Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
dort oben, Dar? Genug verdünnt für dich?«
Welch blöde Vorstellung! dachte Odrade. Und er weiß es. Sie ist überhaupt nicht verdünnt. Die Luft war dick vom Atmen jener, die sie umgaben, und das schloß auch die mit ein, die unbedingt ihres lebhaften Daseins teilhaftig werden wollten, Ideen hatten (manchmal die, man sei für ihren Posten viel besser geeignet), ihr etwas offerierten oder abverlangten. Verdünnt, haha! Sie hatte das Empfinden, daß Teg ihr etwas mitteilen wollte. Aber was?
»Manchmal muß ich ein Autokrat sein!«
Sie hörte sich dies zu ihm sagen, während eines Spaziergangs durch die Gärten. Sie hatte ihm erklärt, was ein ›Autokrat‹ ist und hinzugefügt: »Ich habe die Macht und muß sie einsetzen. Es langweilt mich entsetzlich.«
Du hast die Macht, also nutze sie! Das war es, was der Bashar-Mentat ihr erzählte. Bring mich um – oder laß mich frei, Dar!
Dennoch versuchte sie Zeit zu schinden. Und er wußte es. »Miles, Burzmali ist tot, aber er hat eine Reservestreitmacht hier zurückgelassen, die er persönlich ausgebildet hat. Die besten ...«
»Belästige mich nicht mit unwichtigen Einzelheiten!« Welch eine Kommandostimme! Dünn und piepsend, aber sonst wies sie alles Wichtige auf.
Ohne daß man es ihnen gesagt hatte, kehrten die Prokuratorinnen an die Luke zurück. Odrade winkte sie mit einer ärgerlichen Geste beiseite. Erst anschließend wurde ihr klar, daß sie zu einer Entscheidung gelangt war.
»Gebt ihm seine Kleider zurück und bringt ihn hinaus!« sagte sie. »Und bringt Streggi her!«
Bei ihrem Erscheinen sagte Teg etwas, daß Odrade sich fragte, ob sie einen Fehler gemacht hatte.
»Was ist, wenn ich nicht auf deine Weise kämpfen will?«
»Aber du hast gesagt ...«
»Ich habe viele Dinge in meinem ... in meinen Leben gesagt. Kampf verstärkt nicht das moralische Empfinden, Dar.«
Odrade (auch Taraza) hatte den Bashar mehr als einmal über dieses Thema reden hören. »Die Kriegsführung hinterläßt einen Nachgeschmack von ›friß, sauf und sei fröhlich‹, der oftmals unerbittlich zu einem moralischen Zusammenbruch führt.«
Korrekt. Aber sie wußte nicht, was er mit diesem kleinen Wink bezweckte. »Für jeden Veteran, der mit einer neuen Einstellung zurückkehrt (›Ich habe überlebt, weil Gott es so gewollt hat‹), kommen mehrere nach Hause, die ihre Verbitterung kaum verbergen können und bereit sind, ›den leichten Weg‹ zu wählen, weil sie von ihm so viel während der seelischen Belastung des Krieges gesehen haben.«
Es waren Tegs Worte – aber ihr Glaube.
Streggi eilte in den Raum, aber bevor sie etwas sagen konnte, gab Odrade ihr mit einem Handzeichen zu verstehen, daß sie zur Seite treten und schweigend abwarten solle.
Zum ersten Mal hatte die Akoluthe den Mut, der Mutter Oberin nicht zu gehorchen.
»Duncan sollte erfahren, daß er wieder eine Tochter hat. Mutter und Kind sind wohlauf.« Sie sah Teg an. »Hallo, Miles.« Erst dann zog Streggi sich an die Rückwand zurück und verfiel in Schweigen.
Sie ist besser, als ich erhofft habe, dachte Odrade.
Idaho entspannte sich auf seinem Sitzplatz. Erst jetzt spürte er, wie sehr seine Besorgnis sich in das eingemischt hatte, was ihm hier vorgeführt worden war.
Teg nickte Streggi zu und sagte zu Odrade: »Noch irgendwelche Worte, um sie Gott ins Ohr zu flüstern?« Es war unerläßlich, um ihre Beachtung zu erringen und sich darauf zu verlassen, daß Odrade es erkannte. »Falls nicht, ich bin wirklich am Verhungern.«
Odrade hob einen Finger, um Streggi zu signalisieren. Sie hörte, wie die Akoluthe hinausging.
Sie spürte nun, wohin Teg ihre Aufmerksamkeit richtete. Er sagte: »Vielleicht habt ihr diesmal wirklich eine Spur geschaffen.«
Eine Spitze, gezielt auf die Prahlerei der Schwesternschaft: »Wir lassen keine Spurenanhäufungen in unserer Vergangenheit zu. Spuren verbergen oft mehr, als sie enthüllen.«
»Manche Spuren enthüllen mehr, als sie verbergen«, sagte Teg. Er sah Idaho an. »Stimmt's, Duncan?« Ein Mentat zum anderen.
»Ich bin überzeugt, daß ich auf eine weit zurückliegende Meinungsverschiedenheit gestoßen bin«, sagte Idaho.
Teg sah Odrade an. »Siehst du, Tochter? Ein Mentat erkennt eine weit zurückliegende Meinungsverschiedenheit, wenn er zuhört. Ihr gebt stolz bekannt, daß ihr jederzeit wißt, was von euch verlangt wird, aber das Ungeheuer, das euch jetzt erwartet, habt ihr selbst erschaffen!«
»Mutter Oberin!« Eine Prokuratorin, die nicht zulassen
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