Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen
Gurney Halleck schien ebenfalls bereit, einen Mord zu begehen, und blickte sich unsicher zu Hawat und Jessica um. Als die Tleilaxu-Leibwachen mit sichtlicher Anspannung reagierten, stellte sich Hawat darauf ein, das Problem mit einem schnellen, blutigen Kampf aus der Welt zu schaffen.
Der Tleilaxu-Vertreter runzelte die Stirn. »Wollen Sie etwa unsere Vereinbarung brechen?«
»Ich habe keine Vereinbarung getroffen, die ich brechen könnte. Ich bin zum Entschluss gelangt, dass Ihr Preis zu hoch ist – für Rhombur, für Victor und für meine Seele. Ihre Reise nach Caladan war leider umsonst.« Die Stimme des Herzog war kräftig und sicher. »Es wird keinen Ghola meines erstgeborenen Sohns geben, und Sie werden meinen Freund Prinz Vernius nicht bekommen.«
Verblüfft verfolgten Thufir, Gurney und Jessica die Szene.
Leto schien zu einer unerschütterlichen Entscheidung gelangt zu sein. »Ich verstehe, dass Sie immer wieder versuchen, sich an mir zu rächen, obwohl ich im Verwirkungsverfahren von aller Schuld freigesprochen wurde. Ich habe geschworen, dass ich Ihre Schiffe im Heighliner nicht angegriffen habe, und das Wort eines Atreides gilt mehr als alle Gesetze des Imperiums. Ihre Weigerung, mir zu glauben, beweist nur Ihre Dummheit.«
Der Tleilaxu schien kurz vor einem Wutanfall zu stehen, doch Leto fuhr mit scharfer, kalter Stimme fort, die Zaaf zum Schweigen brachte. »Inzwischen habe ich von den Hintergründen dieses Angriffs erfahren. Ich weiß, wer es getan hat und wie es bewerkstelligt wurde. Doch da ich keinen handfesten Beweise besitze, würde es nichts nützen, Sie darüber zu informieren. Außerdem scheinen die Bene Tleilax ohnehin nicht an der Wahrheit interessiert zu sein – sondern nur am Preis, den Sie mir möglicherweise entlocken können. Aber ich werde ihn nicht bezahlen .«
Auf einen Pfiff von Hawat stürmte die bereitstehende Hauswache der Atreides herein und setzte die Tleilaxu-Leibwachen fest, während Gurney und Hawat vortraten, um den wutschäumenden Meister Zaaf in die Mitte zu nehmen.
»Ich fürchte, wir benötigen die Dienste der Tleilaxu nicht. Weder heute noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt«, sagte Leto. Dann wandte er ihm einfach den Rücken zu. »Gehen Sie heim.«
Hawat war es ein Vergnügen, den entrüsteten Tleilaxu aus der Burg zu führen.
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Für das Individuum ist die Entdeckung der persönlichen Sterblichkeit ein Schock. Für die Spezies gilt das nicht. Sie muss nicht sterben.
Pardot Kynes, Eine Arrakis-Fibel
Von allen ökologischen Demonstrationsprojekten, die Pardot Kynes initiiert hatte, bedeutete ihm die Treibhaushöhle im Gipsbecken am meisten. Mit seinem Statthalter Ommun und fünfzehn hart arbeitenden Fremen bereitete Kynes eine Expedition dorthin vor.
Seine Pläne sahen gar nicht vor, dass er in der Höhle Pflanzungen leitete oder Inspektionen durchführte, aber er wollte einfach das fließende Wasser, die Kolibris, die Früchte und bunten Blumen sehen. Das alles repräsentierte seine Vision von der Zukunft Dunes.
Die Fremengruppe nahm einen Wurm, nachdem sie den sechzigsten Breitengrad überquert hatte, der die nördlichen bewohnten Regionen begrenzte. In all den vielen Jahren hatte Kynes niemals den Ehrgeiz besessen, selbst zu einem Sandreiter zu werden, daher errichtete Ommun auf dem Rücken des Wurms eine Sänfte für den Planetologen. Alte Frauen wurden auf diese Weise befördert, aber Kynes war es überhaupt nicht peinlich. Er musste niemandem etwas beweisen.
Vor langer Zeit, als Liet erst ein Jahr alt gewesen war, hatte Pardot seine Frau Frieth und ihr Kind zum Gipsbecken geführt. Frieth war eine Frau, die nur selten Erstaunen oder andere überschwängliche Gefühle zeigte, doch war sie sprachlos gewesen, als sie erstmals die Treibhaushöhle, das dichte Laub, die Blumen und die Vögel erblickt hatte. Kurz zuvor waren sie auf dem Weg zum zerklüfteten Berg mit der verborgenen Höhle von einer Harkonnen-Patrouille angegriffen worden. Frieth hatte mit der Schnelligkeit und Effektivität einer Fremen-Frau reagiert und das Leben ihres Mannes und Sohnes gerettet.
Kynes unterbrach seine Gedankengänge und kratzte sich den Bart. Er wusste gar nicht, ob er sich dafür jemals bei ihr bedankt hatte ...
Seit dem Hochzeitstag seines Sohnes, seit er von Liet wegen seiner Zerstreutheit und unabsichtlichen Gefühllosigkeit getadelt worden war, hatte Kynes sehr viel nachgedacht und versucht, eine Bilanz seines Lebens zu ziehen: seine Jahre auf
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