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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gesichtsausdruck machte ziemlich klar, was er von diesem Versprechen hielt. Aber er sagte nichts mehr, sondern drehte sich endgültig um und ging. Die Glastüren schlossen sich mit einem saugenden Geräusch hinter ihm, und Janstarrte die transparenten Spiegelbilder darauf einige Sekunden lang mit klopfendem Herzen an. Er konnte sich selbst in dem nicht ganz sauberen Glas erkennen – manchmal auch zweimal, seine Augen funktionierten nicht immer richtig – und die Umrisse einiger anderer Besucher, die irgendwo hinter ihm vorüberhasteten. Kein Schatten. Der Dunkle mußte nicht nur körper-, sondern auch weitestgehend hirnlos sein. Vermutlich stand er immer noch oben und kratzte an der Aufzugtür.
    Jan lauschte in sich hinein. So gut wie nichts von dem, was er dort entdeckte, gefiel ihm. Trotzdem spürte er, daß seine Kräfte sich jetzt rasch erneuerten. Ihm war immer noch schrecklich übel, er war immer noch furchtbar müde, und er hatte immer noch gräßliche Kopfschmerzen, aber nichts davon war jetzt noch so unerträglich wie vor ein paar Minuten. Vielleicht ließ die Wirkung des Beruhigungsmittels allmählich nach. Vielleicht tat ihm auch einfach nur die frische Luft gut.
    Oder das Sonnenlicht.
    Er wandte sich mühsam um und sah zum Ausgang. Die großen Glastüren davor waren nicht ganz klar, sondern leicht getönt, so daß das Sonnenlicht einen bläulichen Stich bekam. Trotzdem wirkte es nicht kalt; im Gegenteil, ihm war niemals zuvor aufgefallen, wie warm und lebendig selbst das Licht eines ganz normalen, bedeckten Vormittages war. Er konnte die Kraft, die die goldenen Strahlen vom Himmel spendeten, durch das Glas hindurch spüren. Er mußte dort hinaus. Das Sonnenlicht würde seine Kräfte zurückkehren lassen und ihn vor dem Schatten beschützen.
    Jan war schon auf halbem Wege durch die Halle, als ihm klar wurde, was er da dachte. Er schüttelte den Kopf über seine Gedanken und wollte schneller weitergehen, als er wieder das Geräusch der Aufzugtür hörte. Jan war darauf gefaßt, Mertens zu sehen, der in Begleitung einer ganzen Kohorte muskelbepackterPfleger zurückkam, um dieser Farce ein Ende zu bereiten.
    Mertens trat jedoch nicht durch die Tür, aber auch sonst niemand. Die verchromten Türhälften öffneten und schlossen sich, ohne daß jemand hindurchtrat. Vielleicht hatte ein Luftzug die Bewegungssensoren ausgelöst. Oder ein Schatten.

D ie Tür zum Appartement fiel mit einem solchen Knall ins Schloß, daß die Glastüren der Vitrine klirrten; immerhin zwei Zimmer entfernt. Jan stemmte sich in eine halbwegs sitzende Haltung hoch, wandte den Blick zur Tür und wappnete sich gegen das, was kam. Er hatte den Gedanken an Katrin und vor allem die Szene, die sie ihm machen würde, bisher fast angstvoll verdrängt, und das Schicksal hatte es auch ausnahmsweise einmal gut mit ihm gemeint: Er war am späten Vormittag in Neuss angekommen, und jetzt war es fast sechs. Seither hatte das Telefon zwar beinahe ununterbrochen geklingelt – er war nicht drangegangen –, aber ansonsten hatte er seine Ruhe gehabt.
    Damit war es jetzt vorbei.
    Jan seufzte leise, setzte sich noch ein kleines bißchen weiter auf und versuchte, einen leidenden Ausdruck auf sein Gesicht zu zwingen, ohne dabei wehleidig auszusehen.
    Katrins Blick nach zu schließen, mußte dieser Versuch entweder gründlich schiefgegangen sein, oder das Ergebnis beeindruckte sie nicht besonders.
    Sie blieb in der Tür stehen, starrte ihn drei oder vier Sekunden lang schweigend und aus Augen an, die fast schwarz waren vor Wut, und fragte schließlich: »Warum?«
    Ihre Stimme zitterte, ganz leicht nur, aber auf eine Art, dieJan klar machte, wie schwer es ihr fiel, nicht auf der Stelle loszubrüllen. Katrin schrie selten. Obwohl sie gerne an allem möglichen herumnörgelte und kein größeres Vergnügen kannte, als sich über Gott und die Welt zu beschweren, verlor sie doch nur sehr selten wirklich die Beherrschung. Aber wenn es geschah, war das Ergebnis beeindruckend. Der Zorn einer wütenden Göttin war nichts dagegen.
    »Ich wollte einfach nach Hause«, begann Jan. »Mir fehlt nichts, außer –«
    »Außer deinem Verstand, meinst du?« unterbrach ihn Katrin schneidend. »Natürlich, wie konnte ich das nur vergessen? Du bist nur gerade zusammengeklappt und warst ein oder zwei Minuten klinisch tot. Darüber hinaus fehlt dir nichts, das stimmt.«
    »Das ist nicht wahr«, protestierte Jan. »Ich hatte einen Schwächeanfall, aber –«
    »Ich habe mit Mertens

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