Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dungirri 01 - Schwarze Dornen

Titel: Dungirri 01 - Schwarze Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronwyn Parry
Vom Netzwerk:
sie sich vielleicht den Luxus erlauben, sich gehen zu lassen, zu weinen und zu trauern. Aber nicht jetzt.
    »Nein, Sir. Wir müssen gehen, Sir.«
    Als sie auf die Treppenstufen traten, wurde schon die Tür aufgerissen, und es gab kein Entkommen mehr vor dem schrecklichen, unvermeidlichen Moment, in dem alle Hoffnung, alles Licht aus Saras Augen wich; vor dem Augenblick, in dem sie verstand, noch ehe ein Wort gesprochen war, bevor Mitch aufheulte, wie kein Mensch es zu tun gezwungen sein sollte, bevor Sara in sich zusammenfiel und zu Boden glitt.
    Weil sie sie im Stich gelassen hatte.
    Nur mit äußerster Mühe gelang es Isabelle, nicht zusammenzubrechen, sich auf das Notwendige zu konzentrieren, ihre Arbeit zu tun. Wenn sie zuließe, dass sie etwas empfand, dann würde die brüchige Schale ihrer Selbstbeherrschung in tausend nutzlose Splitter zerspringen. Reiß dich zusammen.
    Nachdem sie das Haus endlich verlassen hatten, brachte sie den Superintendent zurück zu der winzigen Polizeistation und zwang sich, ihre nächste Aufgabe anzugehen. Eine unheimliche, unheilvolle Stille hatte sich über den Ort gesenkt. Auf der Hauptstraße standen die Menschen in Grüppchen beieinander, schüttelten den Kopf, wischten Tränen fort und schluchzten in Taschentücher.
    Sie starrten ihr mit kritischen, anklagenden Blicken nach, als sie vorüberfuhr, und weder Herz noch Verstand konnten ihnen diese Einstellung verübeln. Ein Kind war
gestorben, und sie und ihre Kollegen hatten es nicht verhindern können.
    Früher, vor langer Zeit, war Isabelle Teil dieser kleinen, isolierten Gemeinschaft gewesen. Letzte Woche erst war sie mit offenen Armen wieder aufgenommen worden; man hatte ihr, der Einheimischen unter all den fremden Polizisten, Vertrauen geschenkt - und genau darum hatte der Superintendent sie auch im Ermittlungsteam haben wollen. Doch nach diesem völligen Versagen musste jede Sympathie, jede Nähe, die man zuvor für sie empfunden haben mochte, erloschen sein.
    Mach einfach deine Arbeit, O’Connell, ermahnte sie sich und würgte die Gefühle hinunter, die ihr die Kehle abschnürten. Da läuft ein Mörder herum, der gefunden werden muss.
    Während der zwanzigminütigen Fahrt zu Dan Chalmers’ abgelegenem Schuppen gelang es ihr, nicht völlig den Verstand zu verlieren, indem sie alle Einzelheiten des Falles noch einmal methodisch durchging, immer auf der Suche nach einem Schlüssel, nach einer Spur, nach irgendetwas, was ihnen bislang entgangen war. Wie der Superintendent, so glaubte auch sie an Chalmers’ Unschuld. Keine Frage, der Mann war seltsam, ein echter Exzentriker, aber er hatte schlüssig und ruhig jedes Wissen vom Verschwinden des Mädchens von sich gewiesen, und sie hatte seine Aufrichtigkeit gespürt. Bereits zum zweiten Mal war er nur aufgrund des tief in der menschlichen Natur verwurzelten Misstrauens gegen jede Form der Abweichung ins Rampenlicht gezerrt worden, und doch hatte er die Befragung über sich ergehen lassen und die Ermittlungen rückhaltlos unterstützt.
    Als nach einer Kurve in der holprigen Piste zwischen
den Bäumen der Schuppen in Sicht kam, stöhnte sie auf, und ihr Puls begann zu flattern. Dort standen bereits etliche Fahrzeuge, und eine kleine Meute hatte sich zusammengerottet. Wütende Schreie gellten durch den friedlichen Busch, und ihr genügte ein einziger Blick, um zu erkennen, dass die Emotionen hochkochten, und zwar sehr rasch. Jemand hob einen Stein auf und schleuderte ihn unter allgemeinem Gejohle durch das Fenster.
    Bevor sie ausstieg, forderte sie per Funk Unterstützung an, aber schon in diesem Moment war ihr klar, dass die Kollegen niemals rechtzeitig eintreffen konnten. Böse Vorahnungen rumorten in ihrem Bauch. Es war eine verdammt schwierige Situation, die hier entschärft werden musste, und sie war ganz auf sich allein gestellt.

1
    Ein Jahr später
    A lec Goddard donnerte über die Staubpiste, so schnell die Bedingungen es zuließen, denn er war fest entschlossen, nicht eine Sekunde zu vergeuden. Er fluchte, weil er schon wieder anhalten musste, um ein Gatter zu öffnen. Zum Teufel mit der Frau. Hätte sie sich nicht ein leichter zugängliches Versteck aussuchen können? Dieser abgelegene Winkel tief in den Bergen nördlich von Sydney war nun wirklich am Ende der Welt.
    Da weder Kühe noch Schafe zu sehen waren, pfiff er auf die ländlichen Gepflogenheiten und ließ das Gatter offen stehen, schließlich würde er in Kürze ohnehin wieder hier durchkommen, unabhängig

Weitere Kostenlose Bücher