Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
ihm aus der durchtrennten Halsschlagader.
Kynes wollte etwas rufen, aber er beherrschte sich, während seine Wut immer unbändiger wurde. Während er allein durch die Wüste gefahren war, hatte er großartige Pläne geschmiedet, sich die Hilfe der Fremen zu sichern und einen fruchtbaren Ideenaustausch einzuleiten. Er hatte davon geträumt, sie als Arbeitsheer für seine schillernde Vision einer ökologischen Transformation einzusetzen. Sie sollten seine zuverlässigen Verbündeten werden, seine engagierten Assistenten.
Und jetzt wollten diese idiotischen Harkonnens ohne ersichtlichen Grund seine Arbeiter töten, die Werkzeuge, mit denen er den Planeten umgestalten wollte! Das durfte er nicht zulassen.
Während der eine Fremen im Sand lag und langsam verblutete, griffen die anderen beiden mit einer Wildheit an, die Kynes verblüffte. »Taqwa!«, schrien sie.
Zwei Harkonnens fielen dem Überraschungsangriff zum Opfer, und ihre vier noch übrigen Kameraden hatten es offenbar nicht eilig, ihnen zu Hilfe zu kommen. Zögernd rückten die blau uniformierten Soldaten wieder gegen die Jugendlichen vor.
Kynes war so entrüstet über das ungerechte Verhalten der Harkonnens, dass er instinktiv handelte. Schnell und lautlos näherte er sich dem Trupp von hinten. Er schaltete seinen individuellen Schild ein und zog die kurze Klinge, die er zur Selbstverteidigung mit sich führte – eine Waffe, die für den Einsatz gegen Schilde gedacht und deren Spitze mit Gift präpariert war.
Während der harten Jahre auf Salusa Secundus hatte er gelernt, damit zu kämpfen – und damit zu töten. Seine Eltern hatten in einem der berüchtigtsten Gefängnisse des Imperiums gearbeitet, und Kynes hatte sich im Zuge seiner Forschungsarbeit häufig in einer Umwelt aufgehalten, in der er sich gegen gefährliche Raubtiere verteidigen musste.
Er stieß keinen Kampfruf aus, weil er damit das Überraschungselement zunichte gemacht hätte. Kynes hielt seine Waffe bereit. Er war nicht ausgesprochen tapfer, sondern nur fest entschlossen. Als würde sie von einer Macht getrieben, die außerhalb Kynes' Einfluss stand, drang die spitze Messerklinge langsam durch den Körperschild des nächsten Harkonnen-Soldaten und schließlich durch Haut, Fleisch und Knochen. Das Messer zerfetzte die Nieren des Mannes und durchtrennte seine Wirbelsäule.
Kynes riss die Waffe heraus und drehte sich halb nach links, um sie einem zweiten Soldaten in die Seite zu stoßen, der gerade zum Angriff auf ihn ansetzte. Der Schild verlangsamte die Bewegung der vergifteten Klinge, doch dann drang auch sie ungehindert in den weichen Unterleib des Mannes, wo sie eine tiefe Wunde riss.
Damit lagen zwei weitere Harkonnens tödlich verwundet am Boden, bevor irgendjemand auch nur einen Schrei hatte ausstoßen können. Nun waren es vier – einschließlich der beiden, die die Fremen bereits getötet hatten. Die noch übrigen zwei Soldaten starrten schockiert auf diese unvermittelte Änderung der Situation, dann schrien sie wütend über die Kühnheit des hochgewachsenen Fremden auf. Sie tauschten Kampfsignale aus und verteilten sich. Sie konzentrierten sich nun mehr auf Kynes als auf die Fremen, die bereit schienen, sich notfalls mit den Fingernägeln zu verteidigen.
Wieder rückten die Fremen gegen ihre Angreifer vor. Und wieder schrien sie: »Taqwa!«
Einer der zwei noch überlebenden Harkonnen-Soldaten schlug mit seinem Schwert nach Kynes, aber der Planetologe konnte ihm schnell genug ausweichen. Er war immer noch wuterfüllt und vom Sieg über seine ersten beiden Gegner berauscht. Er riss den Arm hoch, drang durch den Schild und schlitzte seinem Angreifer die Kehle auf. Der Mann ließ das Schwert fallen und griff nach seiner Kehle, im vergeblichen Versuch, das Blut zurückzuhalten.
Der fünfte Harkonnen brach zusammen.
Als die zwei Fremen sich anschickten, an ihrem einzigen noch verbliebenen Gegner Rache zu üben, beugte sich Kynes über den schwer verwundeten Jugendlichen und sagte zu ihm: »Bleiben Sie ganz ruhig. Ich werde Ihnen helfen.«
Der junge Mann hatte bereits eine beträchtliche Menge Blut verloren, aber Kynes hatte ein Medpak am Gürtel dabei. Er drückte ein Wundsiegel auf den zerfetzten Hals und injizierte dann Ersatzplasma und hochwirksame Stimulanzien, um das Opfer am Leben zu erhalten. Er fühlte dem jungen Mann den Puls und spürte einen gleichmäßigen Herzschlag.
Erst jetzt bemerkte Kynes, wie schwer die Verletzung wirklich war. Es erstaunte ihn, dass der
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