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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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frische Hose. Meine ist zerrissen … und mach dir keine Sorgen um den Wagen. Er hat keinen Kratzer abbekommen.«
    Katrin rüttelte noch zwei- oder dreimal zornig und mit solcher Kraft an der Tür, daß er fast Angst hatte, das Schloß würde herausfliegen, und gab endlich auf. Jan zog sich bis auf die Unterwäscheaus, wusch sich das Gesicht und die Hände und sah erst danach das erste Mal und mit klopfendem Herzen in den Spiegel.
    Es war gar nicht so schlimm, wie er erwartet hatte. Die Schramme an seiner Stirn erwies sich eher als besserer Kratzer, nur sein Auge sah übel aus. Der Fremde hatte ihm einen nicht sehr großen, aber offenbar tiefen Kratzer im Augenwinkel beigebracht, der noch immer nicht vollkommen aufgehört hatte zu bluten, und das ganze Auge war sichtbar angeschwollen, was sein Gesicht auf seltsame Weise asymmetrisch aussehen ließ.
    Abgesehen davon, daß Verletzungen am Auge generell unangenehm waren, war Jan nicht sicher, was ihn mehr erschreckte, der Anblick der Wunde oder die Tatsache, daß sie überhaupt da war. Irgendwie hatte er immer noch gehofft, sich einreden zu können, daß das alles nicht wirklich passiert war. Aber nun hatte er den Beweis im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen. Wenn er genau hinsah, konnte er sogar deutlich erkennen, daß die Verletzung von einem Fingernagel verursacht worden war.
    Es klopfte. »Eure Kleider, Durchlaucht«, sagte Katrin sarkastisch. »Falls Ihr noch etwas wünscht, dann läutet einfach.«
    Jan war vorsichtig genug, nichts darauf zu erwidern. Er wartete noch ein paar Sekunden, dann öffnete er die Tür und hob rasch die Kleider auf, die Katrin davor auf den Boden gelegt hatte. Und auch danach wartete er noch mehrere Minuten ab, bevor er sich anzog und einen letzten, prüfenden Blick in den Spiegel warf. Er hatte noch keine Ahnung, was er Katrin erzählen sollte. Jede Geschichte, die er sich in den letzten Minuten zurechtgelegt hatte, erschien ihm gleich lächerlich. Vielleicht war es das beste, wenn er dem unabsichtlich eingeschlagenen Kurs folgte und einen Streit provozierte, nach dem Katrin beleidigt davonrauschen und die Schlafzimmertür hinter sich abschließen würde.
    Als er das Bad verließ, klingelte es an der Wohnungstür. Jan sah überrascht auf die Uhr. Es war beinahe elf. Selbst für Katrins ausgeflippte Freunde ein wenig spät für einen unangemeldeten Besuch. Möglicherweise war es Peter, der gekommen war, um die verpaßte Verabredung nachzuholen. Jan hoffte, daß er sich die Beine in den Bauch gestanden hatte, während er am Museum auf ihn wartete.
    Es war nicht Peter. Als Jan das Bad verließ, sah er Katrin an der Wohnungstür mit einem grauhaarigen Mann unbestimmten Alters reden, der einen schäbigen Anzug und eine vor zehn Jahren aus der Mode gekommene Kassenbrille trug.
    Katrin drehte sich zu ihm herum, als sie das Geräusch der Tür hörte. »Jan, das ist –« Sie stockte. Ihre Augen weiteten sich erschrocken, als sie sein Gesicht sah.
    Der Grauhaarige trat kurzerhand an ihr vorbei und deutete ein Nicken in Jans Richtung an. Die Selbstverständlichkeit, mit der er das tat, erweckte in Jan den Eindruck, daß er es gewohnt war, auch ohne ausdrückliche Einladung fremde Wohnungen zu betreten.
    »Herr Feller?« fragte er. »Johannes Feller?«
    Jan nickte, und der Grauhaarige fuhr fort: »Bitte verzeihen Sie die späte Störung. Mein Name ist Krieger. Hauptkommissar Krieger, Kripo Neuss.«
    »Polizei?« fragte Jan erschrocken.
    »Wenn ich vielleicht für einen Moment hereinkommen dürfte?« fragte Krieger. Jan fand das ziemlich überflüssig, denn Krieger war ja längst hereinspaziert. Trotzdem nickte er und machte eine einladende Handbewegung, und Krieger trat, an Katrin vorbei, vollends in die Wohnung. Jan erwartete beinahe, daß noch ein zweiter Mann hereinkäme – im Kino und Fernsehen traten Polizisten doch immer paarweise auf, oder? –, aber Krieger war allein.
    Jan ging – schneller als notwendig – ins Wohnzimmer undregistrierte ohne die geringste Überraschung, daß Vera verschwunden war. Vermutlich hatte sie sich blitzartig in eine andere Dimension gebeamt, als sie das Wort Polizei hörte. Er drehte sich um, wartete, bis Krieger ihm gefolgt war, und fragte dann: »Also, Herr Kommissar – was will die Polizei von mir?«
    Katrin war Krieger gefolgt und schräg hinter ihm stehengeblieben. Sie warf Jan einen verwirrten, fragenden Blick zu, den er allerdings nur mit einem angedeuteten Schulterzucken beantworten konnte.
    »Ich …

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