Dunkel ist die Sonne
kennengelernt, Dinge, von denen ich nie erfahren hätte, wenn ich auf meiner eigenen Welt geblieben wäre. Darum habe vielen Dank und lebe wohl.“
„Halt!“ signalisierte sie ihm. „Ich nehme an, daß die anderen sich auch gern von dir verabschieden möchten.“
Es dauerte nicht lange. Einer nach dem anderen blitzte ihm ein paar Worte zu. Und dann verdunkelte sich Phemropits Strahleröffnung.
Vana weinte und streichelte die harte Nase. Deyv hatte nicht so viel Schmerz empfunden, nur Bedauern darüber, daß ihr mächtiger Transporter und Beschützer von nun an nicht mehr verfügbar sein sollte. Vanas Tränen weckten jedoch auch in ihm so etwas wie Schmerz.
Sie setzten Sloosh das zusammengefaltete Fahrzeug auf den Rücken und das Baby dazu. Deyv sah erst zurück, als er schon eine Viertelmeile gegangen war. Das gewaltige schwarze Geschöpf saß regungslos da und wartete. Aber niemand würde ihm zu Hilfe kommen. Es würde so lange dort sitzen bleiben, bis es durch irgendeine Erschütterung von der Stelle gerückt oder begraben würde. Ab und zu würde es aus dem „Schlaf“ erwachen, aufgerüttelt durch einen Mechanismus, den Deyv nicht verstand, und es würde sich von irgendeinem Vorübergehenden Rettung „erhoffen“. Es würde sie nie bekommen.
Vana, die ebenfalls zurückgeschaut hatte, sagte: „Wir haben innerhalb kürzester Zeit drei unserer Gruppe verloren. Glaubst du, daß dies für alle von uns ein schlechtes Omen sein könnte?“
„Ich will nicht daran denken“, antwortete er.
Zehn Ruhezeiten später erreichten sie eine Kreuzung. Sloosh hieß sie alle anhalten.
„Hier trennen wir uns. Allerdings nur, wenn ihr auch weiter darauf besteht, nach euren Seeleneiern zu suchen. Die Straße dort wird euch in das Gebiet führen, in dem Hoozissts Dorf und die Höhle liegen. Aber ihr werdet die Höhle vielleicht nie finden. Was die Shemibob und mich angeht, so werden wir weiterziehen. Nun, da sie ihre Kugel nicht mehr besitzt, wird es schwer sein, das Tor zu finden, aber wir werden es schaffen.“
Deyv kam sich einsam und verlassen vor. Die beiden würden ihm sehr fehlen, und das nicht nur wegen des Schutzes, den sie ihm geboten hatten, sondern auch wegen ihrer Gesellschaft und ihres Wissens. Von nun an würden er und Vana das Kind abwechselnd tragen müssen. Und sie würden in dem Fahrzeug keine Zuflucht mehr suchen können.
Vanas Gesicht ließ erkennen, daß sie die gleichen Gedanken hatte.
„Wenn der Yawtl unsere Eier gestohlen hätte, gäbe es gar keinen Zweifel über das, was wir zu tun hätten“, sagte sie langsam. „Aber …“
„Das stimmt“, sagte Deyv. „Darum …“
Sie sahen sich gegenseitig an, und Deyv sagte: „Wir gehen mit euch!“
Die Shemibob berührte ihren Smaragden und sagte: „Das dachte ich mir. Der Stein hier hat vorausgesagt, daß ihr das tun würdet. Aber ich brauchte ihn eigentlich gar nicht erst zu befragen.“
Deyv liebte dieses „Ich hab’s dir ja gleich gesagt“ nicht, selbst wenn es aus dem Munde eines höheren Wesens kam. Er war jedoch viel zu froh über die Entscheidung, um der Shemibob lange zu grollen. Das einzige, was seine Freude verdunkelte, war der Gedanke, daß man das Unvermeidliche nur wieder aufgeschoben hatte. Wenn sie sich ihrer Heimat genähert hätten, würden sie sich abermals entscheiden müssen. Nein, das würden sie nicht. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß sie dann endgültig Lebewohl würden sagen müssen.
Oder etwa nicht?
42
„Dort ist es“, sagte die Shemibob. „Das Tor.“ Sloosh machte keine Bemerkung über die Tatsache, daß dies eine offensichtliche Feststellung war. Er machte ihr gegenüber nie solche Bemerkungen, obwohl er grundsätzlich schnell dabei war, wenn sie aus dem Munde eines Menschen kamen.
Sie befanden sich mitten im dichten Dschungel und in halber Höhe auf einem Berg. Vielleicht dreißig Meter über dem riesigen Ast eines riesigen Baumes war der blendende, furchtbare Kreis. Sie hatten ihn erst gefunden, nachdem sie viele Stämme in einem ausgedehnten Gebiet befragt hatten. Diese hätten, wenn die beiden Menschen allein gekommen wären, wohl kaum geantwortet und sie statt dessen sicher getötet. Aber der Archkerri und die Shemibob versetzten sie in Angst und Schrecken. Die Stämme hielten sie entweder für Götter oder für Dämonen und rannten gewöhnlich davon, sobald sie die beiden sahen. In solchen Fällen blieben die Fremden einfach im Dorf oder Haus, bis die Stammesmitglieder zu der
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