Dunkel ueber Longmont
geweilt und Weinkühler aus poliertem Silber bewundert. Der Händler bot viele hervorragende Braugefäße aus Eisen an, seine Prunkstücke jedoch waren drei Weinkühler große Schalen für Eis mit dazugehörigen kleineren Krügen, die man hineinstellen konnte. Die Schalen waren von einer Qualität, die man sonst nur bei uralten Gefäßen duskinischer Machart fand. Seit Tausenden von Jahren jedoch war kein Duskiner mehr auf Erden gewandelt, und so alt konnten diese Weinkühler nicht sein. Jede Schale hatte die krallen bewehrten Füße eines Greifers und zeigte Szenen von Hunden, die durch einen Laubwald liefen. Die Krüge waren mit dem Bildnis eines jungen Lords auf seinem Pferd verziert, der, die Lanze bereit, auf eine Greifermagierin zuhielt. Wenn man die Krüge in ihre Silberschalen stellte, ergänzten die Bilder einander der junge Lord im Kampf mit der Greifermagierin, während die Hunde sie umzingelten. Die Ornamente auf den Weinkühlern waren mit einer Methode hergestellt worden, die Gaborn nicht kannte. Die Kunstfertigkeit des Silberschmieds war atemberaubend.
Die Waren in Bannisferre waren so erstaunlich, daß Gaborn erst merkte, daß die junge Frau sich heimlich an ihn heranschlich, als er den Duft von Rosenblüten roch. (Die Frau neben mir bewahrt ihr Kleid in einer mit Rosenblättern gefüllten Lade auf, registrierte er unbewußt.) Selbst jetzt war er noch so sehr von den Weinkühlern in Anspruch genommen, daß er sich vorstellte, sie sei nur eine Fremde, die die Schalen und Krüge ebenfalls ehrfürchtig betrachtete. Er blickte erst in ihre Richtung, als sie seine Hand ergriff und so seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Sie nahm seine linke Hand mit ihrer rechten, verschränkte locker die Finger und drückte zu.
Die Sanftheit ihrer Berührung elektrisierte ihn. Er zog die Hand nicht zurück.
Vielleicht dachte er, verwechselt sie mich mit einem anderen.
Er warf ihr einen Seitenblick zu. Sie war groß gewachsen und wunderschön, vielleicht sechzehn, ihr dunkles Haar war mit Perlmuttkämmen verziert. Ihre Augen schimmerten schwarz, und selbst das Weiß darin war so dunkel, daß es blaßblau wirkte. Sie trug ein schlichtes, wolkenfarbenes Seidenkleid mit fließenden Ärmeln ein eleganter Stil, der in letzter Zeit bei den reichen Damen von Lysle beliebt war. Dazu trug die junge Dame einen Gürtel aus Hermelin, der. hoch über dem Nabel, gleich unter ihren festen Brüsten, von einer silbernen Blume gehalten wurde. Der Ausschnitt war hoch und sittsam. Über ihren Schultern hing ein Tuch von tiefstem Karminrot, so lang, daß sein Saum über den Boden wischte.
Sie war nicht nur wunderschön, entschied er, sie war erstaunlich.
Sie lächelte ihn heimlich an, schüchtern, und Gaborn grinste zurück, verschlossen voller Hoffnung und verwirrt zugleich.
Gaborn kannte sie nicht. In der ganzen, riesigen Stadt Bannisferre kannte er niemanden was seltsam schien in einer so großen Stadt mit ihren hoch aufragenden Gesangshäusern aus grauem Stein und exotischen Bögen, den weißen Tauben, die am blauen, sonnenbeschienenen Himmel über den Kastanien ihre Kreise zogen. Trotzdem kannte Gaborn niemanden hier, nicht einmal einen unbedeutenden Händler.
So weit war er von zu Hause fort.
Er stand am Rand des Marktes, nicht weit von den Hafenanlagen am breiten Ufer des Südarmes des Flusses Dwindell einen Steinwurf von der Schmiedegasse entfernt, wo man an den Feuerstellen unter freiem Himmel das rhythmische Klirren der Hämmer und das Knarren der Bälge hörte.
Es bereitete ihm Sorgen, daß er sich von der Friedfertigkeit in Bannisferre so hatte einlullen lassen. Er hatte sich kaum die Mühe gemacht, einen Blick auf die Frau zu werfen, obwohl sie schon seit zwei Minuten neben ihm stand. Schon zweimal in seinem Leben hatten es Meuchelmörder auf ihn abgesehen. Sie hatten seine Mutter überwältigt, seine Großmutter, seinen Bruder und zwei Schwestern. Und doch stand Gaborn jetzt so sorglos da wie ein Bauer mit einem Bauch voll Bier.
Nein, entschied Gaborn rasch, ich habe sie bestimmt noch nie gesehen. Sie weiß, ich bin ein Fremder, und dennoch hält sie meine Hand. Äußerst verwirrend. Im Haus des Verstehens, im Saal der Gesichter, hatte Gaborn die Feinheiten der Körpersprache studiert wie Geheimnisse sich im Auge eines Feindes offenbarten, wie man Anzeichen der Sorge von denen der Verblüffung oder Ermüdung an den Zügen um den Mund einer Geliebten unterschied.
Gaborns Lehrmeister Jorlis war ein weiser Lehrer
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