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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das Ergebnis, sondern allein die Tatsache, daß er etwas getan hatte. Auch wenn es sinnlos war.
    Deutlich hörte er Katrins Stimme hinter sich im Wohnzimmer. Glas knirschte. Vermutlich telefonierte sie noch mit der Polizei. Sie würde ein paar Augenblicke gebraucht haben, um ihren Schrecken zu überwinden, und auch wenn es ihm wieeine Ewigkeit vorgekommen war, so war er in Wahrheit nur wenige Minuten unten im Keller gewesen.
    Jan drehte sich um, durchquerte die Diele mit wenigen, schnellen Schritten – und blieb wie vom Donner gerührt stehen.
    Es war nicht Katrins Stimme gewesen, die er gehört hatte. Sie hatte den umgeworfenen Sessel wieder aufgerichtet und darauf Platz genommen. Vera kniete vor ihr. Sie hatte die Ray-Ban abgenommen. Ihre Finger spielten nervös damit, während sie mit leiser, eindringlicher Stimme auf Katrin einredete.
    »Was, zum Teufel …«, murmelte Jan verdattert. Dann holte er tief Luft, trat mit zwei schnellen Schritten auf Vera zu und setzte neu, doppelt so laut und in zehnmal schärferem Tonfall an: »Was, zum Teufel, suchst du hier? Du mußt vollkommen wahnsinnig sein, nach allem noch hierher zu kommen!«
    Vera drehte den Kopf und sah zu ihm hoch, während Katrin den Eindruck machte, als hätte sie ihn noch gar nicht bemerkt.
    »Ich habe dich etwas gefragt!«
    Vera setzte zu einer Antwort an. Dann fiel ihr Blick auf das blutige Messer in Jans Hand. Ihre Augen weiteten sich entsetzt. Sie rutschte hastig ein Stück von ihm fort, erhob sich und setzte die Sonnenbrille wieder auf, alles, ohne das Messer auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    »Bitte«, murmelte sie. »Leg …. leg das Messer weg.«
    »Erschreckt es dich?« Jan fuchtelte boshaft mit der blutigen Klinge in der Luft herum. »Das sollte es auch. Das ist keine Marmelade, weißt du? Frag deinen Freund. Er kann dir genau sagen, wie das Blut darangekommen ist.«
    »Du verstehst nicht«, stammelte Vera. Ihr Blick hing noch immer wie hypnotisiert an der Messerklinge. »Er ist nicht mein Freund. Bitte … leg es weg.«
    »Nicht? Na, dann bin ich ja mal gespannt, wer er sonst ist.«
    »Ich erzähle dir alles«, sagte Vera nervös. »Aber nicht jetzt.Wir haben keine Zeit. Eure Nachbarin hat die Polizei alarmiert. Sie sind bestimmt schon auf dem Weg hierher.«
    »Und davor hast du natürlich Angst«, knurrte Jan. »Ich an deiner Stelle hätte es jedenfalls.«
    »Du verdammter Idiot, ich versuche dir das Leben zu retten!« zischte Vera. »Was glaubst du, was dieser Polizist mit dir macht, wenn er kommt und dich in diesem Zustand und mit einem blutigen Messer in der Hand findet?«
    »Er wird mich jedenfalls nicht gleich umbringen, wie dein Freund es versucht hat.«
    »Wenn er dich hätte umbringen wollen, dann wärst du jetzt tot«, behauptete Vera. Sie hatte sich wieder gefaßt, aber ihr Blick irrte immer wieder rasch und nervös zu dem Messer, das Jan noch in der rechten Hand hielt. »Bitte, Jan! Ich schwöre dir, daß ich dir alles erklären werde, aber nicht jetzt! Zieh dich um und versorg deine Verletzungen. Katrin und ich räumen inzwischen hier auf!«
    »Du scheinst mir nicht –«
    »Sie hat recht, Jan«, sagte Katrin. »Beeil dich.«
    Jan starrte sie ungläubig an. Katrins Stimme klang flach, und irgend etwas in ihrem Blick fehlte; anders konnte er es nicht ausdrücken. Ihre Worte klangen nach etwas, das sie auswendig gelernt hatte und herunterleierte, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was sie da eigentlich sagte.
    »Was …«, murmelte er. Dann fuhr er auf dem Absatz zu Vera herum und schrie sie an: »Was hast du mit ihr gemacht?«
    »Dasselbe was ich auch mit dir machen könnte«, antwortete Vera ruhig. »Aber ich will es nicht. Du mußt einen klaren Kopf behalten.«
    Sie nahm die Brille ab, starrte ihn aus ihren unheimlichen Augen durchdringend an und sagte dann, sehr ruhig und mit klarer, fast übermäßig präziser Stimme: »Leg das Messer weg.«
    Das war vollkommen lächerlich. Albern.
    Und beinahe grotesk war, daß Jan sich in die Hocke sinken ließ und das Messer sorgsam auf den Tisch legte.
    »Aber … aber wie …?«
    Vera schnitt ihm mit der gleichen Bewegung das Wort ab, mit der sie ihre Sonnenbrille wieder aufsetzte. »Jetzt nicht. Geh ins Bad. Schnell. Zwing mich verdammt noch mal nicht dazu, dich zu zwingen!«
    Jan starrte sie an. Plötzlich war er froh, ihre Augen nicht sehen zu müssen, und für einen ganz kurzen Moment hatte er Angst vor ihr, eine Angst ganz anderer Art und viel größer, als

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