Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
Zugang zur genetischen Vergangenheit hatte als jede andere lebende Schwester. Trotzdem wäre es ratsam gewesen, eine solche Reise nicht ohne die Unterstützung anderer Schwestern zu unternehmen.
Sie spürte etwas, einen Wirbel im Fluss der Weitergehenden Erinnerungen. Lobia, rief sie mit der Stimme ihres Geistes. Die Unruhe verstärkte sich, als würde sie sich einem Raum voller lauter Menschen nähern. Sie nahm wehende Schleier in Farbtönen wahr, die sie niemals für möglich gehalten hätte, hauchdünne Schichten, die sie nicht durchdringen konnte.
Lobia! Wo bist du?
Doch ihr antwortete keine einzelne Stimme, sondern die vielen Stimmen schwollen zu einer heulenden Menge an. Sie schrien ihr Warnungen vor einer Katastrophe zu. Das machte ihr Angst, und ihr blieb keine andere Wahl als die Flucht.
Anirul erwachte und sah die Umgebung ihres Zimmers wie durch einen Nebel. Es fühlte sich an, als hätte sie einen Teil von sich zurückgelassen, der nun im kollektiven Geist der Bene Gesserit gefangen war. Sie rührte keinen Muskel, als sie sich von den Weitergehenden Erinnerungen und ihren furchterregenden Warnungen löste.
Sie spürte ein leises Kribbeln auf ihrer Haut, das allmählich stärker wurde. Als sie sich schließlich wieder bewegen konnte, klärte sich auch ihr Sichtfeld.
Die inneren Stimmen spürten, dass etwas Furchtbares und Unvorhergesehenes geschehen würde. Es hatte etwas mit dem lang erwarteten Kwisatz Haderach zu tun, von dem sie nur noch eine Generation entfernt waren. Die Saat keimte bereits im Leib der ahnungslosen Jessica. Und die Stimmen warnten vor einer Katastrophe ...
Anirul würde eher den Untergang des Imperiums in Kauf nehmen, als dieses Kind in Gefahr zu bringen.
* * *
In der Abgeschiedenheit ihrer geräumigen Gemächer trank die Kwisatz-Mutter Gewürztee und benutzte die geheime Flüstersprache der Bene Gesserit, während sie sich mit der Ehrwürdigen Mutter Mohiam unterhielt.
Mohiam kniff ihre Vogelaugen leicht zusammen. »Bist du dir sicher, dass du diese Vision richtig verstanden hast? Herzog Leto Atreides dürfte kaum bereit sein, Jessica einfach gehen zu lassen. Soll ich nach Caladan reisen, um sie zu beschützen? Sein kühner Angriff auf Beakkal provoziert möglicherweise Vergeltungsschläge durch seine Feinde, und auch Jessica könnte in Gefahr geraten. Ist es das, was du gesehen hast?«
»In den Weitergehenden Erinnerungen gibt es keine Gewissheit, nicht einmal für die Kwisatz-Mutter.« Anirul nahm einen tiefen Schluck vom süßen Tee und stellte die Tasse wieder ab. »Aber Sie dürfen nicht gehen, Mohiam. Sie müssen hier im Palast bleiben.« Ihr Gesichtsausdruck wurde hart. »Ich habe Nachrichten von Wallach IX erhalten. Die Mutter Oberin Harishka hat Sie erwählt, Lobia als Wahrsagerin des Imperators zu ersetzen.«
Mohiam ließ sich weder Überraschung oder Begeisterung noch irgendeine andere Emotion anmerken. Sie konzentrierte sich ganz auf das Thema. »Wie sollen wir dann für die Sicherheit Jessicas und des Kindes sorgen?«
»Ich habe entschieden, dass wir sie nach Kaitain bringen, für die noch verbleibende Dauer ihrer Schwangerschaft. Auf diese Weise können wir das Problem lösen.«
Mohiams wirkte erleichtert. »Ein ausgezeichneter Vorschlag. So ist es uns möglich, sie jederzeit im Auge zu behalten.« Sie lächelte über die Ironie. »Aber Herzog Leto wird nicht damit einverstanden sein.«
»Die Wünsche eines Mannes sind in dieser Angelegenheit ohne Bedeutung.« Anirul ließ sich in ihren Sessel zurücksinken und hörte, wie die Velva-Polsterung des Sitzkissens knisterte. Sie fühlte sich unendlich erschöpft. »Jessica wird ihre Tochter hier im Palast des Imperators zur Welt bringen.«
16
Die Stabilisierung der Gegenwart dient weit verbreiteten Ansichten zufolge der Wahrung des Gleichgewichts, doch ein solches Unternehmen erweist sich zwangsläufig als sehr gefährlich. Gesetz und Ordnung sind tödliche Faktoren. Jeder Versuch, die Zukunft zu beherrschen, führt dazu, dass sie deformiert wird.
Karrben Fethr, Die Idiotie imperialer Politik
Nachdem er einen Tag im überfüllten Vergnügungspark von Zanovar verbracht hatte, fühlte sich Magister Glax Othn so alt wie nie zuvor in seinem Leben ... oder so jung. Er trug einen bequemen Anzug aus hellgrünem Twill und spürte, wie er sich allmählich entspannte. Immer seltener dachte er an die geheimnisvolle Gefahr, die seinem Schützling Tyros Reffa drohte.
Er lachte mit den schreienden
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