Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
davonrennen.
Der Wurm verschlang sein Opfer mitsamt gelbem Sand und pulvrigem Staub. Selim konnte die winzige menschliche Gestalt kaum noch erkennen, als sie im gewaltigen Schlund verschwand.
Gebannt starrte Marha hinaus. Jafar schüttelte den Kopf in trauriger Enttäuschung.
Selim nickte wie ein uralter weiser Mann. »Shai-Hulud hat den Kandidaten für mangelhaft befunden.« Er wandte sich an Marha. »Jetzt hast du die Gefahr gesehen. Wäre es nicht besser für dich, zu deinem Dorf zurückzukehren und Naib Dhartha um Verzeihung anzuflehen?«
»Im Gegenteil – mir scheint, dass ihr nun Platz für einen neuen Anhänger habt.« Sie starrte grimmig auf den Sand hinaus. »Ich bin immer noch entschlossen, den Wurm zu reiten.«
8
Standhaftigkeit. Glaube. Geduld. Hoffnung. Das sind die Schlüsselworte unserer Existenz.
Zensunni-Gebet
Das extravagante, aber sinnlose Bauprojekt auf Poritrin erforderte eine außergewöhnliche Arbeitsleistung. Folglich wurden Sklaven eingesetzt.
Ishmael arbeitete im heißen Rauch der Schiffswerften und im hallenden Lärm der angrenzenden Hochöfen. In Schweiß gebadet und mit Ruß und fettigem Staub beschmiert schuftete Ishmael an der Seite der anderen Gefangenen. Er befolgte Anweisungen und erwartete keine Rücksichtnahme. Das war die Überlebensstrategie der Zensunni, das Streben nach einem einigermaßen erträglichen Leben unter den Zwängen, die ihnen von ihren poritrinischen Sklavenhaltern auferlegt wurden.
An den Abenden im buddhislamischen Lager vereinte Ishmael sein Volk im Gebet und ermutigte die Menschen, den Glauben nicht zu verlieren. Er war der bedeutendste Zensunni-Gelehrte in ihrer Gruppe und hatte sich mehr Sutras und Gleichnisse eingeprägt als alle anderen. Infolgedessen wandten sie sich hilfesuchend an ihn, obwohl er selbst oft keine Antwort wusste.
Ishmael war fest davon überzeugt, dass ihre Gefangenschaft eines Tages enden würde, doch er war sich nicht mehr sicher, ob es noch während seiner Lebensspanne geschehen würde. Er war bereits vierunddreißig Jahre alt. Wie lange musste er noch darauf warten, dass Gott sein Volk in die Freiheit führte.
Vielleicht hatte Aliid doch Recht ...
Ishmael schloss die Augen und murmelte ein schnelles Gebet, bevor er an die Arbeit zurückkehrte. Metallischer Lärm und das Zischen von Nietlasern erfüllten die Luft.
Südlich der Hauptstadt Starda fächerte sich das Flussdelta des Isana auf und bildete zahlreiche flache Inseln, zwischen denen Schifffahrtskanäle verliefen. Lastkähne brachten Erze von den Minen weit im Norden zu den Produktionszentren.
In den vergangenen sechs Monaten hatte der Weise Tio Holtzman ein gewaltiges Arbeiterheer zusammengerufen, indem er mit dem Segen von Lord Niko Bludd Sklavengruppen vom ganzen Kontinent requirierte. Dieses groß angelegte Projekt hatte sich aus einem Vorschlag von Primero Vorian Atreides entwickelt und benötigte sämtliche Arbeitskräfte von Poritrin, sodass über tausend Arbeiter zu den Werksinseln gebracht worden waren. Stinkende, laute Fabriken verarbeiteten die Rohstoffe zu großen Bauelementen der Sternenschiffe, zu Rumpfplatten und Antriebsdüsen, die zur Montage in den Orbit gebracht werden würden.
Niemand hatte sich die Mühe gemacht, den Sklavengruppen diesen Plan zu erläutern. Wie Ameisen hatte jeder Mann und jede Frau eine bestimmte Aufgabe bekommen, und Aufseher überwachten den komplizierten Wirbel der Tätigkeiten von oben.
Für Ishmael war es nur eine weitere dreckige und schwere Arbeit. Er hatte während der letzten fünf Jahre in den Zuckerrohrfeldern, Minen und Fabriken in und um Starda geschuftet. Die leidenschaftlichen Zenschiiten wie auch die weniger radikalen Zensunni blieben unruhig, während ihre Herren sie zwangen, den gestiegenen Anforderungen von Serena Butlers galaktischem Krieg gerecht zu werden.
Als Ishmael noch ein Junge gewesen war, hatten Plünderer sein friedliches Dorf auf Harmonthep angegriffen. Sie hatten gesunde Zensunni-Siedler entführt und sie zum Dienst auf den Liga-Welten gezwungen, auf denen Sklaverei erlaubt war. Nach über zwanzig Jahren war Poritrin nun Ishmaels Welt geworden, gleichzeitig seine Heimat und sein Gefängnis. Er hatte das Beste aus seinem Leben gemacht.
Weil Ishmael keinen offenkundigen Ärger verursacht hatte, war es ihm gestattet worden, eine Frau zu nehmen, als er das Erwachsenenalter erreicht hatte. Schließlich wollten die Sklavenherren von Poritrin, dass ihr Bestand an Arbeitskräften
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