Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
ich nicht erneut nachdenken will! All das habe ich erlebt und am eigenen Leibe verspürt. Denjenigen, die es wagen, sich zu fragen, warum ich mich so und nicht anders verhalte, kann ich nur sagen: Es liegt an meinen Erinnerungen, daß ich nicht anders kann. Ich bin kein Feigling – und einst war ich ein Mensch.
Die gestohlenen Journale
In der warmen Jahreszeit – wenn die Satelliten, die das Wetter kontrollierten, dazu veranlaßt wurden, sich mit den Winden zu beschäftigen, die auf den großen Meeren bliesen – gab es am Rand der Sareer hin und wieder Regenfälle. Als Moneo von einer seiner periodischen Inspektionsfahrten vom Rande der Zitadelle zurückkehrte, geriet er in einen plötzlichen Schauer. Bevor er die Unterkunft erreichte, war es dunkel. Am Südportal half ihm eine Gardistin der Fischredner aus seinem feuchten Umhang. Es war eine untersetzte, vierschrötige Frau mit eckigem Gesicht. Damit gehörte sie genau jenem Typus an, den Leto in seiner Garde bevorzugte.
»Man sollte es diesen verdammten Wetterfröschen endlich mal zeigen«, sagte sie, während sie Moneo den feuchten Umhang reichte.
Bevor er sich an den Aufstieg in sein Quartier machte, nickte er ihr kurz zu. Die Fischredner-Gardisten wußten allesamt über die Abneigung, die der Gott-Kaiser der Feuchtigkeit entgegenbrachte, Bescheid, aber keine von ihnen wußte so viel wie er.
Es ist der Wurm, der kein Wasser ausstehen kann, dachte Moneo. Den Shai-Hulud verlangt es nach der Wüste.
In seiner Unterkunft trocknete Moneo sich ab und zog, bevor er in die Krypta hinunterstieg, andere Kleider an. Er war nicht darauf aus, die Schattenseiten des Wurms herauszufordern. Es kam jetzt darauf an, eine ungestörte Unterhaltung mit Leto zu führen und ein paar offene Worte über die bevorstehende Wanderung zur Festivalstadt Onn zu wechseln.
Moneo schloß die Augen und lehnte sich gegen die Wand der sinkenden Liftkabine. Schlagartig überspülte ihn die Müdigkeit. Ihm war klar, daß er in den letzten Tagen zu wenig geschlafen hatte, aber eine Pause war weit und breit nicht in Sicht. Er beneidete Leto wegen seiner Fähigkeit, fast ohne Schlaf auszukommen. Ein paar Stunden Halbschlaf pro Monat schienen dem Gott-Kaiser völlig zu genügen.
Der Geruch der Krypta und der anhaltende Lift weckten Moneo aus seinem Dahindösen. Er öffnete die Augen und hielt Ausschau nach dem Gott-Kaiser, der im Mittelpunkt der großen Halle auf seinem Wagen lag. Moneo riß sich zusammen und machte sich auf den langen Weg, der vor dem schrecklichen Etwas endete. Wie erwartet, schien Leto wach zu sein. Dies zumindest war ein gutes Zeichen.
Leto hatte den Lift kommen hören und Moneo erwachen sehen. Der Mann sah müde aus, aber das war verständlich. Die Wallfahrt nach Onn ging Hand in Hand mit den ermüdenden Angelegenheiten, die die Besucher von den Außenwelten mit sich brachten. Moneo mußte sich um die Riten der Fischredner kümmern, die neuen Botschafter begrüßen, die Wachablösung leiten, Ruheständler verabschieden und Termine wahrnehmen, und jetzt war da auch noch ein neuer Duncan Idaho-Ghola, den es galt, in die reibungslos funktionierende Maschinerie des Imperiums einzuweisen. Moneo sah sich einem ständig größer werdenden Berg von Einzelheiten gegenüber und begann, sein wahres Alter zu zeigen.
Mal nachdenken, dachte Leto. Moneo wird eine Woche nach unserer Rückkehr aus Onn einhundertachtzehn Jahre alt sein.
Der Mann konnte diese Zeitspanne noch mehrere Male hinter sich bringen, wenn er das Gewürz zu sich nahm, aber das lehnte er ab. Leto hatte keinen Zweifel: Moneo war in jenem Stadium des Menschseins angelangt, in dem er sich nach dem Tod sehnte. Er hielt das Leben bloß noch aus, weil er sehen wollte, daß man Siona in den kaiserlichen Dienst übernahm, daß sie zur nächsten Leiterin der Kaiserlichen Fischredner-Gesellschaft wurde.
Meine Houris hatte Malky sie immer genannt.
Und Moneo wußte, daß Leto die Absicht hatte, Siona mit einem Duncan zu kreuzen. Es war Zeit.
Zwei Schritte vor dem Wagen blieb Moneo stehen und schaute zu Leto auf.
Irgend etwas in seinen Augen erinnerte Leto an den Blick eines heidnischen Priesters aus der Zeit der Erde, der sich fragte, ob mit dem Familienschrein noch alles in Ordnung war.
»Herr, du hast viele Stunden damit verbracht, den neuen Duncan zu beobachten«, sagte Moneo. »Haben die Tleilaxu mit seinen Zellen oder seiner Psyche etwas angestellt?«
»Er ist makellos.«
Moneo entfuhr ein tiefer Seufzer.
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