Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
medizinisches Labor als eine Klinik handelte. Hochrangige Gilde-Angestellte konsumierten so viel Melange, dass sie nur selten ärztliche Hilfe benötigten. Deshalb war das Krankenhaus nur mit dem Allernotwendigsten ausgestattet. Selbst wenn die Raumgilde sich die Mühe gemacht hätte, einen Suk-Arzt kommen zu lassen, wäre dieser womöglich außerstande gewesen, einen Menschen mit einem so stark veränderten Metabolismus zu behandeln.
»Fragen, aber keine Fakten«, sagte einer der vier Spezialisten. »Versteht irgendjemand, was hier geschehen ist?«
»Sein Körper zeigt eine ungewöhnliche Reaktion auf Melange«, sagte ein anderer mit blauen Haaren und buschigen Brauen, die seine Augen fast verdeckten.
»Warum sollte ein Gildemann plötzlich negativ auf seine tägliche Melangedosis reagieren? Das ist absurd!«, sagte ein dritter Spezialist. Obwohl alle unterschiedlich aussahen, klangen ihre Stimmen völlig identisch, als würde ein viergeteiltes Lebewesen Selbstgespräche führen.
Auf dem Bett erzitterte das Opfer in einem besonders heftigen Krampf. Die Spezialisten hielten inne und blickten sich gegenseitig an.
Ein Leuchtzeichen signalisierte eine eintreffende Nachricht, dann erschien auf einem Wandbildschirm des Forschungslabors eine neue zusammenfassende Analyse. Ein Spezialist überflog die Informationen. »Bestätigt. Die Melange selbst war verdorben.« Er ging die weiteren Daten durch. »Die chemische Formel des Gewürzes, das er zu sich genommen hat, ist verändert. Deshalb hat sein Körper eine Abwehrreaktion eingeleitet.«
»Wie kann Melange verdorben sein? Handelt es sich um eine absichtliche Vergiftung?«
Die Spezialisten berieten sich und zogen weitere Daten zu Rate. Im Raum herrschte grelles Licht, das von den sterilen weißen Wänden reflektiert wurde und sie wie blasse Gespenster erscheinen ließ. Sie hielten Abstand zum Koordinator und beobachteten, wie er sich wandte. Er schien sich nicht bewusst zu sein, dass er nicht allein war.
»Wird er überleben?«, fragte einer.
»Keine Ahnung?«
»Vielleicht ist dies schon der zweite Vorfall«, sagte der blauhaarige Spezialist. »Wir wissen, dass auch der Navigator, dessen Heighliner kürzlich vom Kurs abkam, Probleme durch verdorbenes Gewürzgas hatte.«
»Die Befragung der Passagiere ist noch im Gange. Die Öffentlichkeit des Imperiums wurde noch nicht über diesen Unfall informiert.«
»Es ist bereits der dritte Fall«, stellte ein anderer Spezialist richtig. »Damit erklärt sich auch der Absturz auf Wallach IX. Die derzeit verfügbare Melange ist von minderwertiger Qualität.«
»Aber wir haben keine gemeinsame Quelle des Problems gefunden. Dieser Mann hat eine größere Menge von Gewürz zu sich genommen, deren Herkunft bis zu einem Händler von Beakkal zurückverfolgt werden konnte. Möglicherweise hat der Senat ein illegales Lager aufgelöst, aus Angst vor dem Ultimatum des Imperators. Die zwei Navigatoren erhielten ihr Gewürz aus regulären Gilde-Vorräten, aber aus unterschiedlichen Quellen.«
»Wir stehen vor einem Rätsel.«
»Das Gewürz muss fließen.«
»Die gesamte Ernte und Weiterverarbeitung der Melange wird vom Imperator kontrolliert. Wir müssen die Unterstützung des Hauses Corrino anfordern.«
Gleichzeitig wandten sich die Spezialisten dem breiten Filterfenster zu und blickten auf das triste Feld der Navigatoren hinaus. Dort wurde mit einem mechanischen Kran eine Gedenktafel zu Ehren der zwei toten Gildenavigatoren errichtet. Ein anderer Navigator flog in seinem Tank über das Feld hinweg und bereitete sich auf eine lange Rundreise mit seinem Heighliner vor. Der meditierende Navigator schwebte über der Fläche mit den namenlosen Tafeln und beriet sich mit dem uralten Herzen der Raumgilde, dem Orakel der Unendlichkeit.
Auf dem Krankenhausbett schrie der vergiftete Gildemann so laut, dass ihm Blut aus dem Mund sprühte. Krämpfe ließen ihn wie ein mittelalterliches Folteropfer zucken. Die vier Spezialisten standen neben seinem Bett und hörten, wie Muskeln rissen und Wirbel brachen ... Sie sahen hilflos zu, wie er starb.
»Wir müssen Shaddam IV. hinzuziehen«, sagten die Spezialisten im Chor. »Uns bleibt keine andere Wahl.«
74
Die Art, wie du eine Frage stellst, verrät deine Grenzen – welche Antworten du akzeptieren wirst und welche du zurückweisen oder missverstehen wirst.
Karrben Fethr,
Die Idiotie imperialer Politik
Nach den Lektionen von Zanovar und Korona hatte Shaddam IV. das Gefühl,
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