Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
Privatresidenzen, die allesamt von Vegetation umgeben waren. Diese privilegierten Landsitze wurden von pensionierten Schwestern und ausgewählten, treuen Familien bewohnt. Gezackte Berge, deren Gipfel oft von leuchtendweißem Schnee bedeckt waren, zogen die Grenze im Westen. Der Raumhafen lag zwanzig Kilometer östlich. Der Kern des Domstifts wurde von einer offenen Fläche umgeben, auf der eine besondere Rinderart graste: das Vieh war fremden Gerüchen gegenüber so empfindlich, daß es beim geringsten Versuch Fremder, in die Anlage einzudringen, in höchste Aufregung geraten und Lärm schlagen würde. Die inneren Heimstätten mit den Dornenhecken hatte vor langer Zeit ein Bashar angelegt – und zwar so, daß niemand – egal ob bei Tag oder Nacht – durch die verdrehten Bodenkanäle gelangen konnte, ohne gesehen zu werden.
All dies erschien zufällig und beiläufig, aber dennoch steckte dahinter eine ausgeklügelte Ordnung. Und das, wußte Taraza, kennzeichnete die Schwesternschaft.
Das Räuspern im Hintergrund erinnerte sie daran, daß eine der vehementesten Streiterinnen der Sitzung noch immer geduldig auf der Türschwelle stand.
Sie wartet auf meine Entscheidung.
Die Ehrwürdige Mutter Bellonda wollte, daß man Odrade »auf der Stelle« umbrachte. Man war zu keiner Entscheidung gekommen.
Diesmal bist du zu weit gegangen, Dar. Ich habe erwartet, daß du unabhängig und unerwartet reagierst. Ich habe es sogar gewollt. Aber so?
Die alte, dicke, gesunde, kaltäugige Bellonda, deren Bösartigkeit von besonderer Bedeutung war, wollte, daß man Odrade wie eine Verräterin behandelte.
»Der Tyrann hätte sie auf der Stelle zerschmettert!« sagte sie.
Ist das alles, was wir von ihm gelernt haben? fragte sich Taraza.
Bellonda hatte darauf hingewiesen, daß Odrade nicht nur eine Atreides, sondern auch eine Corrino war. Unter ihren Vorfahren hatte es sehr viele Kaiser, Vize-Regenten und mächtige Verwalter gegeben.
Mit dem ganzen Machthunger, den dies impliziert.
»Ihre Vorfahren haben Salusa Secundus überlebt!« wurde Bellonda nicht müde zu wiederholen. »Haben wir aus unseren Zuchterfahrungen denn nichts gelernt?«
Wir haben gelernt, Odrade hervorzubringen, dachte Taraza.
Nachdem sie die Gewürzagonie überlebt hatte, hatte man Odrade nach Al Dhanab geschickt, einer Welt, die Salusa Secundus nicht unähnlich war. Sie sollte absichtlich auf einem Planeten konditioniert werden, der einem ständige Prüfungen auferlegte: hohe Klippen und ausgetrocknete Schluchten, heiße und kalte Winde, wenig Feuchtigkeit, zuviel davon. Man hielt diese Welt für ein passendes Testgelände – zumal es um jemanden ging, dessen Bestimmung möglicherweise Rakis war. Aus solchen Konditionierungsprogrammen gingen zähe Überlebende hervor. Und die hochgewachsene, biegsame, muskulöse Odrade gehörte zu den Zähesten überhaupt.
Wie kann ich diese Situation retten?
Odrades neueste Botschaft besagte, daß jede Art von Frieden, sogar die Jahrtausende der Unterdrückung durch den Tyrannen, eine falsche Aura ausstrahlte, die sich für jene, die ihr zu sehr vertrauten, fatal auswirken könne. Und darin lag sowohl die Stärke als auch die Schwäche von Bellondas Argument.
Taraza hob den Blick und sah die auf der Schwelle wartende Bellonda an. Sie ist zu fett! Und sie protzt damit auch noch vor uns!
»Wir können Odrade ebensowenig eliminieren wie den Ghola«, sagte Taraza.
Bellondas Stimme war ruhig und gelassen: »Beide sind für uns nun zu gefährlich. Sieh doch nur, wie sie dich mit ihrem Bericht über diese Worte von Sietch Tabr aufgeweicht hat!«
»Hat die Botschaft des Tyrannen mich aufgeweicht, Bell?«
»Du weißt, was ich meine. Die Bene Tleilax haben keine Moral.«
»Lenk nicht vom Thema ab, Bell! Deine Gedanken sind mir zu sprunghaft. Was witterst du wirklich hinter der Sache?«
»Die Tleilaxu! Sie haben den Ghola für ihre eigenen Ziele eingespannt. Und jetzt will Odrade, daß wir ...«
»Du wiederholst dich, Bell.«
»Die Tleilaxu nehmen eine Abkürzung. Sie sehen etwas anderes in der Genetik als wir. Sie sehen die Sache nicht menschlich. Sie erzeugen Ungeheuer.«
»Tun sie das wirklich?«
Bellonda kam in den Raum hinein. Sie ging um den Tisch herum und blieb kurz vor Taraza stehen, wobei sie der Mutter Oberin die Sicht auf die Nische mit der Statuette Chenoehs blockierte.
»Eine Allianz mit den Priestern von Rakis: ja. Aber nicht mit den Tleilaxu.« Bellondas Gewand raschelte, als sie die geballte Faust
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