Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
hören. Für ihn hatte das Volk von Poritrin die alleinige Schuld. Weshalb sollte er sich um die Leben der Mannschaften an Bord dieser Schiffe Gedanken machen?
Seltsamerweise schienen sich die Vorarbeiter und Konstrukteure genauso wenig um die Qualität zu kümmern, als würde ihnen mehr daran liegen, die Schiffe schnell zu bauen, als sie funktionstüchtig und sicher zu machen.
Ishmael legte Wert auf sorgfältige Arbeit. Es zahlte sich nicht aus, sich in Einzelheiten und Fragen zu vertiefen, die den Zorn der Aufseher erregen konnten. Er kam besser zurecht, wenn er sich äußerlich taub stellte und den Funken seiner Identität tief in sich verborgen hielt. Nachts, wenn er Sutras für seine Zensunni-Anhänger rezitierte, rief er sich das Leben auf Harmonthep in Erinnerung und hörte wieder seinen Großvater, wie er die Schriften zitierte ...
Unerwartet läutete es zum Schichtende, und die Lichter in der lärmenden Eisenhütte wurden heller. Funken fielen wie winzige Meteore zu Boden, und Flaschenzüge hoben die Maschinen zurück an die Decken. Gebellte Worte aus Lautsprechern wurden vom Hintergrundlärm zerrissen. Uniformierte Aufseher kamen und schickten die Arbeitsgruppen in die Versammlungsräume.
»Lord Niko Bludd erlaubt der gesamten Bevölkerung von Poritrin, selbst den Sklavenarbeitern, eine Stunde der Entspannung und inneren Einkehr, um des Sieges der Zivilisation über die Barbarei zu gedenken, des Triumphes der Ordnung über das Chaos.«
Der zischende Krach des Hochofens und der Schiffswerften ließ nach. Die Sklavengruppen unterbrachen ihre Gespräche und blickten zu den Lautsprechern auf. Aufseher standen auf erhöhten Plattformen und starrten auf die Leute hinab, um sicherzustellen, dass sie zuhörten.
Nun waren die aufgezeichneten Worte von Lord Bludd deutlicher zu verstehen. »Vor vierundzwanzig Jahren haben meine Dragoner einen gewaltsamen und widerrechtlichen Aufstand beendet, der vom kriminellen Bel Moulay angeführt wurde. Dieser Mann verführte unsere Sklaven, indem er sie mit unsinnigen Versprechen verwirrte, um sie zu einem hoffnungslosen, sinnlosen Kampf zu verleiten. Glücklicherweise war unsere Zivilisation in der Lage, die Ordnung wieder herzustellen.
Heute ist der Jahrestag der Hinrichtung dieses Verbrechers. Wir feiern den Triumph der poritrinischen Gesellschaft und der Liga der Edlen. Alle Menschen müssen ihre Differenzen beilegen und unseren gemeinsamen Feind, die Denkmaschinen, bekämpfen.«
Aliid blickte finster drein, während er sich darum bemühte, einen trotzigen Ausbruch zu unterdrücken. Ishmael wusste, was sein Freund dachte. Die buddhislamischen Sklaven trugen unfreiwillig zur militärischen Kampagne gegen Omnius bei, indem sie in der Kriegsindustrie arbeiteten. Doch für die Gefangenen waren beide Seiten, die poritrinischen Sklavenhalter und die Maschinen, böse Dämonen – nur von unterschiedlicher Art.
»Heute Abend ist jeder Bürger von Poritrin eingeladen, an den Feiern teilzunehmen. Feuerblumen und Himmelsbilder werden von Flößen auf dem Fluss abgeschossen. Sklaven sind als Zuschauer ebenfalls willkommen, vorausgesetzt, sie bleiben in den gekennzeichneten Bereichen. Wenn wir zusammenarbeiten und unsere Stärke vereinen, kann Poritrin sich des Sieges über Omnius und der Freiheit von den Denkmaschinen gewiss sein. Niemand soll das Potenzial der Menschheit vergessen.«
Die Bekanntmachung endete, und die Vorarbeiter applaudierten pflichtschuldigst, doch die Sklaven fügten ihren Beifall nur zögernd hinzu. Aliids Miene verdüsterte sich hinter seinem schwarzen Bart, und er zog den Stofffetzen wieder hoch, um sein Gesicht zu verhüllen. Ishmael bezweifelte, dass die unaufmerksamen Aufseher seinen Ausdruck tiefsten Hasses bemerkten.
* * *
Nachdem die Nacht angebrochen war und die Sklaven in ihr Lager im sumpfigen Flussdelta zurückgekehrt waren, ließ Lord Bludd die extravaganten Festlichkeiten beginnen. Hunderte von phosphoreszierenden Ballonen erhoben sich in den Himmel. Feierliche Musik wehte über das Wasser. Selbst nach zwei Jahrzehnten auf Poritrin klangen die Melodien leicht atonal und fremd für Ishmael, während er bei seiner Frau Ozza und ihren beiden Töchtern saß.
Die Aristokraten von Poritrin bekannten sich zum gemäßigten bukolischen Navachristentum, doch ihre Glaubensgrundsätze hatten keinen Einfluss auf ihr tägliches Leben. Sie begingen ihre Feiertage und hielten sich an religiöse Formalitäten, doch die herrschende Klasse von
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