Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
Poritrin tat wenig, um ihren Glauben zu leben. Seit Jahrhunderten basierte ihre Wirtschaft auf Sklavenarbeit, seitdem sie hoch entwickelte Technik verworfen und alles aufgegeben hatten, was sie an Denkmaschinen erinnerte.
Die Sklaven hatten gelernt, jeden verfügbaren Moment für Erinnerungen zu nutzen. Ishmaels Mädchen Chamal und Falina waren vom Spektakel fasziniert, doch er selbst stand schweigend an der Seite seiner Frau und hing seinen Gedanken nach. Die Feier erinnerte ihn daran, wie brutal die Dragoner in den goldenen Rüstungen vor zwei Jahrzehnten gegen die Aufständischen durchgegriffen hatten. Lord Bludd hatte allen Sklaven befohlen, der Hinrichtung des Rebellenführers beizuwohnen, und Ishmael und Aliid hatten mit Grauen zugesehen, wie der Scharfrichter Bel Moulay nackt ausgezogen und in Stücke gehackt hatte. Dieser Aufstand hatte den Sklaven einen kurzen Schimmer der Hoffnung gegeben, doch der Tod ihres Anführers hatte ihren Willen gebrochen und eine dunkle Narbe auf ihren Herzen hinterlassen.
Schließlich traf sich Ishmael mit anderen Sklaven, um des gefallenen Bel Moulay zu gedenken. Er sah, dass auch Aliid ins Lager gekommen war, auf der Suche nach Ishmael und gemeinsamen Erinnerungen an das tragische Ereignis, das ihre Kindheit geprägt hatte.
Aliid stand neben Ozza, als Ishmael die vertrauten Sutras zitierte, die den Gläubigen das Paradies und die Freiheit versprachen. Sie ignorierten die geisterhaften Klänge der Musik und das militärische Krachen der Feuerblumen. Schließlich sprach Ishmael die Worte, die er schon oft – zu oft – benutzt hatte: »Es ist Gottes Versprechen, dass unser Volk eines Tages frei sein wird.«
Aliids dunkle Augen reflektierten den Glanz des Lagerfeuers. Seine Stimme war tief, aber klar, und darin lag eine siedende Drohung, die Ishmael beunruhigte. »Das schwöre ich – eines Tages werden wir unsere Rache bekommen.«
9
Erfinden ist eine Kunstform.
Tio Holtzman,
aus der Dankesrede anlässlich der Verleihung des Tapferkeitsordens von Poritrin
Während die Produktion der neuen Schiffe auf Poritrin auf Hochtouren lief, setzte der Weise Holtzman seine Arbeit auf Salusa Secundus fort. In einer isolierten Laborkammer innerhalb einer der höchsten Sicherheitszonen ging der legendäre Erfinder, die Hände in die Hüften gestemmt, auf und ab und runzelte missbilligend die Stirn. Es war die Haltung, die er immer dann annahm, wenn jemand von ihm erwartete, dass er etwas Wichtiges tat.
Dank der gepanzerten Wände und der von Zimia unabhängigen Energieversorgung war die große Regierungseinrichtung angeblich sicher und geschützt. Theoretisch war die Geisel Omnius völlig von der Außenwelt abgeschottet.
Doch dieses Labor war nicht so eingerichtet, wie Holtzman es sich gewünscht hätte. Er zog es vor, seine eigenen Diagnosegeräte und Analysesysteme zu verwenden – und Sklavenassistenten, die beschuldigt werden konnten, wenn etwas schief ging. Holtzman, ein kleiner gealterter Mann mit grauem Bart, rühmte sich, in der Lage zu sein, Mittel zu verwalten. Der Weise war davon überzeugt, dass er diesen Militärwissenschaftlern des Djihad mit guten Ratschlägen beistehen konnte. Falls ihm die Ideen ausgingen, würde er die Sachlage seinen vielen eifrigen Assistenten zu Hause auf Poritrin schildern müssen, die immer wieder Wege fanden, ihn zu beeindrucken.
Hinter sicheren durchsichtigen Absperrungen verfolgte die Gruppe der offiziellen Beobachter jede seiner Bewegungen. Anwesend war auch die Kogitorin Kwyna, die ein weiteres Mal aus ihrer friedlichen Kontemplation in der Stadt der Introspektion herausgerissen worden war. Selbst durch die undurchdringliche Barriere hindurch konnte Holtzman die Wut und Angst der Beobachter spüren.
Eine silberne Gelsphäre schwebte glitzernd vor ihm, während sie im unsichtbaren Suspensorfeld rotierte. Diese Inkarnation des Allgeistes stand völlig unter seiner Kontrolle. Unter anderen Umständen hätte er sich vor einer solchen Situation gefürchtet, doch nun schien der größte Feind der menschlichen Rasse nur noch ein winziges Ding zu sein. Ein Kinderspielzeug! Er hätte die komplexe Sphäre in einer Hand halten können.
Sie enthielt eine vollständige Kopie des Computer-Allgeistes, auch wenn es sich inzwischen um eine veraltete Version handelte. Während des Atomangriffs auf die Erde gleich zu Beginn des Djihad hatte Vorian Atreides dieses Update aus einem flüchtenden Roboterschiff erbeutet. Im Laufe der Jahre hatte
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