Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
Oberbashar zu melden hatte, wenn er demnächst mit der Imperialen Flotte von Korona zurückkehrte. Es würde ein aufregender Bericht werden!
Mohiam ließ sich nicht beirren. »Nur eine qualifizierte Medizinschwester kann ihr helfen, Herr.« Ihre Stimme nahm einen sanfteren Unterton an. »Und die Schwesternschaft leistet derartige Dienste, ohne sie dem Haus Corrino in Rechnung zu stellen.«
Der Suk-Arzt wollte aufbrausen, aber der Imperator brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. Die Dienste der Suks waren sehr kostspielig, und so viel wollte Shaddam eigentlich nicht für Anirul ausgeben. »Vielleicht ist es das Beste, wenn meine liebe Frau von ihresgleichen behandelt wird.«
Hinter den hohen Türen lag Lady Anirul im unruhigen Schlaf. Gelegentlich stieß sie einen Schwall von bedeutungslosen Worten und seltsamen Lauten aus. Obwohl er es niemandem eingestehen würde, empfand Shaddam eine heimliche Zufriedenheit, dass sie möglicherweise dem Wahnsinn verfiel.
* * *
Die Medizinschwester Aver Yohsa war eine kleine, rundliche Frau in schwarzem Gewand. Sie hatte nur eine kleine Schultertasche dabei, als sie ins Schlafzimmer stürzte, ohne jede Rücksicht auf die Sardaukar-Wachen und die Hofetikette.
Lady Margot Fenring verschloss die Türen des Zimmers, um Störungen zu vermeiden, und sah Mohiam an, die mit einem Nicken antwortete. Mit schnellen, sicheren Bewegungen gab Yohsa der Kwisatz-Mutter eine Injektion in den Halsansatz. »Sie wird von den inneren Stimmen bestürmt. Damit werden die Weitergehenden Erinnerungen gedämpft, sodass sie Ruhe findet.«
Yohsa stand neben dem Bett und schüttelte den Kopf. Sie zog ihre Schlussfolgerungen ohne die Spur eines Zweifels. »Anirul könnte zu tief in die vergangenen Leben eingedrungen sein, ohne sich von einer Schwester führen und unterstützen zu lassen. Ich habe solche Fälle schon ein paarmal erlebt, und sie können sehr dramatisch sein. Es ist eine Art von Besessenheit.«
»Wird sie sich erholen?«, fragte Mohiam. »Anirul ist eine Bene Gesserit von Verborgenem Rang, und zur Zeit hat sie wichtige Aufgaben zu erfüllen.«
Yohsa nahm kein Blatt vor den Mund. »Ich kann nichts zu Rängen oder Aufgaben sagen. In medizinischen Angelegenheiten, insbesondere bei Problemen mit komplexen geistigen Funktionen, gibt es keine einfachen Antworten. Sie hat einen Anfall erlitten, und wenn sie weiterhin unter dem Einfluss der Stimmen steht, hat das ... ernsthafte Auswirkungen auf ihren Zustand.«
»Seht, wie friedlich sie jetzt schläft«, sagte Margot mit sanfter Stimme. »Wir sollten sie allein lassen. Sie soll in Ruhe träumen.«
* * *
Die Schlafende träumte von der Wüste. Ein einzelner Sandwurm floh über die Dünen. Er versuchte einem gnadenlosen Verfolger zu entkommen, der so lautlos und unerbittlich wie der Tod war. Obwohl der Wurm riesig war, wirkte er im unermesslichen Ozean aus Sand winzig und sehr verletzlich gegenüber Mächten, die viel größer waren als er.
Im Traum spürte Anirul den glühend heißen Sand auf ihrer wunden Haut. Sie wälzte sich im Bett hin und her und warf die seidene Bettdecke ab. Sie sehnte sich nach der Kühle einer schattigen Oase.
Unvermittelt fand sie sich im Geist des fremdartigen Wesens wieder. Ihre Gedanken bewegten sich über nichtmenschliche Nervenbahnen und Synapsen. Sie war der Wurm. Sie spürte die Reibung der Silikate unter ihrem segmentierten Körper und ein heißes Feuer in ihrem Bauch, während sie ihren verzweifelten Fluchtversuch unternahm.
Der unbekannte Verfolger kam näher. Anirul wollte in die sicheren Tiefen des Sandes abtauchen, aber sie war nicht dazu in der Lage. In ihrem Albtraum war kein Laut zu hören, nicht einmal die Geräusche ihrer eigenen Bewegungen. Aus ihrer langen, mit Kristallzähnen besetzten Kehle drang ein stummer Schrei.
Warum fliehe ich? Wovor habe ich Angst?
Plötzlich setzte sie sich auf. In ihren geröteten Augen stand ein abgrundtiefer Schrecken. Sie war auf den kalten Fußboden gestürzt. Ihr Körper war aufgeschürft und in Schweiß gebadet. Die geheimnisvolle Katastrophe war immer noch da und näherte sich, aber sie hatte keine Ahnung, worum es sich handelte.
63
Wenn sie allein sind, verhalten sich Menschen anders als in Gegenwart anderer Menschen. Die private Persönlichkeit geht in unterschiedlichem Umfang in der öffentlichen auf, aber die Einheit ist niemals vollständig. Immer wird etwas zurückgehalten.
Lehre der Bene Gesserit
Die Sonne
Weitere Kostenlose Bücher