Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
mit denen Tarazas. »Auf dem Höhepunkt der Diaspora«, sagte sie, »sind wir zwanzig Prozent unserer Versager losgeworden.«
»Es sind keine Versager, die jetzt zu uns zurückkehren.«
»Aber der Tyrann wußte genau, daß dies passieren würde!«
»Die Diaspora war sein Ziel, Bell. Es war sein Goldener Pfad: das Überleben der Menschheit!«
»Aber wir wissen, was er von den Tleilaxu hielt, und er hat sie trotzdem nicht ausgelöscht. Er hätte es tun können, aber er hat es nicht getan!«
»Er wollte Vielfalt.«
Bellonda ließ eine Faust auf den Tisch fallen. »Und die hat er wahrlich bekommen!«
»Über all das haben wir schon bis zum Erbrechen geredet, Bellonda, und ich sehe immer noch keinen Weg, wie wir dem, was Odrade arrangiert hat, entgehen könnten.«
»Unterwerfung!«
»Überhaupt nicht! Haben wir uns etwa je ganz und gar einem jener Kaiser unterworfen, die vor dem Tyrannen herrschten? Nicht einmal Muad'dib haben wir uns unterworfen!«
»Wir sitzen immer noch in der Falle, die der Tyrann uns gestellt hat«, sagte Bellonda anklagend. »Sag mal, wieso haben die Tleilaxu überhaupt weiterhin seine Lieblingsghola produziert? Das geht doch nun seit Jahrtausenden so! Der Ghola spaziert aus ihren Tanks wie ein Aufziehpüppchen.«
»Glaubst du, daß die Tleilaxu einen Geheimbefehl des Tyrannen befolgen? Dann würdest du nur für Odrade sprechen, denn sie hat die ausgezeichneten Umstände geschaffen, die es uns ermöglichen, dies herauszufinden.«
»Er hat nie einen Befehl dieser Art gegeben! Er hat nur dafür gesorgt, daß der Ghola auf die Bene Tleilax äußerst anziehend wirkt.«
»Und auf uns nicht?«
»Mutter Oberin, wir müssen auf der Stelle dafür sorgen, daß wir uns aus der Falle des Tyrannen befreien. Und zwar mit der direktesten Methode.«
»Die Entscheidung liegt bei mir, Bell. Ich neige immer noch zu einer vorsichtigen Allianz.«
»Dann sollten wir wenigstens den Ghola umbringen. Sheeana kann Kinder haben. Wir könnten ...«
»Dies hier ist kein reines Zuchtprojekt, und es war auch nie als solches geplant!«
»Aber es könnte eines werden. Was ist, wenn du dich bezüglich der Macht geirrt hast, die die Hellsichtigkeit der Atreides ausmacht?«
»Alle deine Vorschläge führen uns von Rakis und den Tleilaxu fort, Bell!«
»Mit der Melange, die wir gegenwärtig eingelagert haben, könnte die Schwesternschaft fünfzig Generationen überdauern. Wenn wir rationieren, noch mehr.«
»Hältst du fünfzig Generationen für eine lange Zeit, Bell? Erkennst du nicht, daß diese Haltung genau der Grund ist, aus dem du nicht meine Position einnimmst?«
Bellonda stieß sich von dem Tisch ab, ihr Stuhl scharrte rauh über den Boden. Taraza erkannte, daß sie sie nicht überzeugt hatte. Man konnte Bellonda nicht mehr länger trauen. Vielleicht würde sie sogar diejenige sein, die sterben mußte. Und wo lag darin das edle Ziel?
»Wir kommen so nicht weiter«, sagte Taraza. »Laß mich allein!«
Nachdem Bellonda gegangen war, dachte Taraza erneut über die Nachricht Odrades nach. Sie verkündete Unheil. Es war leicht zu verstehen, warum Bellonda und die anderen so gewalttätig reagiert hatten. Es zeigte deutlich ihre Unbeherrschtheit.
Es ist noch nicht an der Zeit, den Letzten Willen und das Testament der Schwesternschaft niederzuschreiben.
Auf eine seltsame Weise teilten Odrade und Bellonda zwar die gleiche Angst, aber die Angst brachte sie auch zu unterschiedlichen Entscheidungen. Odrades Interpretation der Botschaft, die sie auf den Stufen von Rakis gelesen hatte, übermittelte eine alte Warnung:
Auch dies ist vergänglich.
Kommt das Ende auf uns zu? Werden die raubgierigen Horden aus der Diaspora uns zerschmettern?
Aber das Geheimnis der Axolotl-Tanks lag fast in Reichweite der Schwesternschaft.
Wenn wir es erringen, kann uns nichts mehr aufhalten!
Taraza ließ ihren Blick über die Einzelheiten des Raums schweifen. Die Macht der Bene Gesserit hatte noch Bestand. Das Domstift lag verborgen hinter einem Wall aus Nicht-Schiffen. Niemand kannte seine Position – nur ihre eigenen Leute. Unsichtbarkeit.
Zeitweilige Unsichtbarkeit! Zufälle konnte es immer geben.
Taraza reckte die Schultern. Ergreife Vorsichtsmaßnahmen, aber lebe nicht in ständiger Heimlichkeit in ihren Schatten! Die Litanei gegen die Furcht diente einem nützlichen Zweck, wenn es galt, den Schatten aus dem Weg zu gehen.
Abgesehen von Odrade hätte jeder andere weniger ängstlich auf die warnende Botschaft reagiert, daß
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