Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
vorbei mußte …«
    Er zuckte mit den Schultern. Jan glaubte ihm kein Wort, aber er antwortete trotzdem mit einem angedeuteten Nicken. »Schon gut.«
    »Nein, es ist nicht gut«, sagte Katrin scharf. »Wieso stellen Sie so viele Fragen, wenn doch alles ganz normal ist?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß alles ganz normal ist«, antwortete Krieger. »Aber Sie haben natürlich recht: Ich stelle zu viele Fragen. Eine Berufskrankheit, fürchte ich.« Er machte eine Bewegung, als wollte er aufstehen, und ließ sich dann wieder zurücksinken. »Ihr Bruder war Journalist, nicht wahr? Wissen Sie, an welcher Geschichte er zur Zeit gearbeitet hat?«
    Katrin wollte schon wieder auffahren, aber Jan brachte sie mit einer raschen Bewegung zum Schweigen. Der vermutlich schnellste Weg, diesen Kerl wieder loszuwerden, bestand wohl darin, seine Fragen zu beantworten.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte er. »Ich habe mich nicht sehr für Peters Arbeit interessiert.«
    »Sie sind Fotograf, oder?« fragte Krieger. »Ich meine, da liegt es doch nahe –«
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen, aber Sie irren sich«, unterbrach ihn Jan. »Ich bin kein Pressefotograf. Ich bin Künstler.«
    Kriegers linke Augenbraue rutschte ein Stück nach oben. Er sagte nichts, aber allein diese kleine Geste ärgerte Jan so sehr, daß er in viel schärferem Ton und lauter fortfuhr: »Verdammt, was soll das? Mein Bruder war ein kleiner Lokalredakteur! Er hat über die Jahreshauptversammlung des Kaninchenzüchtervereins berichtet, oder allenfalls … über einen Verkehrsunfall. Wollen Sie andeuten, daß ihn jemand umgebracht hat? Das ist lächerlich!«
    »Das habe ich nicht gesagt«, antwortete Krieger. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ach, schon gut«, sagte Jan. Er riß sich zusammen. Ein Mann wie Krieger war garantiert nicht dadurch zu beeindrucken, daß man ihn anschrie. »Aber wenn Sie glauben, daß die Russen-Mafia oder die Triaden oder meinetwegen auch die Marsmenschen meinen Bruder umgebracht haben, sind Sie aufdem Holzweg. Peter war nie besonders gut in seinem Beruf. Er hat bestimmt keine große Sache ausgegraben.«
    »Es gibt Zufälle«, sagte Krieger. »Sie kennen die Geschichte vom blinden Huhn und dem Korn?«
    »Nicht Peter«, versicherte Jan. »Er war in seinem Job eine totale Niete.«
    »Sie haben aber keine besonders hohe Meinung von Ihrem Bruder.«
    »Hören Sie auf, verdammt noch mal, er ist tot! Was, zum Teufel, erwarten Sie jetzt von mir?«
    »Vielleicht wäre es besser, wenn Sie uns jetzt allein lassen«, sagte Katrin.
    Krieger nickte. »Selbstverständlich. Bitte entschuldigen Sie mein Benehmen. Es tut mir aufrichtig leid. Ich werde mich vielleicht später noch einmal melden, aber Sie müssen sich keine Sorgen machen. Es handelt sich wirklich um reine Routine.«
    Er stand auf, rückte in einer affektiert wirkenden Geste seine Brille zurecht und sah noch einmal zu Jan hinüber. »Was ist mit Ihrem Auge passiert?«
    »Nichts«, sagte Jan. »Ein Unfall. Ich war selbst schuld.«
    »Ja, manchmal ist man schrecklich ungeschickt«, seufzte Krieger. Er deutete auf den Tisch, auf dem zwei Weingläser standen. »Ich muß mich noch einmal entschuldigen. Ich wollte wirklich nicht stören. Offensichtlich –«
    »– wollten wir uns einen gemütlichen Abend machen, ganz recht«, fiel ihm Katrin ins Wort.
    »Und bevor Sie fragen, ich war den ganzen Abend über hier«, fügte Jan hinzu. »Und jetzt gehen Sie bitte. Ich … ich möchte allein sein.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte Krieger. »Es tut mir leid. Vielleicht sehen wir uns ja noch einmal unter etwas günstigeren Umständen.«
    Er ging. Katrin geleitete ihn zur Tür, und Jan konnte hören, daß sie ihn ohne ein weiteres Wort hinausließ. Ihr Gesicht wirkte verschlossen, als sie zurückkam, aber in ihren Augen spiegelte sich ein ehrliches, tief empfundenes Mitleid. Jan wußte ziemlich genau, was jetzt hinter ihrer Stirn vorgehen mußte, und war ihr für ihr Schweigen doppelt dankbar.
    Die Schlafzimmertür ging auf, und Vera kam heraus. »Das tut mir unendlich leid«, sagte sie. »Großer Gott, ich … kann ich irgend etwas tun?«
    Jan antwortete nicht, aber Katrin schüttelte den Kopf und setzte sich neben ihn auf die Couch. »Bitte laß uns allein«, sagte sie.
    »Natürlich.«
    Jan hörte, wie sie ging und die Tür des Gästezimmers hinter sich zuzog. Katrin griff nach seiner Hand. Er ließ es geschehen, erwiderte ihren Händedruck aber nicht, und nach einer Weile zog Katrin den Arm wieder

Weitere Kostenlose Bücher