es mir erklären«, höhnte sie.
Leto sprach jetzt so leise, daß Siona sich vorbeugen mußte, um ihn zu hören. »Es gibt nirgendwo jemanden, dem ich in irgendeiner Weise verpflichtet bin. Ich brauche mit niemandem zu teilen oder Kompromisse einzugehen. Es besteht nicht einmal die Spur einer Gegenregierung. Ich bin die einzige.«
»Nicht einmal die Ixianerin kann ...«
»Sie ist mir so ähnlich, daß sie mich, was dies betrifft, niemals schwächen würde.«
»Aber als die ixianische Botschaft angegriffen wurde ...«
»Dummheit kann mich immer noch irritieren«, sagte Leto.
Siona maß ihn mit einem finsteren Blick.
Für Leto war dies – unter den gegebenen Lichtverhältnissen – eine vielsagende Geste, die ihr gar nicht bewußt zu sein schien. Er wußte jetzt, daß er sie zum Nachdenken gebracht hatte. Er war sicher, daß sie nie zuvor auf den Gedanken gekommen war, daß die Einmaligkeit einem sämtliche Rechte verlieh.
In ihr finsteres Gesicht hinein sagte er: »Es hat nie zuvor eine Regierungsform gegeben, die der meinen exakt entsprochen hätte. Nicht einmal in der ganzen Geschichte. Ich bin nur mir selbst verantwortlich und verlange nur den Preis, der mir für die Opfer, die ich gebracht habe, zusteht.«
»Opfer!« schnaubte Siona, aber er hörte den Zweifel aus ihrer Stimme heraus. »Das sagen alle Despoten. Du bist nur dir selbst verantwortlich!«
»Damit bin ich jedem Lebewesen gegenüber verpflichtet. Ich wache über euch in diesen Zeiten.«
»In welchen Zeiten?«
»Die Zeiten, die hätten kommen können und dann nicht gekommen sind.« Leto sah, daß sie unentschieden war. Sie traute ihren Instinkten nicht – ihren unausgebildeten Fähigkeiten, die Dinge vorherzusehen. Hin und wieder konnte sie vielleicht Sprünge machen, wie sie es getan hatte, als sie mit seinen Tagebüchern verschwunden war, aber die Sprungmotivation verlor sich in
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