Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
der Tyrann möglicherweise immer noch seinen Goldenen Pfad behütete.
Das verfluchte Atreides-Talent!
»Nicht mehr als irgendein Geheimbund?«
Taraza knirschte frustriert mit den Zähnen.
»Erinnerungen reichen nicht, wenn sie dich nicht zu einem edlen Ziele führen!«
Und was war, wenn es stimmte? Wenn die Schwesternschaft die Musik des Lebens wirklich nicht mehr hörte?
Er soll verflucht sein! Der Tyrann konnte also noch immer auf sie einwirken.
Was will er uns damit sagen? Sein Goldener Pfad konnte nicht in Gefahr sein. Dafür hatte die Diaspora gesorgt. Die Menschheit hatte sich in zahllose Richtungen hin ausgebreitet – wie die Borsten eines Stachelschweins.
Hatte er eine Vision gehabt, die die Heimkehr der zurückkehrenden Verlorenen betraf? Hatte er möglicherweise diesen Dornenteppich auf seinem Goldenen Pfad vorausgesehen?
Er wußte, daß wir seine Kräfte richtig einschätzen würden! Er wußte es!
Taraza dachte an die immer zahlreicher werdenden Berichte über die Verlorenen, die an ihren Ursprungsort zurückkehrten. Eine bemerkenswerte Mannigfaltigkeit von Völkern und Artefakten, die ein ebenso bemerkenswerter Grad an Heimlichtuerei umgab. Es roch stark nach Konspiration. Nicht-Schiffe eigentümlicher Bauart, Waffen und Artefakte von atemberaubender Qualität. Verschiedene Völker und verschiedene Methoden.
Manche sind von einer erstaunlichen Primitivität. Jedenfalls oberflächlich betrachtet.
Und sie wollten mehr als nur Melange. Taraza wußte, was hinter dem eigentümlichen Mystizismus steckte, der die Verlorenen zurücktrieb: »Wir wollen eure alten Geheimnisse!«
Die Botschaft der Geehrten Matres war ihr äußerst verständlich: »Wir werden uns nehmen, was wir wollen.«
Odrade hat alles in der Hand, dachte sie. Sie hatte Sheeana. Und bald, wenn Burzmali Erfolg hatte, würde sie auch den Ghola haben. Sie hatte den obersten Meister der Tleilaxu. Sie hätte Rakis selbst haben können!
Wenn sie doch nur keine Atreides wäre!
Taraza warf den Worten, die noch immer über die Oberfläche der Tischplatte tanzten, einen Blick zu: ein Vergleich des neuesten Duncan Idaho mit all jenen, die man umgebracht hatte. Jeder neue Ghola hatte sich von seinem Vorgänger unterschieden. Das war bekannt. Die Tleilaxu perfektionierten etwas. Aber was? Lag der Hinweis in ihren neuen Gestaltwandlern? Die Tleilaxu arbeiteten fraglos an einem Gestaltwandler, den man nicht erkennen konnte – an einem Wesen, dessen Mimikryfähigkeiten perfekt waren. Imitatoren, die die Erinnerungen ihrer Opfer nicht nur oberflächlich kopierten, sondern auch ihre tiefsten Überzeugungen und ihre Identität. Es ging um eine Form der Unsterblichkeit, die weit über das hinausging, was die Tleilaxu-Meister gegenwärtig schon vollbringen konnten. Und aus diesem Grund folgten sie offenbar ihrem derzeitigen Kurs.
Tarazas persönliche Analyse stimmte mit der ihrer Beraterinnen überein: ein Imitator dieser Art würde mit der kopierten Person identisch sein. Odrades Berichte über den falschen Tuek gaben ihr in höchstem Maße zu denken. Möglicherweise waren nicht einmal mehr die Tleilaxu-Meister fähig, einen Gestaltwandler dieser Art in seiner Tarnexistenz und seinem Verhalten zu erschüttern.
Und in seinem Glauben.
Verdammte Odrade! Sie hatte ihre Schwestern ganz schön in die Ecke gedrängt. Jetzt hatten sie keine Wahl mehr, als sich ihrer Führung anzuvertrauen. Und das wußte sie!
Woher wußte sie es? Lag es wieder einmal an diesem unkontrollierbaren Talent?
Ich kann nicht blind handeln. Ich muß Gewißheit haben.
Taraza wandte eine alte, wohlbekannte Methode an, um wieder zur Ruhe zu kommen. Sie wagte es nicht, in einer frustrierten Stimmung Entscheidungen zu treffen. Ein Blick auf die Statuette Chenoehs half. Sie erhob sich von ihrem Stuhlhund und begab sich an ihr Lieblingsfenster.
Oftmals regte es sie ab, wenn sie die Landschaft musterte und beobachtete, wie sich die Distanzen während der täglichen Bewegungen des Sonnenlichts und des wohlgeplanten planetaren Wetters änderten.
Sie verspürte ein starkes Hungergefühl.
Heute werde ich die Helferinnen und Laienschwestern verspeisen.
Manchmal half es ihr, die Jüngeren um sich zu versammeln und sich die gleichbleibenden Essensriten in Erinnerung zu rufen – den täglichen Ablauf: Morgen, Mittag, Abend. Das erzeugte ein verläßliches Fundament. Es machte ihr Spaß, sich die Leute anzusehen. Sie waren wie tiefere Erkenntnisse verheißende Gezeiten, die von nie
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