Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
Nummer. Er griff nach dem Hörer.
»Christian?«
Es überraschte ihn, Johnnys Stimme zu hören.
»Hey, Kumpel, was gibt’s?«
»Mom hat mir heute Morgen gesagt, dass sie vor mir nach Hause kommt, aber jetzt ist sie nicht da, und ich bin schon eine ganze Weile hier. Sie mag es nicht, wenn ich alleine bin.«
Christian hörte einen Anflug von Besorgnis in der Stimme des Jungen. »Weißt du, die Straßenverhältnisse sind heute nicht die besten. Vielleicht braucht sie einfach länger für den Heimweg, als sie dachte«, sagte er beruhigend.
»Soll ich dann einfach weiter alleine hierbleiben?« Johnnys Stimme bebte leicht.
»Wie wär’s, wenn ich bei dir vorbeikomme?« Christian schnappte sich seinen Autoschlüssel von der Frühstückstheke. »Ich kann ungefähr in einer Viertelstunde bei dir sein.« Wahrscheinlich würde es länger dauern, aber das brauchte er Johnny im Moment nicht zu sagen.
»Echt? Ich will dir keine Mühe machen oder so, aber irgendwie mag ich es nicht, allein zu sein.«
»Bin schon unterwegs. Wahrscheinlich ist deine Mom längst da, wenn ich komme. Und wenn nicht, spielen wir so lange Football, bis sie kommt. Schließ die Haustür ab und mach niemandem auf, außer mir, okay?«
»Okay.« In dem einen Wort schwang unendliche Erleichterung mit.
Christian legte auf, zog seinen Mantel über und ging zur Garage, bemüht, die innere Unruhe zu ignorieren, die von ihm Besitz ergriffen hatte.
Wahrscheinlich war es genauso, wie er es Johnny erklärt hatte. Vanessa war aufgehalten worden und kam einfach etwas später. Es gab keinen Grund, sich Sorgen zu machen.
Als er auf die Straße bog, prasselten eisige Kügelchen auf die Windschutzscheibe, und die Reifen drehten kurz durch, bevor sie auf dem Asphalt griffen. Schnee war schon unangenehm genug, aber bei Eisglätte musste man mit dem Schlimmsten rechnen.
Christian hoffte inständig, dass Vanessa nicht irgendwo in einem Straßengraben gelandet war. Während er mit der einen Hand das Lenkrad festhielt, griff er mit der anderen nach dem Mobiltelefon. Kaum hatte er Vanessas Nummer gewählt, schaltete sich die Mailbox ein. Wo auch immer sie war, sie ging nicht ans Telefon.
Er warf das Handy auf den Beifahrersitz und schaltete das Radio gerade rechtzeitig zu den neuesten Meldungen ein. Schneewarnungen wurden ausgegeben, und der Nachrichtensprecher wies darauf hin, dass das Parken auf verschneiten Straßen sowie das Fahren ohne Schneeketten oder Winterreifen verboten war. Wer in einen Unfall mit Blechschaden verwickelt werde, sei verpflichtet, sich vom Unfallgegner die nötigen Daten zu beschaffen und den Unfall beim nächsten Polizeirevier zu melden.
Die Straßenverhältnisse wurden immer schlimmer, und die Meteorologen sagten für die nächsten Stunden einen heftigen Schneesturm voraus.
Christian krampfte die Hände ums Lenkrad und hoffte, ja, betete, dass Vanessa bereits zu Hause war, wenn er dort ankam.
Das Wetter hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, sagte er sich. Weiter nichts. Nur glatte Straßen und schlechte Sicht.
Obwohl er sich die ganze Zeit gut zuredete, schauderte er vor Kälte, Kälte, die nichts mit dem Wetter zu tun hatte.
27
Ich mal dich rot.
Vanessa starrte auf die Farbe, und ihr Herz schlug zum Zerspringen. Es ergab einfach keinen Sinn. Fieberhaft versuchte ihr Verstand, eine Erklärung für diesen Pinselstrich zu finden.
Jemand ist im Haus!
Der Gedanke gellte wie ein Schrei durch ihren vernebelten Kopf. Jemand war im Haus! War Jim gekommen, um sie für vermeintliche Sünden zu bestrafen? Um sich dafür zu rächen, dass sie heimlich geplant hatte, ihn zu verlassen?
Panisch keuchend durchwühlte sie ihre Handtasche, suchte ihr Mobiltelefon. Es war nicht da. Ob sie es im Auto liegen gelassen hatte? Gott. O Gott! Sie musste so schnell wie möglich hier raus.
»Vanessa.«
Der Klang der Stimme ließ sie zusammenfahren, die Hand noch immer in der Tasche. Starr vor Schreck sah sie Brian in die Küche kommen.
»Brian. Was machst du hier? Ist alles in Ordnung?«
Sie bemühte sich um einen normalen Tonfall, so als hätte sie den Baseballschläger in seiner Hand nicht gesehen.
»Alles bestens«, antwortete er und klopfte mit dem Ende des Schlägers rhythmisch auf den Boden.
Bum!
Bum!
Der dumpfe Klang hatte etwas Beängstigendes, wirkte aber auch seltsam hypnotisch.
Vanessa gab sich alle Mühe, ruhig zu bleiben, während ihr Verstand verzweifelt nach einer Erklärung suchte. Ihre Finger schlossen sich um das
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