Dune 07 - Die Jäger des Wüstenplaneten
Melange hinunter, bevor er die Nerven verlieren konnte, dann nahm er noch etwas mehr und verzehrte es ebenfalls. Schließlich fühlte er sich, als wäre er an den Rand einer steilen Klippe getreten, lehnte sich zurück und schloss die Augen. In den Gliedmaßen spürte er bereits eine kribbelnde Taubheit. Sein Körper verarbeitete die Substanzen, die er zu sich genommen hatte, und die befreite Energie strömte durch die einst vertrauten Wege durch seinen Atreides-Körper.
Dann stürzte er in den Abgrund der Zeit.
Als es um ihn herum immer dunkler wurde und er immer tiefer in Trance fiel, auf der Suche nach dem verlorenen Weg, der in ihm war, nahm Paul Schlaglichter wahr, bekannte Gesichter: seinen Vater Herzog Leto, Gurney Halleck und die eiskalte Schönheit von Prinzessin Irulan. Auf dieser Ebene waren seine Gedanken unkonzentriert. Er konnte nicht unterscheiden, ob es sich um echte Erinnerungen handelte oder nur um hochkochende gespeicherte Daten, die aus Berichten stammten, die er im Archiv gelesen hatte. Er hörte Worte, die seine Mutter Jessica ihm vorlas, die Verse eines deftigen Liedes, das Gurney zum Baliset sang, Irulans erfolglose Verführungsversuche. Aber das war nicht das, was er gesucht hatte.
Paul stieß tiefer vor. Das Gewürz ließ die Bilder deutlicher werden, bis die Details viel zu intensiv wurden, kaum noch zu unterscheiden waren. Plötzlich verbanden sich die Fragmente, und er sah eine wahre Vision, als würde ein Schnappschuss der Realität in seinem Geist explodieren. Er spürte, dass er auf kaltem Boden lag. Er blutete aus einer tiefen Messerwunde. Warmes Blut floß auf den Boden. Sein eigenes Blut. Mit jedem Schlag seines langsamer werdenden Herzens verlor er mehr und mehr vom Lebenssaft.
Es war eine tödliche Wunde, das war ihm genauso klar wie jedem Tier, das sich zum Sterben verkroch. Pauls Gedanken rasten. Er versuchte um sich zu blicken, um zu sehen, wo er war und wer bei ihm war. Sein Leben würde verblassen, bis er hier starb ...
Wer hatte ihn getötet? Wo befand sich dieser Ort?
Zuerst dachte er, er wäre der uralte blinde Prediger, der in der Menge vor dem Tempel der Alia im heißen Arrakeen starb ... aber dies war nicht der Wüstenplanet. Es gab keine Menge, kein sonniges, heißes Wüstenklima. Paul konnte das Muster einer verzierten Decke über sich erkennen, und in der Nähe plätscherte ein seltsamer Springbrunnen. Er war in irgendeinem Palast, einer großen Halle mit Kuppel und Kolonnaden. Vielleicht war es der Palast des Imperators Muad'dib, wie das Modell, das die Ghola-Kinder im Freizeitraum gebaut hatten. Er konnte es nicht sagen.
Dann erinnerte er sich aus seinen Studien in der Bibliothek an ein Ereignis. Graf Fenring hatte ihn mit einem Messer angegriffen ... ein Mordversuch, durch den die Tochter von Feyd-Rautha und Lady Fenring auf den Thron gekommen wäre. Damals wäre Paul fast gestorben.
Sah er ein Erinnerungsbild dieses entscheidenden Augenblicks in den ersten Jahren seiner Herrschaft, während der blutigsten Phase seines Djihad? Es wirkte so lebensecht!
Aber warum schob sich von allen Erinnerungen, die noch in ihm verborgen sein mochten, ausgerechnet diese in den Vordergrund seines Bewusstseins? Welche Bedeutung hatte sie?
Noch etwas anderes schien nicht zu stimmen. Diese Erinnerung fühlte sich unkristallisiert und ohne Dauerhaftigkeit an. Vielleicht hatte die Melange gar nicht sein Gedächtnis als Ghola aktiviert. Was war, wenn es sich stattdessen um die berühmte prophetische Gabe der Atreides handelte? Vielleicht war es die Vision einer tödlichen Gefahr, die erst in der Zukunft drohte.
Als er sich unruhig auf dem Bett wand und tief in der Gewürztrance lag, spürte Paul den Schmerz der Wunde, als wäre sie unerträglich real. Wie kann ich verhindern, dass dies geschieht? Ist es eine wahre Zukunft, die ich hier sehe, eine neue Vision, wie mein Ghola-Körper sterben wird?
Die Szene verschwamm vor seinen Augen. Paul lag verblutend am Boden, die Hände von Blut gerötet. Als Paul aufblickte, erkannte er zu seinem Erschrecken sich selbst, ein junges Gesicht, das große Ähnlichkeit mit dem hatte, das er regelmäßig im Spiegel sah.
Doch diese Version seines Gesichts war das pure Böse, mit spöttischen Augen und triumphierendem, schadenfrohem Gelächter.
»Du wusstest, dass ich dich töten würde!«, rief sein anderes Ich. »Du hättest dich genauso gut selbst mit dem Dolch erstechen können.« Dann verzehrte er gierig mehr Gewürz, wie ein Sieger, der
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