Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
Dinge von Gott vorausgesehen worden waren. Was konnte man vor Gott verbergen? Man konnte nichts vor ihm verbergen, nicht einmal die winzig kleine Gestalt Duncan Idahos, die nach einem Weg suchte, der ihn hinauf zum Rand des Himmels führte.
Als sie Idaho beim Klettern zusah, spielte das Bewußtsein Nayla einen Streich und kippte die Felswand in die Horizontale. Idaho wurde zu einem Kind, das über eine zerbrochene Oberfläche krabbelte. Wie klein er aussah ... und er wurde immer kleiner.
Eine Unterführerin bot ihr Wasser an. Nayla trank es. Das Wasser brachte den Wall wieder in seine Stellung zurück.
Siona hockte sich auf den ersten Vorsprung und lehnte sich vor, um nach oben zu sehen. »Wenn Sie abstürzen, werde ich es versuchen«, hatte sie Idaho versprochen. Ein eigenartiges Versprechen, dachte Nayla. Warum wollten sie beide das Unmögliche versuchen?
Idaho hatte es nicht geschafft, Siona dieses unmögliche Versprechen auszureden.
Es ist Schicksal, dachte Nayla. Es ist Gottes Wille. Und das war miteinander identisch.
Ein Stück Fels fiel dort, wo Idaho es berührt hatte, in die Tiefe. Das war schon mehrmals vorgekommen. Nayla musterte das fallende Gestein. Es brauchte eine lange Zeit, um herunterzukommen, und prallte wiederholt gegen die Oberfläche des Walls – was besagte, daß das Auge nicht die Wahrheit berichtete, wenn es sagte, sie sei senkrecht.
Er wird Erfolg haben oder nicht, dachte Nayla. Was immer geschieht, es ist Gottes Wille.
Sie spürte jedoch, daß ihr Herz hämmerte. Idahos gewagtes Unternehmen erinnerte sie an Sex. Es war zwar keine verhaltene Erotik darin, aber in der Weise, wie es sich ihrer bemächtigte, vergleichbar mit einer seltenen Magie. Sie mußte sich daran erinnern, daß Idaho nicht für sie bestimmt war.
Er gehört Siona. Falls er überlebt.
Und wenn er versagte, würde Siona es versuchen. Siona würde Erfolg haben oder nicht. Nayla fragte sich jedoch, ob sie einen Orgasmus bekommen würde, wenn Idaho oben ankam. Er war der Spitze jetzt so nahe.
Nachdem Idaho den Fuß verlagert hatte, holte er mehrmals tief Luft. Es war kein günstiger Moment, wenn man nur mit drei Gliedern einen Halt gefunden hatte, aber er nahm sich Zeit, um Kräfte zu gewinnen. Als sei sie ein selbständiges Wesen, glitt seine freie Hand erneut aufwärts, tastete über die Bruchstelle hinweg und fand einen anderen engen Spalt. Langsam verlagerte er sein Gewicht auf diese Hand. Langsam ... langsam. Sein linkes Knie spürte eine Stelle, die seinem Zeh Halt bieten würde. Er hob das Bein an, erreichte und prüfte sie. Die Erinnerung sagte ihm, daß er bald oben sein würde, aber er schob sie beiseite. Es gab jetzt nur noch den Aufstieg selbst und das Wissen, daß Leto am nächsten Tag hier ankam.
Leto und Hwi.
Darüber konnte er auch nicht nachdenken. Aber verdrängen konnte er den Gedanken auch nicht. Die Spitze ... Hwi ... Leto ... morgen ...
Jeder Gedanke trug zu seiner Verzweiflung bei und zwang ihn, sich sofort an die Kletterpartien seiner Kindheit zu erinnern. Je bewußter er über sie nachdachte, desto stärker wurden seine Fähigkeiten blockiert. Er legte gezwungenermaßen eine Pause ein und atmete bei dem Versuch, das innere Gleichgewicht wiederzufinden und in die natürliche Verhaltensweise seiner Vergangenheit vorzudringen, tief durch.
Aber war diese Verhaltensweise natürlich gewesen?
Da war ein Block in seinem Geist. Er spürte ein Eindringen, eine Endlichkeit ... die Fatalität dessen, was hätte sein können und nun niemals sein würde.
Leto würde morgen dort oben ankommen.
Idaho spürte, wie ihm der Schweiß über das Gesicht lief und den Felsen dort näßte, wo er es gegen das Gestein drückte.
Leto.
Ich werde dich besiegen, Leto. Ich werde dich um meiner selbst willen schlagen. Nicht für Hwi, nur für mich selbst.
Das Gefühl eines Selbstreinigungsprozesses machte sich in ihm breit. Es war jenem nicht unähnlich, das er in der Nacht erlebt hatte. Er hatte sich geistig auf den Aufstieg vorbereitet. Seine Schlaflosigkeit war Siona nicht verborgen geblieben. Sie hatte angefangen mit ihm zu reden und ihm die Einzelheiten ihrer verzweifelten Flucht durch den Verbotenen Wald und von ihrem Eid am Flußufer berichtet.
»Nun habe ich einen Eid abgelegt, seine Fischredner zu befehligen«, sagte sie. »Ich halte diesen Eid in Ehren, aber ich hoffe, es kommt erst gar nicht dazu, daß ich ihn erfüllen muß.«
»Was will er von dir?« fragte Idaho.
»Er hat vielerlei Motive. Ich kann
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