Dunkel
Das war ein Fehler, denn als er ein Stück entfernt auf dem Küchenboden lag konnte der Mann die Waffe heben, um auf ihn zu schießen.
Entsetzt sah er, daß der Mann triumphierend grinste, wohl wissend, daß seine Beute in der Falle saß. Seine Finger hatten sich bereits um die beiden Abzüge gekrümmt und er sprang einen Schritt vorwärts, als sein Fuß in dem glitschigen Blut auf dem Küchenboden ausrutschte. Zwar versuchte er stehenzubleiben, geriet aber nur noch mehr ins Schlittern und stürzte seitlich zu Boden. Das Gewehr krachte ohrenbetäubend, und die Ladung beider Läufe riß ihm den Schädel auf.
Das Stöhnen der Frau war lang und qualvoll, als sie auf die zuckende Gestalt ihres Mannes starrte. Sie blickte weder weg noch erstarb das Stöhnen in ihrer Kehle, bis sein Körper leblos dalag. Dann schaute sie zu Bishop hin und hielt ihn mit ihrem irren, lähmenden Blick auf dem Boden fest. Erst als der dicke Blutschwall über ihre Lippen rann, merkte er, daß sie bereits tot war und ihre Augen nichts mehr sahen. Erschöpft erhob er sich und wankte zum Spülbecken der Küche. Sein Magen verkrampfte sich zuckend; zehn Minuten später stand er noch immer über das Metallbecken gebeugt, als das Prasseln an den Fensterscheiben an Intensität zunahm. Der Regen war heftiger geworden, und der Himmel droben verdüsterte sich.
Jessica eilte mit klopfendem Herzen über den Korridor. Sie hatte gerade die >Metaphysische Forschungsgruppe< in Sussex angerufen; von Ferner hatten sie noch nie gehört. Sie erreichte das Arbeitszimmer ihres Vaters, klopfte an die Tür und drehte den Knauf, darauf vorbereitet, sich albern zu fühlen, wenn der Mann und ihr Vater sich nur unterhielten. Doch irgendwie wußte sie, daß das nicht der Fall sein würde und schrie entsetzt auf, als sie den dünnen Ledergürtel um Jacob Kuleks Kehle sah. Der kleine Mann hinter ihm zog den Gürtel straff, und sein Körper zitterte unter der Anstrengung. Jacob hatte eine Hand an seiner eigenen Kehle und seine Finger schlössen sich um die improvisierte Garotte, gerade so, als ob ihm die Absicht des Mörders klar geworden sei, noch bevor der kleine Mann angegriffen hatte. Sein Gesicht war tiefrot, seine Zunge drang aus seinem offenen Mund und die blicklosen Augen quollen aus ihren Höhlen. Ein heftiges asthmatisches Pfeifen kam aus seiner Kehle als er versuchte, durch seine strangulierte Luftröhre Atem zu holen.
Jessica stürmte vorwärts, sie fürchtete, daß sie bereits zu spät käme. Der kleine Mann schien sie überhaupt nicht zu beachten, als sie seine Handgelenke packte und wegzureißen versuchte, um den Zug des Gürtels zu lockern. Doch es war sinnlos; er war kräftiger, als er aussah. Sie schlug ihm ins Gesicht... Das Keuchen ihres Vaters hatte aufgehört. Ferrier drehte seinen Kopf beiseite, um ihren heftigen Schlägen auszuweichen, zog aber noch immer an dem Ledergürtel, und sein ganzer Körper zitterte vor Anstrengung.
Jessica schrie, sie fühlte, daß sie verlor, sie zerrte an den Haaren des Mannes, kratzte in seinen Augen, aber es nützte nichts - er war wie ein Roboter, gefühllos, von etwas beherrscht, daß außerhalb seines Körpers war. Sie schaute sich verzweifelt nach etwas um, das sie gegen ihn benutzen konnte. Der silberne Brieföffner lag glitzernd auf dem Schreibtisch. Wild griff Jessica danach und wandte sich mit hoch erhobener Waffe dem Mann zu. Sie zögerte, bevor sie ihren Arm niederstieß, da ihr Vorhaben sie selbst erschreckte, wußte aber, daß sie keine andere Wahl hatte. Die schmale Klinge drang seitlich in Ferriers Hals, direkt über dem Schulterbein.
Sein Körper wurde plötzlich starr, und einen Moment lang starrten seine Augen sie ungläubig an. Dann schienen sie sich zu verdunkeln und sie sah mit Entsetzen, daß seine Hände wieder zerrten. Der Brieföffner, der nur zur Hälfte in seinem Fleisch steckte, ragte aus seinem Hals, und Jessica warf sich auf ihn, schrie vor verzweifelter Wut, schlug in sein ungeschütztes Gesicht, hämmerte auf den Griff und betete, daß die Klinge eine Schlagader treffen würde.
Der Körper des kleinen Mannes zitterte und seine Knie gaben nach. Dann richtete er sich auf, als ob er plötzlich seine Kraft wiedererlangt hätte. Er ließ ein Ende des Gürtels los und stieß das Mädchen beiseite. Jessica taumelte gegen die Bücherregale, durch den Schmerz und die Tränen der Hilflosigkeit, verschwamm ihr alles vor den Augen.
»Halt!« schrie sie. Und dann ein Stöhnen: »Bitte
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