Dunkel
antworten. Es war zu plötzlich geschehen; kaum waren die Lichter gedämpft worden, da war ihre Anwesenheit wieder existent. Als ob sie gewartet hätten.
Der Raum um ihn nahm Form an, und Gestalten schwebten vor ihm, wurden scharf, dann wieder undeutlich, verschwommene Bilder. Insgesamt wirkte der Raum kleiner. Geräusche summten an seine Ohren, Stimmen dröhnten, verebbten abrupt, wurden von anderen abgelöst, so als ob man den Frequenzsucher eines Radios ziellos drehen würde. Er blickte zu Edith und sah, daß eine schwarze Substanz über ihre Lippen sickerte, ihr Kinn hinabtropfte und auf ihre Brust fiel. Es hätte Blut sein können, doch er wußte, daß es das nicht war. Er streckte ein Hand aus, um die Flüssigkeit zu berühren, aber da war nichts, keine schwarze Klebrigkeit an seinen Fingern, nichts an ihrem Kinn. Er zog seine Hand zurück, und die Substanz tröpfelte wieder von ihren Lippen. Bishop sah hoch und der Raum wirkte jetzt noch kleiner.
Schenkel fiel von seinem Sessel und lag still auf den rohen Brettern und der Erde, die den darunterliegenden Keller bedeckten. Niemand trat vor, um ihm zu helfen, da ihnen befohlen worden war, nur dann einzugreifen, wenn etwas Außergewöhnliches geschähe. Enwright warf einen Blick auf seinen Kollegen, schien ihn aber nicht zu bemerken. Edith Metlock stöhnte laut auf, und etwas Dunkles fuhr aus ihrem Mund, wie eine Rauchfahne. Die Stimmen in Bishops Kopf lachten jetzt, und er sah, daß der Raum noch mehr schrumpfte, daß die Wände und die Decke auf ihn zukamen. Er wußte, daß er zerquetscht würde und versuchte, sich von seinem Sessel zu erheben. Doch sein Körper war wie erstarrt, er konnte den frostigen Reif schwer auf seinen Augenlidern spüren, die versiegelt waren. Seine Haare knisterten, als jedes einzelne zu einem Eiszapfen wurde. Die Wände waren kaum mehr einen Meter entfernt.
Eine kalte Hand berührte ihn und erwärmte ihn irgendwie. Edith hatte ihre Hand zu ihm ausgestreckt. Auch seine andere Hand wurde von jemanden gehalten, und obwohl sein Kopf jetzt gefroren war, wußte er, daß es Jacob Kulek war, der sie gefaßt hatte. Die Wärme kehrte in seinen Körper zurück. Er spürte, wie etwas von ihm abfiel, etwas, das gedroht hatte, ihn zu erdrücken. Die Wände und die Dunkelheit füllte sein Blickfeld aus.
Ein Geräusch kam von Enwright, aber es war nicht seine Stimme, auch nicht die Stimme eines Lebewesens. Es war ein hohes, kreischendes Geräusch, ein gequältes Winseln. Das Medium war aufgestanden, hatte seine Handflächen an seine Schläfen gepreßt und drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, als ob es etwas abzuschütteln versuchte. Seine Augen blickten wild umher, bis sein Blick schließlich auf Bishop verharrte.
Das Nachbild dieser starrenden Augen blieb in Bishop haften, als die schwachen Lichter ausgingen und alles in zermalmender Dunkelheit versank.
4
Die Hände schlossen sich um Bishops Hals und begannen zu zudrücken. Er konnte nur eine schwarze Form vor sich sehen, aber er wußte, daß es das Medium war, Enwright, der versuchte, das Leben aus ihm herauszupressen. Er faßte nach den Handgelenken des Mannes und zog daran, sein Kinn senkte sich automatisch nach unten, die Nackenmuskeln spannten sich, um den zunehmenden Druck zu widerstehen. Noch während er kämpfte, bemerkte Bishop die Verwirrung um sich, die Schreie, das Trappeln der Füße, die kleinen Flammen von Streichhölzern und Feuerzeugen, die jäh entzündet wurden. Dann durchschnitten lange Lichtkegel von Taschenlampen Teile der Nacht.
Seine Benommenheit ließ die Szene noch chaotischer wirken, und er wußte, daß er bald die Sinne verlieren würde, wenn er den würgenden Griff nicht brach. Doch wie heftig er auch an den Handgelenken zerrte, der Druck nahm weiter zu. Er tat das einzig Mögliche — er ließ los, packte die Kleidung des Mediums und zog den Mann zu sich heran, wobei er die Füße kräftig gegen die Bretter unter sich stemmte. Sein Sessel kippte in gefährlichem Winkel nach hinten, dann fielen beide Männer um. Sie landeten schwer auf dem Boden und Enwrights Kopf schmetterte mit einem lauten Krachen auf die Bretter. Sein Körper erschlaffte sofort. Bishop hatte seinen Rücken rund gemacht und die Schultern hochgezogen, so daß ihm der Aufprall wenig schadete. Er stieß den schlaffen Körper beiseite, richtete sich auf und blickte sich rasch um. Dann schloß er seine Augen für ein paar Sekunden, damit sie sich leichter an die Dunkelheit
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