Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
Befehle in Frage zu stellen.
Marha, die bis zuletzt geblieben war, hatte sich an Selim geklammert, und er hatte sie fest an sich gedrückt. Er hatte an das Leben gedacht, dass in ihrem Leib heranwuchs, und sich gewünscht, er hätte bei seiner Frau bleiben und sein Kind großziehen können. Aber der Ruf von Shai-Hulud war stärker. Er wusste, was er tun musste. Er musste Gottes Befehl folgen.
»Ich habe die richtige Entscheidung getroffen, als ich mich deinem Trupp angeschlossen habe«, hatte Marha mit einer Mischung aus Besorgnis und Verwunderung in den Augen gesagt. »Ich bete, dass dein Leben heute verschont wird, aber wenn es zum Schlimmsten kommt, Selim, werde ich dafür sorgen, dass unser Kind stolz auf dich ist.«
Er hatte ihr Gesicht berührt und gar nicht versucht, sie mit tapferen Sprüchen zu beruhigen. Er wusste nicht, was Shai-Hulud für ihn vorgesehen hatte. »Kümmere dich gut um unseren Sohn .« Er legte behutsam eine Hand auf ihren Bauch. »Die Melange hat mir gesagt, dass du einen gesunden Jungen auf die Welt bringen wirst. Du wirst ihm den Namen ... El'hiim geben. Eines Tages wird er ein guter Stammesführer sein, wenn er die richtigen Entscheidungen trifft.«
Ihr Gesicht hatte voller Hoffnung erstrahlt, doch dann hatte Selim sie aufgefordert zu gehen.
Als er nun allein in der Weite war, fühlte er sich einsam und klein, doch Shai-Hulud war bei ihm. Sein ganzes Leben, seine Vergangenheit und seine Zukunft, konzentrierte sich auf diesen Punkt. Selim empfand eine Zuversicht, die viel stärker war als alles, was er seit seiner ersten Vision vor etwa drei Jahrzehnten erlebt hatte.
Naib Dhartha war sein eingeschworener Feind und der Widersacher von Shai-Hulud. Der Zensunni-Führer hatte seine Seele an fremde Händler verkauft und verschacherte das Herzblut von Arrakis – die Melange. Er ließ sie in Bahnen fließen, in die sie nicht gehörte. In seinen Gewürzvisionen konnte Selim die Landschaft der Zeit überblicken, von einem Standpunkt, den nur ein Gott oder sein Bote einzunehmen imstande war. In der fernen Zukunft sah er den langsamen Tod der Sandwürmer ...
Viele Generationen würden sich an den Kampf des heutigen Tages erinnern und ihn in den nächsten Jahrhunderten immer wieder an den Lagerfeuern wiederbeleben. Selims Name würde vielleicht irgendwann vergessen sein, und die Details würden durch die Wiederholungen glattgeschliffen werden, aber die Essenz würde in die Mythologie der Wüstenwanderer Eingang finden. Das Volk würde sich an ihn erinnern und noch entschlossener gegen die Gewürzräuber vorgehen.
Im größeren Zusammenhang war es von eminenter Bedeutung, was er heute tat.
Er beobachtete, wie die verhassten Truppen der Fremden in einem Militärflugzeug landeten und in die Höhlen ausschwärmten, die Selim viele Jahre lang als Stützpunkt für seine Aktionen benutzt hatte. Seine Lippen verzogen sich, als er sah, dass Naib Dhartha noch mehr Schande über sich gebracht hatte, indem er sich mit gedungenen Kriegern von fremden Planeten zusammengetan hatte. Sie waren gut bewaffnet und bewegten sich mit tierhafter Wildheit.
Selim tat es weh, mit ansehen zu müssen, wie sie sein Heim entweihten, die Höhlen, in der er und seine Anhänger sich getroffen und gefeiert hatten, den Raum, in dem Marha und er sich zum ersten Mal geliebt hatten. Diese Eindringlinge hatten das Weiterleben nicht verdient.
Er saß mit gekreuzten Beinen im Sand und wartete, während sie die verlassene Siedlung plünderten. Allmählich wurde er ungeduldig, weil ihn immer noch niemand gesehen hatte. Er stellte die Trommel auf und schlug in kraftvollem, einfachem Rhythmus auf das Trommelfell. Die Töne hallten laut durch die klare Wüstenluft und über die Dünen.
Ein Ruf, eine Herausforderung.
Selim hörte schwache Rufe der Überraschung und Wut, dann stürmten die Krieger die Felsen herunter. Sie eilten zu ihrem Fluggefährt zurück. Die Triebwerke heulten auf, und Staub wirbelte empor, als sich der Transporter in die Luft erhob.
Naib Dhartha und seine Männer liefen zu Fuß über die Dünen.
Selim schlug härter auf die Trommel, in einem erbarmungslosen, beharrlichen Rhythmus. Es war ein Präzisionsinstrument, das er selbst angefertigt hatte. Der treue Jafar hatte ihm gezeigt, wie er die Metallstreben mit straff gewobenen Känguruhmausfellen bespannte. Diese Trommel hatte ihm jahrelang gute Dienste geleistet. Damit hatte er viele Würmer gerufen.
Der Transporter rauschte so tief über ihm vorbei, dass er
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