Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
beschädigt worden, das Brandspuren und tiefe Furchen hinterlassen hatte, sagte er. Obwohl in einigen Sätzen Worte fehlten, erzählte der Rest von einem schrecklichen antiken Krieg, in dem viele Menschen auf grausame Weise gestorben waren. Schließlich sagte er: »Ich zitiere den namenlosen Propheten: ›Ein Jahrtausend voller Drangsal wird verstreichen, bevor unser Volk seinen Weg ins Paradies findet.‹«
Iblis wartete bis zu diesem Moment, dann ließ er ein strahlendes, überschwängliches Lächeln aufblitzen und rief: »Ist die Botschaft nicht eindeutig? Die freien Menschen haben eintausend Jahre unter den Cymeks und ihren Maschinenherren gelitten. Unsere Zeit der Drangsal ist vorbei – wenn wir es nur wollen.«
Das blaue Elektrafluid im Gehirntank der Kogitorin geriet in Bewegung, und der Sekundant gab Kwynas Botschaft an die Versammlung weiter. »Dieses Fragment des Runenstein enthält nicht die gesamte Prophezeiung. Die Botschaft ist unvollständig.«
Iblis ließ sich nicht von seiner Tagesordnung abbringen. »Wir müssen immer beidem ins Auge sehen – der Gefahr und der Verheißung des Unbekannten. Eine unserer Schlachtflotten ist nach IV Anbus aufgebrochen, um einem neuerlichen Überfall der Roboter entgegenzutreten – doch das ist nicht genug. Als freie Menschen müssen wir energischer handeln, um alle Synchronisierten Welten zurückzugewinnen und die versklavte menschliche Bevölkerung zu befreien. Nur auf diese Weise kann unsere Drangsal jemals enden, wie es der Runenstein prophezeit. Die vorhergesagten eintausend Jahre sind vergangen. Jetzt müssen wir den Weg zum Paradies beschreiten und die dämonischen Maschinen niederwerfen. Ich fordere eine Aufstockung der Djihad-Streitkräfte, zusätzliche Kriegsschiffe und pflichtbewusste Soldaten, die zu neuen Offensiven gegen Omnius aufbrechen.«
Stärkere Wirbel wühlten das blaue Fluid im Tank auf. »Und weitere Tote«, übersetzte der Sekundant.
»Und weitere Helden!« Iblis erhob die Stimme, sein Gesicht glühte vor Leidenschaft. »Wie die weise Kwyna sagt, ist dieses Runenfragment alles, was wir haben. Deshalb müssen wir als menschliche Wesen die bestmögliche Interpretation wählen. Haben wir den Mut, den Preis zu bezahlen, der für die Erfüllung dieser Prophezeiung notwendig ist?«
Bevor Kwyna irgendeine widersprechende Bemerkung machen konnte, dankte der Große Patriarch der Kogitorin und ihrem Assistenten. Obwohl Iblis die Denkerin verehrte, hatte Kwyna viel Zeit mit konträren Philosophien und Kontemplationen verbracht, ohne die Realitäten des Djihad zu verstehen.
Iblis jedoch hatte praktische Ziele. Sein enthusiastisches Publikum interessierte sich nicht für philosophische Haarspaltereien.
Die volltönende Stimme des Großen Patriarchen hob und senkte sich in einem exakt abgestimmten Rhythmus. »Unser Sieg wird mit menschlichem Blut erkauft. Serena Butlers kleiner Sohn hat diesen Preis schon gezahlt, genauso wie Millionen von tapferen Soldaten des Djihad. Der endgültige Sieg rechtfertigt nicht nur solche Kosten, er erfordert sie. Zu verlieren ist undenkbar. Unsere gesamte Existenz steht auf dem Spiel.«
Überall im Saal wurde genickt, und Iblis empfand eine tiefe Genugtuung. Obwohl der Sekundant stumm neben dem Plaz-Behälter stand, spürte der Große Patriarch, dass Kwyna ihm vielleicht sogar zustimmen würde. Niemand konnte sich seinen Worten und seiner Leidenschaft widersetzen. Sichtbare Tränen der Dankbarkeit schimmerten in Iblis' Augen – genug, um zu zeigen, wie sehr er sich wirklich um die Menschheit sorgte.
4
Man kann diesen neuen Djihad mit einem notwendigen Aufbereitungsprozess vergleichen. Wir entledigen uns der Dinge, die uns als Menschen zerstören.
Kogitorin Kwyna,
Archive der Stadt der Introspektion
Der kleine Junge lag friedlich und makellos in einem Sarg aus Kristall. Wie ein Funke in einer gläsernen Hülle war Manion Butler von allem isoliert, das in seinem Namen geschehen war. Und Serena teilte die Absonderung mit ihm innerhalb der Mauern der Stadt der Introspektion.
Sie kniete auf einer steinernen Plattform vor dem Schrein, wie sie es oft tat, und wirkte zugleich glückselig und verbittert. Vor langer Zeit hatten Verehrer den Vorschlag zurückgezogen, am besinnlichen Zufluchtsort eine schöne Bank zu errichten, auf der sie hätte sitzen und zu ihrem Kind beten können. Seit nunmehr vierundzwanzig Jahren hatte Serena sich ihren Gedanken, Erinnerungen und Alpträumen gewidmet, indem sie vor dem
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