Dune Legenden 01 - Butlers Djihad
am Kittel ab. »Hat es Ihnen neue Erkenntnisse vermittelt, mich heimlich auszuspionieren?«
»Ich kann Sie jederzeit unbemerkt ausspionieren. Und ich lerne eine Menge durch die Fragen, die ich stelle.« Sein wandelbares Gesicht aus metallischem Polymer zeigte nun den erstarrten Ausdruck unbeschwerter Fröhlichkeit. »Ich möchte, dass Sie die Blume aussuchen, die Ihrer Einschätzung nach die Schönste von allen ist. Ich bin neugierig auf Ihre Entscheidung.«
Erasmus hatte schon häufiger solche Spiele mit ihr getrieben. Er schien Schwierigkeiten damit zu haben, die Bedeutung subjektiver Entscheidungen zu verstehen, und wollte Ansichten und Geschmacksfragen nachvollziehbar machen. »Jede Blume ist auf ihre eigene Art schön«, sagte sie.
»Wählen Sie trotzdem eine aus. Und dann erklären Sie mir, warum Sie sich so entschieden haben.«
Sie schlenderte über die Wege und schaute sich um. Erasmus folgte ihr und registrierte genau, bei welchen Pflanzen sie zögernd innehielt.
»Sie besitzen messbare Eigenschaften wie Farbe, Form und Größe«, sagte der Roboter. »Abgesehen von den subtileren Variablen wie Duft und Empfindlichkeit.«
»Übersehen Sie nicht die emotionale Komponente.« Wehmut schwang in Serenas Stimme mit. »Manche dieser Pflanzen erinnern mich an meine Heimat Salusa Secundus. Bestimmte Blumen haben für mich einen größeren sentimentalen Wert, was nicht zwangsläufig für andere Personen gilt. Vielleicht erinnere ich mich daran, wie der Mann, den ich liebe, mir einmal Blumen geschenkt hat. Aber solche Assoziationen können Sie natürlich nie verstehen.«
»Sie weichen aus. Treffen Sie eine Entscheidung.«
Sie zeigte auf eine Elefantenblume mit hellen Streifen in Orange und Rot und einem hornförmigen Stigma im Zentrum. »Im Augenblick ist diese die Schönste für mich.«
»Warum?«
»Meine Mutter hat sie in unserem Garten gezüchtet. Als Kind fand ich sie nie besonders hübsch, aber nun erinnert sie mich an glücklichere Tage – bevor ich Ihnen begegnet bin.« Sofort bereute sie ihre Aufrichtigkeit, weil sie dadurch zu viel von ihren privaten Gedanken verriet.
»Sehr gut, sehr gut.« Erasmus ging gar nicht auf die Beleidigung ein, sondern starrte auf die Elefantenblume, als würde er sie mit sämtlichen Sensoren analysieren. Wie ein Weinkenner versuchte er ihre Duftnote zu beschreiben, aber in Serenas Ohren klangen seine Worte abstrakt. Es fehlten die emotionalen Feinheiten, die ihre Entscheidung beeinflusst hatten.
Doch seltsamerweise schien sich Erasmus seiner Mängel durchaus bewusst zu sein. »Ich weiß, dass Menschen manche Dinge viel genauer als Maschinen wahrnehmen können – noch. Maschinen besitzen jedoch ein viel größeres Potenzial, sich auf allen denkbaren Gebieten weiterzuentwickeln. Deshalb möchte ich alle Aspekte des intelligenten biologischen Lebens verstehen.«
Serena erschauderte unwillkürlich, als sie an seine versiegelten Laboratorien dachte, und sie wusste, dass seine geheimen Aktivitäten weit über das Studium von schönen Blumen hinausgingen.
Erasmus vermutete, dass sie an seinen Beobachtungen interessiert war. »Eine weiterentwickelte Denkmaschine könnte in intellektueller, kreativer und spiritueller Hinsicht vollkommener sein, als es einem Menschen je möglich wäre. Sie besäße eine beispiellose mentale Freiheit und Kapazität. Ich lasse mich von den Wundern inspirieren, zu denen wir imstande wären, wenn Omnius den anderen Maschinen nicht einen derartigen Zwang zur Konformität auferlegen würde.«
Serena hörte aufmerksam zu und hoffte, dass ihm weitere interessante Informationen entschlüpften. Waren seine Worte ein Hinweis auf einen potenziellen Konflikt zwischen Erasmus und dem Computer-Allgeist?
»Die Informationskapazität ist der Schlüssel«, fuhr der Roboter fort. »Maschinen können nicht nur mehr Rohdaten erfassen, sondern auch mehr Gefühle, sobald wir gelernt haben, sie zu verstehen. Wenn das geschehen ist, werden wir viel leidenschaftlicher lieben und hassen können als Menschen. Unsere Musik, unsere Kunstwerke werden viel großartiger sein. Wenn wir ein vollständiges Ichbewusstsein erlangt haben, werden die Denkmaschinen die größte Renaissance der Geschichte auslösen.«
Serena blieb skeptisch. »Sie können versuchen, sich noch so sehr zu verbessern, Erasmus, aber wir Menschen nutzen nur einen kleinen Teil unseres Gehirns. Deshalb besitzen wir ein großes Potenzial, neue Fähigkeiten zu entwickeln. Ihr Lernvermögen ist nicht
Weitere Kostenlose Bücher