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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Sterben. Es gibt so viele von euch und so wenige von uns. Du hast recht: Wir sind der Grund für all eure Legenden von Vampiren und Werwölfen. Diese Geschichten hätten fast zu unserer Auslöschung geführt. Wir haben euch gejagt und ihr uns. Dann haben wir aufgehört, euch zu jagen, und ihr habt uns vergessen. So einfach war das!«
    »Wenn es wirklich so wäre, säßen wir jetzt nicht hier und würden dieses Gespräch führen, oder?« Das Argument war albern, aber zugleich das einzige, das ihm einfiel. Er klammerte sich an Fakten und versuchte Logik in ein Gespräch zu bringen, das außerhalb jeder Vernunft lag. Aber die Alternativewäre gewesen, sich selbst einzugestehen, daß er dasaß und mit einem Vampir redete.
    »Ich habe es jetzt schon mehrmals gesagt, aber ich wiederhole es gerne noch einmal«, sagte Vera spöttisch. »Wir sind wie ihr. Oder glaubst du, ihr hättet das alleinige Recht, Verrückte und Kriminelle hervorzubringen?«
    »Aber warum?« fragte Jan. »Wenn ihr doch nur zu warten braucht, bis jemand stirbt …«
    Vera hob die Schultern. Die Bewegung wirkte ein wenig ungeduldig. »Warum gehen Männer deines Volkes hin und vergewaltigen und töten Frauen, wo Sex für wenig Geld zu kaufen ist oder ihre eigenen Frauen zu Hause warten? Vlad ist verrückt.«
    »Vlad?«
    »Vlad, Nosferatu …« Vera machte eine flatternde Handbewegung. »Er hat viele Namen. Er ist wahnsinnig. Es macht ihm Spaß zu töten. Er braucht die Jagd. Es genügt ihm nicht, abzuwarten und zu nehmen, was er ohnehin bekommt. Er will es sich stehlen. Er ist ein Raubtier, das nur lebende Beute frißt.«
    Jan wußte, daß sie recht hatte. Er hatte seinem unheimlichen Gegner mehr als eine Gelegenheit gegeben, ihn zu töten, aber Vlad (Vlad? Woher kannte er diesen Namen?) hatte darauf verzichtet. Bisher. Er wollte keinen sauberen Abschuß, sondern eine lange, blutige Jagd. Nun, dachte Jan, es war Blut geflossen, wenn vielleicht auch nicht unbedingt so, wie der Seelenjäger sich es vorgestellt hatte. Wenn sie sich das nächste Mal gegenüberstanden, würde der Vampir nicht mehr mit ihm spielen.
    Seine Situation kam ihm mehr und mehr vor wie einer jener Alpträume, die keinerlei logische Handlung hatten, sondern nur aus einer Aneinanderreihung zusammenhangloser Bilder und Schrecknisse bestanden und vor allem Furcht transportierten. Und es gab noch eine Parallele: Es half in einem solchen Traum nichts, zu wissen, daß man nur träumte. So, wie es jetzt nicht half, zu wissen, daß er all dies wirklich erlebte.
    »Im Klartext«, sagte er, »wir haben es mit einem psychopathischen Vampir zu tun, den du irgendwie stoppen willst. Ich nehme an, weil du so unendlich viel Mitleid mit uns armen, sterblichen Menschen hast.«
    Vera ignorierte seinen verletzenden Ton. Sie schüttelte den Kopf. »Es sind zu viele von uns gestorben.«
    »Mir bricht das Herz«, sagte Jan boshaft. »Erzähl mir nicht, dein Cousin ist nicht wählerisch genug, was seine Opfer angeht. Er killt also auch Vampire, nicht nur Menschen.«
    »Wir haben Jahrhunderte gebraucht, um euch vergessen zu lassen, daß es uns überhaupt gibt«, antwortete Vera. »Was Nosferatu macht, wird über kurz oder lang zu unserer Entdeckung führen. Das darf nicht geschehen, und deshalb werde ich ihn töten. Ob mit deiner Hilfe oder ohne. Aber lieber wäre mir mit.«
    »Warum?«
    »Weil du dann eine Chance hast, zu überleben.«
    Jan blickte sie nachdenklich an. Er fragte sich, wieviel von dem, was Vera sagte, wirklich wahr war, und wieviel sie nur sagte, um ihn zu beruhigen oder sich seiner Mithilfe zu versichern. Was, wenn auch Vera nur mit ihm spielte, nur auf eine andere, viel perfidere Art? Wer sagte ihm eigentlich, daß dieses Geschöpf auch nur einen Deut besser war als das Ding, mit dem er vorhin um sein Leben gekämpft hatte?
    Niemand. Er hatte die Regeln dieses grausamen Spieles nicht nur nicht aufgestellt, er verstand sie noch nicht einmal. Die einzige Option, die ihm blieb, war, wenigstens so zu tun, als ob er ihr vertraute, und auf der Hut zu sein. Er stand auf.
    »Dann auf zur fröhlichen Vampirjagd«, sagte er. »Was brauchen wir? Knoblauch? Geweihtes Wasser? Silber? Ein Kreuz?«
    »Silber könnte helfen«, antwortete Vera ungerührt. »Es tötet ihn nicht, aber es bereitet ihm Schmerzen. Er hat Angst davor – wie du ja selbst erlebt hast.« Sie schüttelte den Kopf, als er etwas sagen wollte, und fuhr schneller und mit leichterhobener Stimme fort: »Zerbrich dir nicht den Kopf. Ich

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