Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Besitz; alles gehörte der ganzen Gemeinschaft. Nachdem er einen so großen Teil seines Lebens völlig auf sich allein gestellt verbracht hatte, fiel es ihm schwer, eine derartige Mentalität zu akzeptieren.
Turok bot ihm nicht an, einen Teil seiner Ausrüstung zu tragen, sondern führte ihn eine steile Treppe hinauf, die in die Felswand geschlagen worden war. Kynes keuchte, aber er beklagte sich nicht. Sein Führer räumte ihm alle Hindernisse, Feuchtigkeitsbarrieren und Türsiegel aus dem Weg. Er vergewisserte sich immer wieder durch einen Blick über die Schulter, dass der Planetologe Schritt hielt, um daraufhin das Tempo zu erhöhen.
Schließlich traten sie durch einen Felsspalt auf dem geröllübersäten Gipfel ins Freie. Der junge Fremen hielt sich im kühlen Schatten der Felsen, während Kynes in das volle Sonnenlicht hinaustrat. Das Gestein war kupferbraun und nur stellenweise durch Flechten verfärbt. Ein gutes Zeichen, dachte er. Die ersten Fußabdrücke des ökologischen Wandels.
Als er den atemberaubenden Ausblick auf die Große Ebene in sich aufnahm, bemerkte er Dünen, die aus hellgrauen und bräunlichen, erst in jüngerer Zeit verwitterten Gesteinskörnern bestanden, sowie die buttergelben Erhebungen aus älterem, bereits vollständig oxidiertem Sand.
Die Würmer, die er gesehen hatte, und das Sandplankton in den gewürzreichen Zonen waren Anzeichen, dass es auf Dune bereits eine Grundlage für ein komplexes Ökosystem gab. Er war überzeugt, dass nur ein paar entscheidende Anstöße in die gewünschte Richtung nötig waren, um diese schlafende Welt erblühen zu lassen.
Die Fremen konnten es schaffen.
»Mann des Imperiums«, sagte Turok, als er aus dem Schatten vortrat, »was siehst du, wenn du auf diese Weise in die Wüste hinausstarrst?«
Kynes antwortete, ohne ihn anzuschauen. »Ich sehe unbegrenzte Möglichkeiten.«
* * *
In einem versiegelten Raum tief im Innern des Sietch saß der ergraute Heinar an einem Steintisch und blickte sich mit seinem Auge um. Der Naib versuchte, sich aus der Diskussion herauszuhalten, während sich die Mitglieder des Ältestenrats gegenseitig anschrien.
»Wir kennen die Herkunft und den Auftrag dieses Mannes«, sagte ein Alter namens Jerath. »Er arbeitet für das Imperium. Ihr habt sein Dossier gesehen. Und er hält sich als Gast der Harkonnens auf Dune auf.« Jerath trug einen silbernen Ring im linken Ohrläppchen, ein Schmuckstück, das von einem Schmuggler stammte, den er im Duell getötet hatte.
»Das bedeutet überhaupt nichts«, sagte ein anderer, Aliid. »Auch wir Fremen legen ab und zu andere Kleidung und andere Masken an, um die Rolle eines anderen zu spielen. Es ist eine sinnvolle Überlebensstrategie, wenn die Umstände es erforderlich machen. Gerade ihr solltet wissen, dass man niemandem nach seinem äußeren Anschein beurteilen darf.«
Garnah, ein erschöpft wirkender langhaariger Greis, stützte sein spitzes Kinn auf eine knochige Faust. »Am meisten ärgere ich mich über das, was die drei jungen Dummköpfe getan haben, nachdem der Planetologe ihnen gegen die Harkonnen-Soldaten geholfen hat. Jeder vernünftig denkende Erwachsene hätte den Schatten dieses Mannes bedenkenlos zu denen der sechs Hunde geschickt, die bereits am Boden lagen ... natürlich nicht ohne ein gewisses Bedauern, aber trotzdem hätte es so und nicht anders geschehen müssen.« Er seufzte. »Die Jungen sind einfach zu unerfahren und schlecht ausgebildet. Sie hätten sich niemals allein in der Wüste aufhalten dürfen.«
Heinar blähte die Nasenflügel. »Du kannst ihnen keinen Vorwurf wegen ihrer Entscheidung machen, Garnah. Sie waren moralisch dazu verpflichtet – schließlich hat Pardot Kynes ihnen das Leben gerettet. Selbst ungestüme junge Männer wie sie erkannten, dass sie eine Wasserschuld auf sich geladen hatten.«
»Aber was ist mit ihrer Verpflichtung gegenüber dem Rotwall-Sietch und unserem Volk?«, gab der langhaarige Alte zurück. »Wiegt eine Schuld gegenüber einem Diener des Imperiums etwa schwerer als die Loyalität zum Sietch?«
»Hier geht es gar nicht um die Jungen«, warf Aliid ein. »Ommun, Turok und Stilgar haben nur getan, was sie für das Beste hielten. Jetzt ist es an uns, über das Schicksal dieses Planetologen zu entscheiden.«
»Er ist ein Verrückter«, sagte Jerath. »Habt ihr ihn reden gehört? Er träumt von Bäumen, offenen Seen, Bewässerungsgräben, Feldfrüchten – er stellt sich einen grünen Planeten vor, wo jetzt nur
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