Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
über die vielen Erlebnisse und Erfahrungen überquoll. Und gleichzeitig hatte sie sich danach gesehnt, ein neues Leben mit dem Mann zu beginnen, den sie so verzweifelt liebte.
Shando hatte ihre Affäre mit Dominic geheim gehalten und Elrood in gutem Einvernehmen verlassen, wie sie gedacht hatte, da sie ihren Dienst mit seinem Segen beendete. Sie und der Imperator hatten sich noch ein letztes Mal geliebt und über ihre gemeinsamen glücklichen Erinnerungen gesprochen. Elrood hatte nicht verstanden, warum sie Kaitain verlassen wollte, aber er hatte ja noch so viele andere Konkubinen. Ihr Verlust hatte ihm nicht allzu viel bedeutet ... bis er erfahren hatte, dass sie aus Liebe zu einem anderen Mann gegangen war.
Shandos überstürzte Flucht von Ix war etwas ganz anderes als ihr Aufbruch von Kaitain. Sie seufzte bitter. »Nach einer Regierungszeit von fast anderthalb Jahrhunderten hat Roody gelernt, wie man Rache durch Abwarten versüßt.«
Dominic, der jeden Schatten der Eifersucht weit hinter sich gelassen hatte, kicherte über den Kosenamen. »Jedenfalls hat er es uns jetzt heimgezahlt. Nun müssen wir uns in Geduld üben und nach einem Weg suchen, unser Haus wieder in den früheren Stand zu versetzen. Wenn nicht für uns, dann zumindest für unsere Kinder.«
»Ich vertraue darauf, dass Paulus Atreides für ihre Sicherheit sorgt«, sagte Shando. »Er ist ein guter Mann.«
»Doch wir können auf niemanden sonst vertrauen, was unsere eigene Sicherheit betrifft«, erwiderte Dominic. »Auf dieses Ziel werden wir unsere ganze Kraft richten müssen.«
Dominic und Shando würden bald getrennte Wege gehen, neue Identitäten annehmen und sich auf abgelegenen Planeten ein Versteck suchen, während sie hofften, eines Tages wieder miteinander vereint zu sein. Sie hatten der Gilde ein beträchtliches Bestechungsgeld gezahlt, damit es keine Aufzeichnungen über ihren letzten Zufluchtsort gab. Das Ehepaar klammerte sich aneinander, weil beide wussten, dass von nun an nichts mehr in ihrem Leben sicher war.
Vor ihnen lag der unerforschte Weltraum.
* * *
Allein inmitten der Überreste der vom Krieg erschütterten ixianischen Hauptstadt verbarg sich C'tair Pilru in einem winzigen abgeschirmten Raum. Er hoffte, dass die Suboiden ihn hier nicht fanden. Es schien seine einzige Chance zu sein, das Gemetzel zu überleben.
Seine Mutter hatte ihm einst diesen Ort gezeigt, der hinter einer Kerkerwand des Großen Palais lag und durch eine dicke Felsschicht geschützt war. Als Mitglieder des Hofs von Ix und als Söhne des Botschafters auf Kaitain hatte man C'tair und D'murr eine persönliche Zuflucht zugewiesen, wo sie im Notfall Schutz suchen konnten. Mit der gleichen methodischen Effizienz, die ihre tägliche Arbeit als Gilde-Bankerin auszeichnete, hatte sich S'tina auf alle Eventualitäten vorbereitet und Wert darauf gelegt, dass sich ihre Söhne stets daran erinnerten. Verschwitzt, hungrig und verängstigt hatte C'tair das Versteck inmitten des Chaos, der Feuergefechte und der Explosionen zu seiner Erleichterung unversehrt vorgefunden.
Dann erst hatte ihn der Erkenntnisschock getroffen, was mit seiner Stadt – seiner Welt – geschehen war. Er konnte nicht glauben, wie viel bereits verloren war, wie viel Zivilisation sich in Dreck, Blut und Rauch verwandelt hatte.
Sein Zwillingsbruder war von der Gilde fortgebracht worden, um ihn zum Navigator auszubilden. Anfangs hatte er um diesen Verlust getrauert, doch nun bedeutete es, dass wenigstens D'murr vor der Revolution in Sicherheit war. C'tair wünschte niemandem, all das durchzumachen, was er in den vergangenen Tagen erlebt hatte ... aber er hoffte, dass sein Bruder inzwischen irgendwie von den Neuigkeiten erfahren hatte. Oder wurde die Aktion sorgfältig von den Tleilaxu vertuscht?
C'tair hatte versucht, Kontakt zu seinem Vater aufzunehmen, aber der Botschafter saß auf dem Höhepunkt der Krise auf Kaitain fest. Zwischen Feuer und Verwüstungen und blutgierigen Suboiden-Banden hatte C'tair seine einzige Überlebenschance darin gesehen, sich zu verstecken. Der dunkelhaarige junge Mann würde zweifellos getötet werden, wenn er versuchte, in die Verwaltungsgebäude des Hauses Vernius zu gelangen.
Seine Mutter war bereits tot.
C'tair hatte die Leuchtgloben in der engen Zelle ausgeschaltet und horchte auf das schwache Beben, das von fernen Kämpfen zeugte, und das viel lautere Geräusch seines eigenen Atems, seines eigenen Herzschlags. Er war am Leben.
Vor drei Tagen
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