Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
aus Hagal-Quarz stehen.
Die Tleilaxu waren dafür berüchtigt, mit Toten zu hantieren und biologische Grundstoffe aus Leichen zu gewinnen, aber sie waren fraglos brillante Genetiker. Eine ihrer ersten Schöpfungen war eine bemerkenswerte neue Nahrungsquelle gewesen, der ›Schwurm‹ (»das köstlichste Fleisch diesseits des Jenseits«), eine Kreuzung zwischen einem Riesenregenwurm und einem terranischen Schwein. Die meisten Menschen hielten Schwürmer immer noch für Mutationen, die im Tank herangezüchtet wurden – widerliche Geschöpfe, die schleimige, übelriechende Sekrete absonderten und deren zahlreiche Mäuler pausenlos Abfälle vertilgten. In diesem Zusammenhang wurden die Bene Tleilax von den meisten Menschen gesehen, obwohl sie gerne die marinierten Schwurm-Medaillons genossen, die in Soßen aus schmackhaften caladanischen Weinen serviert wurden.
Elrood rückte die knochigen Schultern gerade und blickte mit finsterer Miene auf seinen Besucher herab. »Was hat ... das hier zu suchen? Wer hat diesen Mann hereingelassen?« Der alte Kaiser schaute sich mit blitzenden Augen im großen Saal um. »Kein Tleilaxu-Meister ist jemals zu einer Privataudienz vor meinen Thron getreten. Woher weiß ich, dass er kein Gestaltwandler ist?« Elrood blickte auf seinen persönlichen Sekretär hinab, dann zu seinem Kammerherrn hinüber. »Und da es ihm überhaupt gelungen ist, in meinen Terminplan zu gelangen – woher weiß ich, dass Sie selbst kein Gestaltwandler sind? Unerhört!«
Der Sekretär wich entsetzt über diesen Verdacht zurück. Der kleinwüchsige Ajidica blickte zum Kaiser auf und ließ all die Abneigung und die Vorurteile über sich ergehen, ohne sich davon beeindrucken zu lassen. »Mylord Elrood, Sie können Tests durchführen lassen, die bestätigen werden, dass kein Tleilaxu die Identität irgendeines Mitglieds Ihres Hofstaats angenommen hat. Ich versichere Ihnen, dass ich kein Gestaltwandler bin. Genausowenig bin ich ein Assassine oder ein Mentat.«
»Und warum sind Sie hier?«, verlangte Elrood zu wissen.
»Ich wurde in meiner Eigenschaft als einer der führenden Wissenschaftler der Bene Tleilax hierher bestellt.« Der Zwerg hatte sich keinen Zentimeter von der Stelle gerührt, sondern blieb unbeirrt in seinen kastanienbraunen Gewändern am Fuß des Goldenen Löwenthrons stehen. »Ich habe einen kühnen Plan entwickelt, von dem sowohl die Kaiserliche Familie als auch mein Volk profitieren könnte.«
»Ich bin nicht interessiert«, sagte der Padischah-Kaiser. Er warf seinen Sardaukar einen Blick zu und hob die runzlige Hand, um ihnen den Befehl zu geben, den Besucher zwangsweise zu entfernen. Die Höflinge verfolgten die Szene gespannt und amüsiert.
Dann trat Hasimir Fenring rasch vor, da er wusste, dass ihm nur ein kurzer Moment blieb, um das Blatt zu wenden. »Hoheit, erlaubt mir zu sprechen?« Doch er wartete nicht ab, bis ihm die Erlaubnis erteilt wurde, sondern redete mit unschuldiger und interessierter Miene weiter. »Die Dreistigkeit des Auftritts dieses Tleilaxu hat meine Neugier geweckt. Ich würde mir gerne anhören, was er zu sagen hat.« Er blickte sich zu Hidar Fen Ajidica um, dessen Gesicht keinerlei Emotion zeigte und der sich nicht im Geringsten von der unfreundlichen Behandlung, die ihm zuteil wurde, erschüttern ließ. In seinem Verhalten deutete nichts darauf hin, dass er in irgendeiner Verbindung zu Fenring stand, der ihm persönlich die Idee eines synthetischen Gewürzersatzes vorgetragen hatte – eine Idee, die sehr schnell viele Anhänger unter den Wissenschaftlern der Tleilaxu gefunden hatte.
Kronprinz Shaddam nahm den Faden auf und blickte mit argloser, erwartungsvoller Miene zu seinem Vater auf. »Vater, du hast mich ermahnt, so viel wie möglich aus dem Beispiel deiner Herrschaft zu lernen. Für mich wäre es äußerst aufschlussreich, wenn ich beobachten könnte, wie du diese Situation mit aufgeschlossenem Geist und fester Hand meisterst.«
Elrood hob die ringverzierte, zitternde Hand. »Also gut, wir werden uns kurz anhören, was dieser Tleilaxu zu sagen hat. Kurz – unter Androhung schwerer Strafe, falls wir zu der Erkenntnis gelangen sollten, dass er unsere kostbare Zeit vergeudet. Schau zu und lerne.« Der Kaiser warf Shaddam einen knappen Blick zu, dann nahm er einen Schluck Gewürzbier. »Es sollte nicht allzu viel Zeit beanspruchen.«
Wie wahr, Vater. Dir bleibt wirklich nicht mehr viel Zeit, dachte Shaddam, während er mit freundlicher Aufmerksamkeit
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