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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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waren schlecht. Sie waren seelenlos. (Nun ja, wieviel Seele konnte das Bild eines 10-kg-Pakets Waschpulver und einer Flasche Krim-Sekt aus dem Sonderangebot schon haben?) Sie waren kalt.
    Und das Schlimmste war: Niemand würde es merken.
    Trotzdem – so absurd es klingen mochte – war er zufrieden, als er am späten Nachmittag von der Werbeagentur zurückkam und vor dem Haus aus dem Wagen stieg. Zum einen lag das sicherlich an dem Scheck, den er in der Brieftasche trug und der ihm für mindestens vier Wochen die Sorge um die nächste Miete und den Inhalt des Kühlschrankes nahm, zum weitaus größeren Teil aber wohl daran, daß er eine Arbeit zum Abschluß gebracht hatte. Ein Stück Normalität, das wieder in sein Leben zurückgekehrt war. Er hatte seit zwei Tagen keine Schatten mehr gesehen und auch keine unheimlichen Geräusche mehr gehört.
    Als er den Schlüssel ins Schloß schob, hörte er Stimmen. Katrin hatte zwar gesagt, daß sie erst spät am Abend zurückkehren würde, aber es war nicht ungewöhnlich, daß sie ihre Pläne im letzten Moment änderte. Er trat ein, ging mit schnellen Schritten ins Wohnzimmer – und blieb wie angewurzelt stehen.
    Katrin war tatsächlich früher nach Hause gekommen, und sie war nicht allein. Vera saß neben ihr. Sie trug wieder ihre riesige Sonnenbrille und, wie es aussah, die gleichen Kleider wie vor drei Tagen, hatte aber irgend etwas an ihrer Frisur geändert; Jan konnte nicht genau sagen, was, aber irgendwie wirkte sie noch verrückter.
    »Nanu«, sagte er.
    Katrin sprang von der Couch hoch. »Hallo, Schatz«, sagte sie. »Du bist schon zurück? Wie war es?«
    Wäre Jan nicht so überrascht gewesen, dann hätte ihn diese Begrüßung sofort mißtrauisch gestimmt. Katrin nannte ihn niemals Schatz ; es sei denn, um sich über ihn lustig zu machen, oder wenn sie etwas von ihm wollte.
    »Gut«, antwortete er automatisch. »Sie haben mir die komplette Serie abgenommen und auch gleich bar bezahlt. Aber was –?«
    »Wir haben uns zufällig in der Stadt getroffen«, sagte Vera, noch bevor er seine Frage auch nur aussprechen konnte. Sie zuckte mit den Schultern. »Ich kann wieder gehen, wenn du willst.«
    »Darüber reden wir später«, sagte Katrin rasch. »Jetzt erzähl erst mal. Was haben sie gesagt? Kriegst du auch einen neuen Auftrag?«
    »Sobald sie wieder was haben, ja«, antwortete Jan. Seit wann interessierte sich Katrin für seine Arbeit? Irgend etwas stimmte hier doch nicht! Er konnte Katrins Nervosität beinahe riechen.
    »Ihr habt euch also zufällig in der Stadt getroffen«, sagte er. Er wollte diese Frage eigentlich direkt an Vera richten, aber um das zu tun, hätte er Katrin schon gewaltsam aus dem Weg schieben müssen.
    »Vielleicht nicht ganz zufällig«, räumte Vera ein. »Ich habe euren Wagen erkannt.«
    Einen weißen VW-Golf, dachte Jan spöttisch. Das war ja auch wirklich ein sehr auffälliges Fahrzeug, zumal in einer Stadt mit annähernd zweihunderttausend Einwohnern. Er schob Katrin nun doch einfach aus dem Weg und sah Vera auffordernd an, und Vera hob abermals die Schultern und sagte mit einem entwaffnenden Lächeln: »Ich konnte der Versuchungeinfach nicht widerstehen. Ich habe ein kleines Problem, weißt du? Ich … weiß nicht, wo ich heute übernachten soll.«
    Jan war nicht einmal überrascht. Er hatte so etwas geahnt, gleich als er sie auf der Couch hatte sitzen sehen.
    »Ich denke, das Problem hast du jeden Morgen?« sagte er. »Und es löst sich auch immer, irgendwie.«
    »Diesmal leider nicht«, sagte Vera. »Jede Glückssträhne ist irgendwann mal vorbei.«
    Das stimmt, dachte Jan böse. Deine ist es jetzt, in genau einer Sekunde. Er setzte dazu an, Vera mit nicht allzu freundlichen, dafür aber um so deutlicheren Worten zu erklären, wie wenig ihre Probleme mit seinen Problemen zu tun hatten – und er konnte es nicht.
    Es war einfach unmöglich. Er stand da, starrte sie an und brachte kein Wort heraus, so sehr er es auch versuchte.
    Und er wußte nicht einmal, warum.
    Schließlich drehte er sich auf dem Absatz herum und stürmte in die Küche.
    Katrin folgte ihm, zog die Tür hinter sich zu und maß ihn mit einem Blick, der ihn fast rasend machte.
    »Hör mal, Jan«, begann sie, »Ich weiß ja, was –«
    »Was weißt du?« unterbrach sie Jan wütend. »Verdammt noch mal, was ist in dich gefahren? Ich dachte, daß wir uns in diesem Punkt einig wären!«
    »Es ist doch nur für eine Nacht!«
    »Sicher. Oder vielleicht auch zwei oder auch drei,

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